Eintrag #26, 10.08.2006, 15:20 Uhr

Sinnenbaden im Meer Teil 2

>>Fortsetzung von Teil 1<<

Ich höre das Meer.

Die Augen geschlossen kann ich das an- und abschwellende Geräusch besser hören. Ich höre wie die Wasser sich auftürmen… – nein, das höre ich nicht. Ich höre wie die unhörbar aufgetürmten Wellen sich überschlagen und an den Strand rollen. Ich höre Sand und kleine Steinchen hin- und herwirbeln. – Nein, auch das höre ich nicht, aber ich werde es mir gleich ansehen.

Ich rieche das Meer.

Die Nase ist frei. Die Luft sauber und klar. Ich atme tief aus, um umso tiefer durch die Nase einatmen zu können. Luft und Duft strömen in meine Nase, Zweiteres reizt entsprechende Rezeptoren in meiner Nase. Ich erkenne den Duft. Ich rieche Sonnenmilch. Von nun an atme ich flache und bilde mir den Duft des Meeres ein. Salz, Fisch und Algen, aber alles mit einer alles überdeckenden Spur von Curry, weil ich Curry so gern mag, Fisch und Algen hingegen nicht so.

Ich sehe das Meer.

Ich öffne die Augen und sehe, da sich mein Kopf in einer von Orthopäden empfohlenen, gesunden, geraden Haltung befindet, den Horizont. Das Ende der Welt. Ein Panorama, in dessen Mitte die Trennlinie zwischen hell- und dunkelblau verläuft, mit klitzekleinen Fransen, wie die Ränder dieser alten Photographien, nur etwas feiner. Von dort kommen unerschöpflich, unermüdlich Tausende und Abertausende von Wellen, die auf der gesamten zu überblickenden Weite des Strandes und darüber hinaus gen Strand streben. Wie Lemminge, nur in die andere Richtung.
Auf der dunkelblauen Fläche unter dem Horizont blitzen weiße Flecken in der Ferne auf. Lichtreflexe oder Möwen womöglich. Oder viel lieber sind mir Schaumkronen, die plötzlich erscheinen, aber nicht beunruhigend wirken, sondern vielmehr eine Bereicherung sind für die ruhige Dynamik und natürliche Schönheit dieses Ortes. Die Schaumkronen sind so schön, dass man hofft, jede Menge Venen (vermeintlicher Plural von Venus) aus ihnen aufsteigen zu sehen.
Stattdessen steigt eine Möwe aus dem Wasser auf. Mein Blick folgt ihrem Flug, der erstaunlich langsam erscheint. Ich meine, schneller laufen zu können. Wieso fliegt die denn überhaupt, wenn nicht, um schneller voranzukommen als zu Fuß? Das ist genauso sinnlos wie Fahrrad fahren im Schritttempo. Doch, wozu eilen? Die Möwe hat Recht. Komm, gefiederte Freundin, setz dich zu mir und lass uns gemeinsam Sinnenbaden im Meer!
Doch das blöde Vieh fliegt davon, über mich hinweg, wohl kaum an einen besseren Ort.
So schaue ich nun des Sandes und der Steinchen sanftes Spiel zu Seiten meiner selbst. Sie sind Marionetten in den Händen der Wasser. Kraft- und Willenlos tanzen sie herum, bewahren dabei immer eine eigene Eleganz und scheinen alles andere als unglücklich bis sie sich erschöpft aber zufrieden auf meinen Füßen niederlassen.
Die Wellen treiben ihr Spiel mit allem, was auf, in und unter ihnen ist. Fische, Algen, Badegäste. Begeistert springen Kinder ins Meer, weit genug entfernt, so dass ich ihr Quieken nicht hören muss. Sie planschen, schwimmen hüpfen, lassen sich treiben, auf und nieder, auf und nieder – und das Blag sieht man irgendwie nicht wieder. Die sanfte Kraft Poseidons schleudert verspielt Wasserbälle hinfort, schubst schelmisch Omas von ihren Luftmatratzen und wer keine Schwimmflügel hat übernimmt schnell die Rolle eines Sandkorns in einem Spiel, dessen Regeln das Meer allein bestimmt.
Ich bemerke: Irgendetwas stimmt hier nicht. Die Ruhe ist passé, genauso wie die meisten Menschen. Die Wellen schlagen mir bis an den Hals. Ich glaube, es ist besser, ich verzieh mich, ich verzieh mich wohl besser. Doch Sand begrub meine Beine komplett unter sich und unterbindet zusammen mit dem Wasser meine Versuche aufzustehen. Von Flucht will ich noch gar nicht sprechen, bin ja kein furchtsames Karnickel. Da sehe ich eine Welle auf mich zurasen, aus der sich eine ganze LKW-Ladung 300-Kilo-Venen erheben könnte! Nun ist doch Flucht angesagt (nicht aus Angst, reiner Selbsterhaltungstrieb motiviert mich)! Nun ist Fortbewegung ein wesentlicher Bestandteil der Flucht, der aber, wie ich vorhin bemerkte und nun abermals feststellen muss, schier unmöglich ist ob der Sand- und Wassermassen auf meinem Leibe.

Ich schmecke das Meer.
Blubb. Gurgel.
 
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