Neue Ära der Linken mit Lötzsch und Ernst

Rostock (dpa) - Mit der überraschend klaren Wahl des neuen Führungsduos Gesine Lötzsch und Klaus Ernst ist die Linke in eine neue Ära gestartet.

Die beiden Bundestagsabgeordneten lösen Oskar Lafontaine und Lothar Bisky ab, die am Wochenende auf dem Parteitag in Rostock von den rund 550 Delegierten mit langem Beifall verabschiedet wurden.

Mit einer politischen Neuausrichtung ist der Führungswechsel nicht verbunden. Die Partei strebt aber immer stärker in Regierungsverantwortung und hofft nach dem jüngsten Wahlerfolg in Nordrhein-Westfalen auf das erste rot-rot-grüne Bündnis. Es sei zu wenig, die Bundesregierung kritisch zu begleiten, sagte Lötzsch. «Wir wollen das Land wirklich verändern.»

Ernst betonte, dass eine starke Linke in Zeiten der Finanzkrise «nötiger denn je» sei. Fraktionschef Gregor Gysi hofft, dass die Linke bereits im März 2011 nach den Wahlen in Sachsen-Anhalt erstmals in Deutschland den Ministerpräsidenten stellt. «Das wird auch Zeit», betonte Gysi am Sonntag.

Die Delegierten waren auf dem Parteitag sichtlich bemüht, das Machtgerangel und die Intrigen des vergangenen Herbstes und Winters abzuhaken. Zu den wichtigsten Aufgaben der Ost-Berliner Haushaltsexpertin Lötzsch und des bayerischen Gewerkschafters Ernst zählt es nun, die unterschiedlichen Strömungen zu bündeln und die Landesparteien in Ost und West zusammenzuführen.

Lötzsch kam auf ein Rekordergebnis von 92,8 Prozent der gültigen Stimmen. Selbst ihre äußerst beliebten Vorgänger Lafontaine und Bisky hatten weniger Rückhalt in der Partei. Ernst erzielte 74,9 Prozent und ließ seinem Gegenkandidaten - dem weitgehend unbekannten Kommunalpolitiker Heinz Josef Weich - mit 13,9 Prozent keine Chance.

Vor zwei Jahren hatten bei der Wahl der stellvertretenden Vorsitzenden nur 59,2 Prozent der Delegierten für den vor allem in Ostdeutschland umstrittenen Ernst votiert. Lange Zeit hatte es so ausgesehen, als ob der 55-Jährige diesmal um eine Mehrheit bangen müsste. Der Vertrauensvorschuss fiel nun aber deutlich höher aus als von den meisten erwartet.

Der Geschäftsführerposten ist ab sofort ebenfalls doppelt besetzt. Die Bundestagsabgeordneten Caren Lay und Werner Dreibus wurden zu den Nachfolgern des Linke-Urgesteins Dietmar Bartsch gewählt. Als stellvertretende Parteivorsitzende bestätigt wurden die profilierte Sozialpolitikerin Katja Kipping und die Berliner Pragmatikerin Halina Wawzyniak. Als weitere Parteivize neu gewählt wurden die linke Hardlinerin Sahra Wagenknecht und der saarländische Parlamentarier Heinz Bierbaum. Bis auf Bierbaum ist die neue Parteispitze komplett im Bundestag vertreten.

Die guten Ergebnisse erzielte das neue Führungsduo Ernst und Lötzsch unter dem Eindruck des Wahlerfolgs von 5,6 Prozent in NRW und einer möglichen Regierungsbeteiligung. Fraktionschef Gysi sprach von einem «ungeheuren Durchbruch». Wenn man die Programme zur Grundlage nehme, müsste eine rot-rot-grüne Koalition in Düsseldorf eine «Selbstverständlichkeit» sein. Ende kommender Woche sollen in Düsseldorf erste Sondierungsgespräche geführt werden.

Die neue Vizevorsitzende Sahra Wagenknecht warnte aber vor zu starken Zugeständnissen an die SPD. «Das wäre nicht der Weg zur Veränderung der Politik. Das wäre der Weg in die politische Bedeutungslosigkeit», sagte sie.

Die Parteitagsregie wurde weitgehend von Gysi übernommen. Er verabschiedete die alten Vorsitzenden und stellte die neue Führungsriege vor. Bisky und Lafontaine maß er eine existenzielle Bedeutung für die Linke bei.

Bisky habe die Linkspartei 2003 in einer schwierigen Situation mit einer erneuten Kandidatur als Parteivorsitzender gerettet. Lafontaine habe die Fusion der westdeutschen WASG und der ostdeutschen Linkspartei/PDS im Jahr 2007 erst ermöglicht. «Oskar, ohne Dich gäbe es uns so gar nicht. Deshalb danke», sagte Gysi.

Der Rückzug Lafontaines aus gesundheitlichen Gründen nach einer Krebsoperation hatte den Führungswechsel erforderlich gemacht. Bisky hatte schon lange vorher angekündigt, nicht mehr kandidieren zu wollen. Nach heftigen parteiinternen Auseinandersetzungen war auch Bundesgeschäftsführer Bartsch nicht wieder angetreten.

Mit einer flammenden Rede verabschiedete sich Lafontaine von den Delegierten. «Wir sind die erfolgreichste Gründung in der Bundesrepublik Deutschland nach dem Kriege», resümierte er seine Zeit als Vorsitzender. «Eine erfolgreiche Strategie wechselt man niemals aus.» Die Linke ist bereits in 13 von 16 Landtagen vertreten, zweitstärkste Oppositionsfraktion im Bundestag vor den Grünen und die Mitgliederzahl wächst.

Infos zum Parteitag: http://dpaq.de/LinkeInfo

Anträge für Parteitag: http://dpaq.de/LinkeAntrag1; http://dpaq.de/LinkeAntrag2; http://dpaq.de/LinkeAntrag3

Programmentwurf: http://dpaq.de/LinkeProgramm

Parteien / Linke / Parteitag
16.05.2010 · 15:52 Uhr
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