Eintrag #2, 10.01.2006, 13:13 Uhr

Der Ernst des Lebens

Ich grüße euch, liebe Leserinnen und Leser :)

Diese Floskel hat jeder sicher schon einmal um die Ohren geworfen bekommen; "der Ernst des Lebens", "das echte Leben" und "die Realität sieht leider ganz anders aus" waren zumindest Wortketten, die ich relativ oft von älteren ("erwachsenen") Personen vernehmen durfte, wenn ich als Unwissender ("Kind") versucht habe, das Leben da draußen zu verstehen.

Jetzt bin ich mittendrin - im Leben. Ich arbeite, ich habe eine eigene Wohnung.. eigentlich ist mir hier alles eigen. Es ist die Art von Leben, die man sich als normaler Mensch (wohl "Durchschnittsbürger") wünscht; man sitzt gut im "Sattel des Lebens", man hat seine eigenen vier Wände, man kann seinen Lebensstil voll ausleben und kann sich Luxusgüter leisten.


Nun bin ich ein Mensch, der gerne lernt. Ich freue mich über jede Kleinigkeit, die ich verstanden habe und bin auf jedes größere Teil des Puzzles, das ich verstehe, stolz. Es war nur zu erwarten, dass ich -sobald ich mich denn im 'echten Leben' befinde- versuchen werde, dieses abstrakte Ding "Leben" zu identifizieren und zu verstehen.

Ich begann also mir meine Gedanken zu machen und zu verstehen, warum das Leben denn nun so ernst ist und warum es (auch mir) an manchen Stellen weh tut und warum Leute dann nicht beginnen, ein anderes Leben - vielleicht den "Spaß des Lebens"- zu leben.
Und ich begann zu verstehen, dass es mal wieder ein Problem ist, das sich die Menschen selbst auferlegen.

Aber gehen wir einen Schritt zurück und spezifizieren das ganze auf mein Leben, auf meinen "Ernst des Lebens" wohlgemerkt. Ich erwische mich recht oft bei dem Gedanken, dass mir meine Zeit von anderen genommen wird ohne, dass sie darum bitten oder es mir danken würden. Auch denke ich oft, dass ich den Lebensstil, den ich gern führen würde, mit steigender Annäherung an den "Durchschnittsbürger" ablegen muss und in eine gewisse Form gepresst werde, wie ich denn nun mein Leben zu führen hätte.
Zum Schließen des Kreises dienen nun die Luxusgüter. Jene Dinge, die paradoxerweise oft dazu dienen, besser durch den Alltag zu kommen, sind nur gegen den Preis der geraubten Zeit und des fremdgeführten Lebensstils zu ergattern.

Jetzt denken sicherlich einige von euch, geehrte Leser, dass diese Abgabe von Zeit und Individualismus nunmal die Fahrkarte für eine Gesellschaft unter Menschen sei. Diesen Gedanken habe ich auch lange geführt und er hat natürlich meine Gedanken in dem Gebiet erst einmal simpel abgeschalten und mich dazu gezwungen, zu versuchen, sich in diese Form zu quetschen und dabei glücklich zu sein.
Immerhin möchte ich in dieser Gesellschaft leben und - ja, ich möchte auch glücklich in meinem Leben sein.


Inzwischen habe ich möglicherweise eine Erklärung dafür gefunden, warum ich mich nicht sonderlich wohl fühle in dieser Rolle:
Eine Gesellschaft braucht eine Basis zur Kommunikation. Es muss eine gewisse Einigkeit vorgegeben sein - eine Ebene auf denen die Menschen sich simpel austauschen können. Dies kann eine Sprache sein - die Basis kann aber genau so gut auf abstraktere Dinge wie Arbeitszeiten o.ä. ausgeweitet werden.
Ich für meinen Teil habe den Eindruck, als wird in unserer Gesellschaft diese Basis immer mehr vergrößert. Das heißt, Menschen müssen immer mehr Eigenschaften teilen, sich immer mehr in eine Form zwängen, immer 'gleicher' werden.
Meine Unzufriedenheit ergibt sich schlicht und ergreifend aufgrund der Gegenläufigkeit meiner Individualität und der Konformität zur Gesellschaft, die von mir gefordert wird.

Meine Gedankenkette setzte sich fort: Die Gesellschaft ist ein Zusammenschluss von Menschen. Die Individuen bestimmen schlussendlich, wie ihre Gesellschaft aussehen wird und prägen diese durch ihr eigenes Verhalten. Es ist also natürlich möglich, den "Ernst" etwas mehr in den "Spaß des Lebens" zu wandeln - wenn man denn möchte.


Jene Menschen, die oben genannte Aussagen verbreiten, können dafür meiner Ansicht nach nur einen von zwei Gründen haben:
Entweder sie sind verbittert, sie hatten die gleichen Gedanken wie ich und haben versucht, gegen den großen Strom anzuschwimmen, was -verständlicherweise- gescheitert ist.
Oder sie haben diesen gewissen Drang eines jeden Menschen, zu denken, dass alles was man nicht genau versteht, von einer oberen Macht festgelegt wird. Und was soll man gegen diese Macht schon anrichten können?


Bleibt nur noch die Frage nach den Anteilen, nach denen diese Menschen in unserer Gesellschaft vertreten sind. Da wird sich jeder seine eigenen Gedanken zu machen dürfen. ;)


Da es wohl kein richtiges Fazit und kein richtiges Conclusium dieses Problemes gibt, versuche ich mit lieben Grüßen und einem herzlichen Dank für's Lesen abzurunden. :)

Soesoe
 
 (38) barank
 (47) Eawen

... und 4 Gäste
Wer war da?