Eintrag #3, 20.11.2005, 23:39 Uhr

Wa(h)r da was?

Einst gab es eine Zeit -lang ist's her- da bauten Menschen aus ihren kaputtgebombten Häusern neue. Und noch nicht ganz so lange her, zu der Zeit, als die Menschen in ihre frischgebauten Häuser einzogen und sich dachten Och nö, wat is die Wand schief geworden, da passt unser Schrank gannich dranne. Dann tunwer da halt so ein Fernschauapparatismus hin, wenn die Dinger irgendwann nich mehr soviel kosten wie dat ganze Haus, ne, da entstand ein Geschäft, ein Geschäft, das nannte sich realkommastrich.

Entstünde es heute, in einer Zeit, in der man für Fernsehapparate nicht mehr spart, sondern die Apparate selbst spart und deswegen aus Platzmangel in jedes Zimmer einen pflanzt (und manch einer spart sich die Apparate ganz), in einer Zeit, in der die Menschen nicht die Bedeutung und den Klang eines Buchstaben wahrnehmen, sondern nach Gutdünken durch andere Laute ersetzen, da hieße dieses Geschäft rielähkommastrich.

Aber was trieb die Menschen damals dazu, ihre Konsumgüter bei realkommanix zu erwerben und was treibt die Menschen heute dazu, so vieles riel zu kiepen? Ein großes deutsches Kreditinstitut hat uns beigebracht, dass Erfolg die Summe richtiger Entscheidungen ist. Doch was ist nun real? Was ist Realität? Was ist Realismus? Was Realbilitation? Sind summierte richtige Entscheidungen real? Ist Erfolg realistisch?

Real bedeutet veritabel - wahrhaftig, wahr. Ist aber Wahrheit Realität oder Realismus? Das ist schwer zu sagen, denn die wahren Waren waren wahrlich gut verwahrt. Und wie gut sie es waren - und sind! Sie lagern in einem feuerfesten Sack in einer mit acht mal acht Schlössern versehenen Stahlbeton-Truhe, die sich in einer geheimen Kammer des dunklen Kellers einer unscheinbaren Hütte auf einer namenlosen Insel in einem der zahllosen Seen Kanadas.

Konspirationstheoretikern dürfte dieser Sachverhalt bekannt vorkommen. Sie schlussfolgern richtig: Die einzig wahren, die Wahrheit verkörpernden Waren, die Gestalt gewordene Wahrheit, das sind die alljährlich für wenige Tage für einen Gütersloher Fress- und Saufmarkt hervorgeholten Plastikschinken.

Falsche Schinken als Inbegriff des Realen? Ich fühle mich verleitet, abzuschließen mit "verkehrte Welt", aber das wäre irgendwie abgedroschen. Deswegen ende ich mit:

Popocatepetl.
 
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