Beziehung ohne S*x vs. Freundschaft

(Bier)Kelle

BackRoad Fahrer
ID: 1297
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28 April 2006
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Aus gegebenem Anlass kam ich vor kurzem mal ins Grübeln.

Gibt es einen Unterschied zwischen einer Beziehung ohne S*x und einer Freundschaft.

Klar dürfte erstmal sein, dass eine Freundschaft immer ihre eigenen Grenzen hat, aber gibt es einen wesentlichen Part, der so in einer Freundschaft nicht zu finden ist´, in einer Beziehung schon?

gruss kelle!
 
Sehr philosophisch die Frage, aber eigentlich auch relativ leicht zu beantworten.

Ja einen Unterschied gibt es durchaus. Freunde liebt man ja auf einem anderen emotionalen Level, die Gefühle zu denen sind ja anders als zum eigenen Partner/in. Auch ist das Vertrauensverhältnis zu Freunden oftmals anders als zur eigenen Freundin. Es gibt Probleme, die man nicht unbedingt mit allen aus dem Freundeskreis "teilen" würde, aber sie durchaus mit der Freundin jederzeit besprechen würde. So gibt es aber auch wiederum Ratschläge die man bei Freunden einholt, über Situationen mit denen man mit der Freundin nicht reden möchte - aber meist nur wenn es sie oder die Beziehung betrifft und man einen außenstehenden Rat benötigt.

Jetzt mal sexuelle unabhängig betrachtet ist eine Partnerschaft in der Regel auch oftmals anders ausgelegt als eine Freundschaft. Irgendwann kommt der Zeitpunkt (jenachdem wie es läuft) wo man sich durchaus vorstellen kann mit dieser Person den Rest des Lebens verbringen zu können (zusammenziehen, etc.). Klar findet sowas jetzt auch in einer Freundschaft statt in dem man gemeinsam in eine WG zieht bzw. gründet, aber oftmals lösen sich diese WGs nach einer Zeit auf, wenn nach und nach der ein oder andere in einer längeren und festen Beziehung ist...

Dennoch muss es sicherlich langfristig schwer sein, ohne eine asexuelle Veranlagung zu haben eine Beziehung zu führen. Aber obwohl... was man von manchen Ehen mitbekommt wie lange dort im Bett tote Hose herrscht, scheint es doch irgendwie realistisch zu sein :ugly:
 
Die Frage hab ich mir auch schon manchmal gestellt. Für mich selber habe ich zwar eine einigermaßen schlüssige Antwort gefunden... leider bringt mir das in Bezug auf mein soziales Umfeld wenig.

Ich denke im Wesentlichen geht es um das gesellschaftliche Bild von Beziehung im Sinne einer Partnerschaft. Diese sind klassisch besonders von gegenseitigem Vertrauen geprägt, was in unserem Wertesystem in der Regel auch das Monogamiegelübte einschließt.

Leider ist es in langen Beziehungen nicht selten so, dass zwar das gegenseitige Gefühl der Vertrautheit wächst (oder es zumidnest sollte) aber die gegenseitige körperliche Anziehung nicht selten irgendwann einschläft.

An diesem Punkt war oder ist praktisch jeder in meinem Umfeld (Familie, Freunde, Bekannte etc. inkl. mir selbst) mindestens schon einmal in seinem Leben gewesen. Jetzt könnte man die Situation nüchtern betrachtend ja einfach sagen: Okay, nun ist das so. Jetzt können wir uns entscheiden uns: 1: Deswegen zu trennen weil unsere Beziehung den Sexfaktor nicht mehr erfüllt und wir nicht asexuel werden wollen. 2: Wir bleiben zusammen und werden asexuel 3: Wir bleiben zusammen glücklich aber pfeifen auf das Monogamiegelübte.

Alle drei Möglichkeiten wären vernünftige Willensentscheidungen beider Partner. In der Realität macht das aber praktisch nie mit und es kommt in schöner Regelmäßigkeit aufgrund der Unfähigkeit zu vorgenanntem zu 4: Wir schweigen das einfach tot und werden so lange unzufriedener bis irgendeiner am Rad dreht, man sich ständig aus Frust streitet oder einer "fremdgeht" und alles in einem riesen Theater, gebrochenen Herzen und einem hasserfüllten Rückblick auf die "verlorenen Jahre" endet.

Um zu Deiner Frage zurückzukommen: Mein Empfinden von Freundschaft beinhaltet im Prinzip alles was auch in eine Beziehung gehört. Im Prinzip gibt es für mich kaum einen Unterschied zwischen einer Beziehung ohne S*x und einer Freundschaft. Mit der Einschränkung, dass eine Beziehung ohne S*x aufgrund von vorgenanntem deutlich eher Gefahr läuft zu "kippen".
 
Ich denke mal das hängt auch vom Alter ab.
Wenn ein Mensch mit Mitte 50 nochmal seine große Liebe findet kann ich mir das theoretisch schon vorstellen.

Spätestens wenn sich Mann aber wieder mal seine (Jingle)-Bells leuten lassen will,
funktioniert das theoretisch - praktisch nicht mehr. :)
 
Wenn der einzige Unterschied zwischen Beziehung und Freundschaft der S*x wäre, wäre eine Freundschaft Plus das gleiche wie eine Beziehung.

Es muss schon mehr dahinter stecken. Ich glaube, dass es etwas mit gemeinsamen Lebenszielen zu tun hat. Diese können sich unterschiedlich darstellen. Nach dem "klassischen" Modell wäre das sicherlich das gemeinsame Leben in einer gepflegten Behausung in derselben Stadt mit Arbeit und das Kinderkriegen und das Versorgen und Aufziehen des Nachwuchses.

@Gandist: Wie wäre es mit Möglichkeit 4: Wir unternehmen bewusst Dinge getrennt voneinander, um uns dann auch wieder bewusst gemeinsam zu treffen fernab der langweiligen Alltagsprobleme, mal wieder miteinander zu flirten, den anderen bewusst wahrzunehmen und ihm dann auch wieder körperlich näherzukommen?
 
@Gandist: Wie wäre es mit Möglichkeit 4: Wir unternehmen bewusst Dinge getrennt voneinander, um uns dann auch wieder bewusst gemeinsam zu treffen fernab der langweiligen Alltagsprobleme, mal wieder miteinander zu flirten, den anderen bewusst wahrzunehmen und ihm dann auch wieder körperlich näherzukommen?

Hast recht, das hatte ich unterschlagen. Das wird in meiner Wahrnehmung in der Regel ja auch erstmal so oder ähnlich versucht und es funktioniert ja auch recht häufig, zumindest für eine gewisse Zeit.
Meine "Ausführungen" waren aber dahingehend gemeint, dass das betreffende Paar alle diese "Reanimationsversuche" schon hinter sich hätte.