News Armen wird oft Strom gesperrt

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25 April 2006
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Folgende News wurde am 02.03.2017 um 09:27:13 Uhr veröffentlicht:
Armen wird oft Strom gesperrt
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Berlin (dpa) - Die vergangenen Monate haben dem Mann zugesetzt. Kochen fiel flach, warmes Wasser hatte er nicht - er lebte ohne Strom. Die Scham ist immer noch groß. «Man sieht keine Auswege», erzählt er.
Der Aachener ist keine Ausnahme. Mehr als 331 000 Menschen in ganz Deutschland wurden zuletzt innerhalb eines Jahres der Strom gesperrt - eine stille, aber drastische Folge von Armut.
Bei dem Aachener, über dessen Schicksal der Deutschlandfunk berichtete, wirbelte die Stromsperre das Leben ziemlich durcheinander. Der Mann lebt getrennt, seine beiden Kinder kamen immer seltener an den Wochenenden zu ihm, wie sie das normalerweise taten. «Eine ist vier und der andere ist neun, und da kann man das nicht zumuten ohne Strom oder Warmwasser», sagte er dem Radiosender. Auch dank Vermittlung einer Energieberaterin floss dann der Strom nach einem halben Jahr wieder.
Hans Weinreuter kennt solche Fälle. «Ohne Strom auszukommen, bringt Menschen, die eine Schieflage haben, völlig aus dem Gleis», sagt der Energiereferent der Verbraucherzentrale in Mainz. Wenn es abends dunkel wird, bringen oft nur noch Kerzen Licht in die Wohnung. Der Hauptgrund für das Abschalten des Stroms ist laut Weinreuter, dass der bei Hartz IV*dafür vorgesehene Anteil angesichts der gestiegenen Energiekosten schlicht nicht reiche. Eingerechnet ist der Bedarf im Hartz-IV-Satz, 409 Euro für Alleinstehende.
Steht man bei seinem Energieversorger mit 100 Euro in der Kreide, kommt die Androhung, den Strom zu sperren, wie Weinreuter erläutert. 6,3 Millionen solcher Sperrandrohungen gab es laut Bundesnetzagentur 2015. Ob Kinder in der Wohnung leben, ob vielleicht Medikamente zu kühlen sind, spiele keine Rolle, kritisiert er. Zieht ein Betroffener ihn und seine Berater zu Rate, ist der erste Schritt, zwischen dem Kunden und dem Stromversorger zu vermitteln, einen Plan zu machen, zum Beispiel Ratenzahlungen zu vereinbaren.
Laut Statistischem Bundesamt ist der Anteil der Menschen zuletzt wieder gestiegen, die mit niedrigen Einkommen unter 60 Prozent des mittleren Haushaltseinkommens auskommen müssen - von 15,4 auf 15,7 Prozent im Jahr 2015. Besonders betroffen: Bremen (24,8 Prozent), Berlin (22,4), Mecklenburg-Vorpommern (21,7), Sachsen-Anhalt (20,1). Die Statistiker sprechen dann von einer Armutsgefährdung. Der Paritätische Wohlfahrtsverband sieht viele in Deutschland massiv von Armut bedroht, wie er dies auch mit seinem neuen Armutsbericht deutlich macht.
Strom nicht bezahlen zu können, ist nur eine Folge, wenn das Geld knapp ist. Fast jeder dritte Arbeitslose in Deutschland kann sich Dinge des täglichen Lebens nicht leisten. Dazu zählt auch, wenn man nicht rechtzeitig Miete und Wasser zahlen kann, die Wohnung nicht immer ausreichend heizen oder unerwartete Ausgaben oft nicht decken kann. Es zählt dazu, wenn man sich nicht jeden zweiten Tag eine Mahlzeit mit Fleisch, Fisch oder Gleichwertigem leisten kann, keinen zumindest einwöchigen Urlaub im Jahr, kein Auto, keine Waschmaschine, keinen Fernseher oder kein Telefon.
Laut EU-Definition ist von materieller Entbehrung betroffen, wenn man mindestens für vier der genannten Ausgaben nicht aufkommen kann. 30,1 Prozent der Erwerbslosen in Deutschland waren laut Statistischem Bundesamt 2015 betroffen.
Beim Strom kann gezieltes Sparen Abhilfe schaffen. Menschen in sozialer Not können sich dabei helfen lassen, es gibt dafür ein bundesweites Projekt Stromspar-Check. Martin Jasper kümmert sich bei der Caritas in Dortmund darum: «Wir werben für unser Angebot in Jobcentern, an den Tafeln, in Hilfezentren.» Die Sparhelfer kommen dann kostenlos zu den Hilfesuchenden nach Hause. Sie checken die Rechnungen für Strom, Wasser, Heizung. Sie messen den Verbrauch des Kühlschranks - ein neues, effizientes Modell kann sich schnell rechnen, es gibt dafür sogar eine Förderung.
Die Sparhelfer fragen auch nach, ob heizungssparend gelüftet, ob lange mit warmem Wasser aus einem Durchlauferhitzer geduscht wird - das ist teurer als wenn eine Gastherme das Wasser erwärmt. Gibt es die nicht, sollte die Dusche notfalls kürzer ausfallen. Unterm Strich könnten sich die Ersparnisse durchs Energiesparen auf 300 bis 800 Euro pro Jahr summieren.
Jasper sagt, besonders bei vielen Hartz-IV-Beziehern sei Aufklärung über sparsamen Energieverbrauch angezeigt. «Vielen ist zum Beispiel gar nicht bewusst, was effiziente Geräte bringen.» Allerdings könnten häusliche Energiechecks auch bei Besserverdienern oft Einsparmöglichkeiten deutlich machen.
 
Die Stromkosten sind Bestandteil der Grundsicherung und in den Regelsätzen einkalkuliert. Ich will jetzt nicht behaupten das man von Harz IV sorglos leben kann, aber zum sterben ist es definitiv zu viel. Warmmiete einer angemessenen Wohnung wird voll übernommen, dazu gibts 409 Euro zum Leben - also Lebensmittel, Körpferpflege, Strom, Telefon usw.

So lange man keine Verbindlichkeiten aus 'dem Leben vor Harz IV' hat und nicht über seine Verhältnisse lebt (Alkohol/Tabak), sollte man damit zumindest über die Runden kommen ohne dem Sperrkassierer vor der Tür zu haben. Laufende Versicherungen wie Hausrat-, Privathaftpflicht-, oder sonstige Zusatzversicherungen sollte man für diese Zeit der Knappheit schleunigst kündigen, da diese zahlreichen Positionen einem natürlich das Geld fürs Wesentliche rauben. Auch Abos wie Zeitschrifften und Zeitungen sind dann zu kündigen.

Ich denke häufig können die Menschen einfach nicht mit Geld umgehen, kennen Ihre Einnahmen/Ausgaben nicht exakt und/oder verbrauchen viel zu viel Strom. Wer den ganzen Tag den Fernseher* laufen hat, zum Erwärmen der Tiefkühlpizza* mehrmals die Woche den Elektroherd anwirft und die halbe Nacht das Licht* brennen hat und dabei wahrscheinlich nichtmal Energiesparlampen* nutzt, zahlt natürlich viel mehr für seinen Strom als im Regelsatz kalkuliert wurde und das Geld fehlt dann an allen Ecken und Enden.

*) Ja, Klischee ... aber wenn man den ganzen Tag zuhause herumhockt, kommt es nunmal schnell vor das man viel Strom verbraucht.
 
Ich denke häufig können die Menschen einfach nicht mit Geld umgehen, kennen Ihre Einnahmen/Ausgaben nicht exakt und/oder verbrauchen viel zu viel Strom.
Denke auch, dass das zumindest auf einen großen Teil zutrifft. Viele kümmern sich gar nicht, oder zu spät, stellen Anträge nicht, haben uralte teure Verträge und sammeln unnötig Mahngebühren an.
Oder den Verbrauch übers Jahr nicht im Auge behalten und sich von der Nachzahlung überraschen lassen. Viel Ärger wäre meist vermeidbar.

Aber trotz alledem halte ich die 36,28€ für Energie und Wohninstandhaltung für sehr sehr knapp kalkuliert. Das entspricht gerade mal 1.400-1.500 kWh p.a. beim größten Billoanbieter (ohne Boni).
Ohne Budget für neue Geräte und mit viel Freizeit ist da imo auch mit Disziplin nicht viel Luft.
 
Aber trotz alledem halte ich die 36,28€ für Energie und Wohninstandhaltung für sehr sehr knapp kalkuliert. Das entspricht gerade mal 1.400-1.500 kWh p.a. beim größten Billoanbieter (ohne Boni).
Ohne Budget für neue Geräte und mit viel Freizeit ist da imo auch mit Disziplin nicht viel Luft.
Das läßt sich nicht abstreiten. Aber anders herum; wie sollte man den Steuerzahlen erklären, dass die Empfänger der Grundsicherung 50, 60 oder 70 Euro für Strom zugesprochen bekämen?

Da würde ich mich auch verarscht fühlen, denn wenn sich jeder Durschnittshaushalt Gedanken über seinen Energieverbrauch machen muß, nur die Empfänger der Grundsicherung nicht; ich denke das wäre ein falsches Signal. Wer auf Kosten der Allgemeinheit lebt, sollte sparsam mit dem umgehen was man bekommt, in den meisten anderen Ländern gibt es diesen Luxus gar nicht.

Wer den ganzen Tag quasi Freizeit hat, ich denke von dem kann man schon verlangen ein bischen darauf zu achten das man mit den zur Verfügung stehenden Mitteln auskommt.
Dennoch sollte jedem bewilligten Antrag eine Art Merkblatt beigefügt sein, welches den betroffenden Personen Hilfestellung bei den typischen Kostenfallen bietet, die erst nach vielen Monaten zu einem Problem werden.

Vermutlich würden diese Informationen in den meisten Fällen gar nicht gelesen/beachtet, aber viel mehr kann man wohl nicht machen.
 
Das läßt sich nicht abstreiten. Aber anders herum; wie sollte man den Steuerzahlen erklären, dass die Empfänger der Grundsicherung 50, 60 oder 70 Euro für Strom zugesprochen bekämen?
Naja, mit +6€ im Monat macht das ca. 300 kWh aus. Das entspricht imo eher einem Singlehaushalt.
Da würde ich mich auch verarscht fühlen, denn wenn sich jeder Durschnittshaushalt Gedanken über seinen Energieverbrauch machen muß, nur die Empfänger der Grundsicherung nicht; ich denke das wäre ein falsches Signal.
Die Frage ist, ob das Geld für einen ganz normalen Verbrauch ausreicht. Von Narrenfreiheit redet ja keiner. Wenn ich mangels 5-6€ im kalten sitzen muss, weil meine Gastherme nunmal auch Strom braucht oder meine Medikamente nicht mehr kühlen kann und wegen der Gebühren in der Spirale festhänge, ist das für mich keine Grundsicherung. Das Fangnetz muss einen schon tragen können.
Wenn ich aber den ganzen Winter den Heizstrahler bei offenem Fenster ballern lasse, dann bin ich wirklich selbst schuld und muss es auch ausbaden.
Wer auf Kosten der Allgemeinheit lebt, sollte sparsam mit dem umgehen was man bekommt, in den meisten anderen Ländern gibt es diesen Luxus gar nicht.
Wir leben zum Glück nicht in den meisten anderen Ländern. Die Grundsicherung, auch wenn ich sie nicht nutze, sichert im Ernstfall schließlich auch meinen Arsch ab. Umgekehrt kann man sagen: Wer diese Sicherheit haben will, muss sie auch bezahlen.