News Studie: Keine Erhöhung von Hirntumoren beim Handygebrauch feststellbar

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klamm-Bot
25 April 2006
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Folgende News wurde am 03.12.2009 um 22:32:00 Uhr veröffentlicht:
Studie: Keine Erhöhung von Hirntumoren beim Handygebrauch feststellbar
Shortnews

Die dänischen Gesellschaft für Krebsbekämpfung hat jetzt eine Studie ausgewertet, in der es um die Auswirkungen von Handystrahlung auf den Menschen geht. Die Forscher haben in den Jahren 1974 bis zum Jahr 2003 an Erwachsenen fast 60. 000 Fälle von Hirntumoren untersucht. Ab dem Jahr 1998 ist das Benutzen von Handys stark angestiegen, aber die Forscher konnten keine Erhöhung der Hirntumore feststellen. Aber leider wurde in der Studie nicht untersucht, in welchem Ausmaß die Menschen Handys benutzten.
 
Ich habe diesen Faden eröffnet, da zu dem Artikel in den Klamm-News zwei Kommentare geschrieben wurden, die man in ähnlicher Form oft bei Artikeln über wissenschaftliche Studien zu mehr oder weniger kontroversen Themen liest, und die ich nicht unkommentiert stehen lassen möchte.

audi2000 schrieb:
Wer hat diese Studie finanziert? Nokia?
wkloss schrieb:
Sutudie im Auftrag von ...! Da darf nichts negatives auftauchen!
Für Interessierte: Der Originalartikel ist hier zu lesen.

Was stört mich nun an den Kommentaren? Die Auffassung der beiden Kommentatoren davon, wie wissenschaftliche Arbeit und die Veröffentlichung von wissenschaftlichen Erkenntnissen abläuft. Das ist zugegeben nicht gerade ein Thema, mit dem sich jeder beschäftigt. Gerade dann sollte man sich aber mit solchen Unterstellungen nicht zu weit aus dem Fenster lehnen.

Ein wenig Hintergrund: Die Studie wird in der nächsten Ausgabe des Journal of the National Cancer Institute (JNCI) erscheinen. Falls Bedarf besteht, werde ich gerne etwas über die Details der Studie schreiben, doch im Moment ist sie noch nicht online publiziert worden, und ich gehöre nicht zu den Abonnenten der Zeitschrift.

JNCI wird von dem britischen Verlagshaus Oxford University Press verlegt, einem der größten und renommiertesten Verleger wissenschaftlicher Bücher und Zeitschriften weltweit. Alle in JNCI ebenso wie in allen anderen ernsthaften wissenschaftlichen Zeitschriften publizierten Studien durchlaufen außerdem den Prozess des Peer Review, einer Beurteilung und Bewertung der Studie durch unabhängige Experten in dem jeweiligen Fachgebiet, meist Universitätsprofessoren und andere Forscher, welche ihr Gehalt in der Regel vom Staat oder, bei privaten Unis, eben von der jeweiligen Uni erhalten.

Auch die Erstautorin der in dem Artikel genannten Studie, Isabelle Deltour, ist eine unabhängige Wissenschaftlerin: Sie ist Mitglied der International Agency for Research on Cancer (IARC) und der dänischen Krebsforschungsgesellschaft und soweit ich dies herausfinden konnte nicht auf der Gehaltsliste irgendeines Konzerns.

Woher kommen nun die Gelder für derartige Studien? Erstens stellt einem die jeweilige Uni bzw. das Institut natürlich ein Grundbudget zur Verfügung, doch damit kann man keine großen Sprünge machen. Zweitens gibt es staatliche Einrichtungen wie der Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und drittens gemeinnützige Stiftungen wie die Deutsche Krebshilfe. Forschungsgelder von diesen Organisationen muss man in der Regel anwerben, indem man ihnen beweist, dass man sauber arbeitet und dass die geplante Studie einen gewissen Erfolg verspricht (und natürlich durch das Überwinden diverser bürokratischer Hürden).

Natürlich sponsert auch die Industrie oft Studien, die für sie von Interesse sind, und gibt auch welche in Auftrag, gerade weil sie an der Bestätigung bestimmter Erkenntnisse durch unabhängige Experten interessiert ist oder weil sie eben auch nicht immer über das notwendige Know-How verfügt - denn die wirklich großen wissenschaftlichen Genies schlagen meist keine industrielle, sondern eine akademische Laufbahn ein, da sie nur dort frei forschen können, statt ständig vom Chef ein Thema vorgesetzt zu bekommen. Dies alles ändert jedoch nichts an den oben aufgezählten Kriterien für die Veröffentlichung von Studien oder an deren Ergebnissen. Für Wissenschaftler oder wissenschaftliche Zeitschriften ist nichts schlimmer als der Verlust des Rufes - wer sich nachweislich kaufen lässt oder Ergebnisse fälscht, dessen Karriere ist am Ende.

Ich hoffe, dass ich dem einen oder anderen klarmachen konnte, dass wissenschaftliche Studien meist unabhängig und nicht von irgendwelchen Konzernen gekauft sind. Im Zweifelsfall sollte man sich immer anschauen: Für wen arbeiten die Autoren, wo ist die Studie erschienen, und wenn möglich, von wem kam das Geld. Letzteres ist hier wie gesagt noch nicht bekannt, da die Studie noch nicht online ist. Die ersten beiden Fragen ließen sich jedoch bereits beantworten und sprechen, soweit ich das beurteilen kann, für eine unabhängige und unvoreingenommene Studie.

edit: Im Übrigen geht die Zahl der Krebserkrankungen europaweit deutlich zurück, und zwar nicht nur im Schnitt, sondern bei fast allen Krebsarten. Dies hindert bestimmte Leute leider nicht daran, etwas anderes zu behaupten, weil es besser in ihr Weltbild passt...
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich will dir jetzt ja nicht die Illusion zerstören, aber es ist Gang und Gebe, dass bspw Ölkonzerne Wissenschaftler für die WIderlegung des unnatürlichen Treibhauseffekts ordentlich Geld ausschreiben.

In diesem Fall scheint es eben anders zu sein, aber was mich stört:
-Es wird keine Angabe zum Handygebrauch gemacht
-Man geht davon aus, dass wenn dann Handies einfluss haben könnten. Andere Umstände, die hemmend o.Ä. gewirkt haben könnten werden zumindest in der kurzen PM nicht miteinbezogen...
 
es ist Gang und Gebe, dass bspw Ölkonzerne Wissenschaftler für die WIderlegung des unnatürlichen Treibhauseffekts ordentlich Geld ausschreiben.
Das ist auch völlig in Ordnung, solange keine Beweise gefälscht werden und alles öffentlich und mit rechten Dingen zugeht. Nenne mir eine in einem peer-reviewten Journal erschienene Studie, die basierend auf empirischen Daten die Schlussfolgerung zieht, dass es keinen Treibhauseffekt gibt - da wirst du nichts finden.

Andere Umstände, die hemmend o.Ä. gewirkt haben könnten werden zumindest in der kurzen PM nicht miteinbezogen...
Wie gesagt, dazu werde ich mehr schreiben, sobald die Studie online ist. Im Moment kann ich dazu auch nicht mehr sagen als in der PM steht. Es ärgert mich nur eben, dass Wissenschaftler in den beiden oben zitierten Kommentaren ohne irgendein Indiz pauschal unterstellt wurde, von irgendeinem Konzern gekauft zu sein. So etwas kommt vereinzelt leider vor, klar, aber es ist sehr selten und ganz sicher nicht der Regelfall, aus den genannten Gründen.