Der Skandal der FDP
von Dr. Bernd Niquet
Man stelle sich vor, die Anteilseigner eines in die Schiefla-
ge gekommenen Unternehmens haetten ein neues Vorstandmitglied
in den Vorstand berufen, weil dieser einen umwerfenden Sanie-
rungsplan vorgestellt und damit die Anteilseigner ueberzeugt
hat. Als es nun jedoch um die Umsetzung seines Planes geht,
sagt der neue Vorstand ploetzlich, dass dafuer aber ueberra-
schender Weise kein Geld in der Kasse sei.
Wie wird man nun ueber die Qualifikation dieses Mannes wie
ueber diejenige der Anteilseigner urteilen? Ist es tatsaech-
lich vorher niemandem aufgefallen, dass das Geld, das da aus-
gegeben werden sollte, gar nicht da ist? Und auch auf dem
Kreditwege nicht beschafft werden kann?
Ganz analog stellt sich die Situation unseres Landes im Mo-
ment dar. Die FDP ist angetreten mit dem vollmundigen Ver-
sprechen, den Buergern mehr netto vom brutto zu gewaehren,
doch ploetzlich merkt man, dass dazu ja gar kein Geld da ist.
Das kommt natuerlich ueberraschend. So sagte denn auch der
FDP-Finanzexperte Hermann Otto Solms, der als moeglicher neu-
er Bundesfinanzminister gehandelt wird: "Die grosse Koalition
hat uns einen finanziellen Scherbenhaufen hinterlassen."
Man muss wirklich zugeben, das war vorher so nicht absehbar,
gerade fuer Wirtschaftsexperten. Boese ueberrascht worden ist
sie also, die arme FDP, so dass es ihr kaum mehr gelingen
wird, ihr Wahlversprechen einzuhalten. Eine weitgehend auf-
kommensneutrale Steuerreform ist natuerlich immer noch mach-
bar, aber wohl nur auf dem Bierdeckel und nicht in der Wirk-
lichkeit. Und schon gar nicht im Rahmen einer Koalitionsver-
einbarung. Doch welchen Stimmenanteil haette die FDP wohl
bekommen, wenn sie nicht versprochen haette, was sie nicht
halten konnte?
Die FDP hat also zu viel erzaehlt. Sie hat das, was alle
wussten, versucht durch Hirngespinste aus der Welt zu schaf-
fen, wird dafuer aber wohl nicht abgestraft werden. Zu viel
erzaehlt hat auch der ehemalige Berliner Finanzsenator und
jetzige Bundesbankvorstand Thilo Sarrazin. Er hat ebenfalls
in einem Bereich, in dem alle Menschen wissen, was los ist,
etwas erzaehlt, jedoch keine Hirngespinste, sondern die Wahr-
heit. Und wird dafuer heftig abgestraft.
Man bezichtigt Sarrazin jetzt als einen Rassisten, weil er
tuerkischen und arabischen Einwanderern in Berlin vorgeworfen
hat, unwillig zur Integration zu sein - und damit auf Staats-
kosten zu leben. Das ist natuerlich keinesfalls rassistisch.
Rassistisch waere es, zu behaupten, diese Voelker waeren so
primitiv, dass sie es nicht anders koennen. Aber das hat er
nicht gesagt, sondern von einer impliziten Strategie gespro-
chen.
Und wieder sind wir an so einem Punkt angekommen, wo jemand
etwas sagt, was alle wissen, dies aber sofort heftig abge-
straft wird. Haette er umgekehrt bluehende Doerfer auf schwe-
benden Wolken versprochen, waere er sicher besser weggekom-
men.
Erstaunlich an diesem Fall ist auch, dass die tatsaechliche
Verfehlung Sarrazins nirgendwo zur Sprache kommt. Denn der
wirkliche Fehltritt Sarrazins besteht doch darin, dass ein
Bundesbankvorstand zur Neutralitaet verpflichtet ist und sich
nur zu geldpolitischen Themen zu aeussern hat. Und dass hier
wieder ein Poestchenschacher passiert ist, der unertraeglich
ist. Warum kann sich ein faehiger Kopf wie Sarrazin nach sei-
nem Amtsende in Berlin nicht auf dem freien Markt behaupten?
Warum muss ihm so eine Stelle zugeschustert werden, die in
keiner Weise zu ihm passt? Das ist doch der wirkliche Skan-
dal.
++++++
Bernd Niquet ist Boersenkolumnist und Buchautor.
von Dr. Bernd Niquet
Man stelle sich vor, die Anteilseigner eines in die Schiefla-
ge gekommenen Unternehmens haetten ein neues Vorstandmitglied
in den Vorstand berufen, weil dieser einen umwerfenden Sanie-
rungsplan vorgestellt und damit die Anteilseigner ueberzeugt
hat. Als es nun jedoch um die Umsetzung seines Planes geht,
sagt der neue Vorstand ploetzlich, dass dafuer aber ueberra-
schender Weise kein Geld in der Kasse sei.
Wie wird man nun ueber die Qualifikation dieses Mannes wie
ueber diejenige der Anteilseigner urteilen? Ist es tatsaech-
lich vorher niemandem aufgefallen, dass das Geld, das da aus-
gegeben werden sollte, gar nicht da ist? Und auch auf dem
Kreditwege nicht beschafft werden kann?
Ganz analog stellt sich die Situation unseres Landes im Mo-
ment dar. Die FDP ist angetreten mit dem vollmundigen Ver-
sprechen, den Buergern mehr netto vom brutto zu gewaehren,
doch ploetzlich merkt man, dass dazu ja gar kein Geld da ist.
Das kommt natuerlich ueberraschend. So sagte denn auch der
FDP-Finanzexperte Hermann Otto Solms, der als moeglicher neu-
er Bundesfinanzminister gehandelt wird: "Die grosse Koalition
hat uns einen finanziellen Scherbenhaufen hinterlassen."
Man muss wirklich zugeben, das war vorher so nicht absehbar,
gerade fuer Wirtschaftsexperten. Boese ueberrascht worden ist
sie also, die arme FDP, so dass es ihr kaum mehr gelingen
wird, ihr Wahlversprechen einzuhalten. Eine weitgehend auf-
kommensneutrale Steuerreform ist natuerlich immer noch mach-
bar, aber wohl nur auf dem Bierdeckel und nicht in der Wirk-
lichkeit. Und schon gar nicht im Rahmen einer Koalitionsver-
einbarung. Doch welchen Stimmenanteil haette die FDP wohl
bekommen, wenn sie nicht versprochen haette, was sie nicht
halten konnte?
Die FDP hat also zu viel erzaehlt. Sie hat das, was alle
wussten, versucht durch Hirngespinste aus der Welt zu schaf-
fen, wird dafuer aber wohl nicht abgestraft werden. Zu viel
erzaehlt hat auch der ehemalige Berliner Finanzsenator und
jetzige Bundesbankvorstand Thilo Sarrazin. Er hat ebenfalls
in einem Bereich, in dem alle Menschen wissen, was los ist,
etwas erzaehlt, jedoch keine Hirngespinste, sondern die Wahr-
heit. Und wird dafuer heftig abgestraft.
Man bezichtigt Sarrazin jetzt als einen Rassisten, weil er
tuerkischen und arabischen Einwanderern in Berlin vorgeworfen
hat, unwillig zur Integration zu sein - und damit auf Staats-
kosten zu leben. Das ist natuerlich keinesfalls rassistisch.
Rassistisch waere es, zu behaupten, diese Voelker waeren so
primitiv, dass sie es nicht anders koennen. Aber das hat er
nicht gesagt, sondern von einer impliziten Strategie gespro-
chen.
Und wieder sind wir an so einem Punkt angekommen, wo jemand
etwas sagt, was alle wissen, dies aber sofort heftig abge-
straft wird. Haette er umgekehrt bluehende Doerfer auf schwe-
benden Wolken versprochen, waere er sicher besser weggekom-
men.
Erstaunlich an diesem Fall ist auch, dass die tatsaechliche
Verfehlung Sarrazins nirgendwo zur Sprache kommt. Denn der
wirkliche Fehltritt Sarrazins besteht doch darin, dass ein
Bundesbankvorstand zur Neutralitaet verpflichtet ist und sich
nur zu geldpolitischen Themen zu aeussern hat. Und dass hier
wieder ein Poestchenschacher passiert ist, der unertraeglich
ist. Warum kann sich ein faehiger Kopf wie Sarrazin nach sei-
nem Amtsende in Berlin nicht auf dem freien Markt behaupten?
Warum muss ihm so eine Stelle zugeschustert werden, die in
keiner Weise zu ihm passt? Das ist doch der wirkliche Skan-
dal.
++++++
Bernd Niquet ist Boersenkolumnist und Buchautor.