Fachhochschulreife nachholen - ja oder nein?

Ich bin jetzt seit ca 10 Jahren sehr viel am Pc in meiner Freizeit, aber mehr als die allerwichtigsten Dinge kann ich mit ihm immer noch nicht machen. Dieses ganze Computergedöns will einfach nicht in meinen Kopf. Schätze mal, es liegt wirklich an einem gewissen Desinteresse der Materie gegenüber.

Ja leider ist Brutto nicht gleich Netto. Die Merkeljunta grabscht so dermaßen zu, dass man sich in D echt manchmal nach dem Sinn des ganzen fragt. Dä wäre die Schweiz (mit der ich schon oft geliebäugelt habe) schon viel besser. Nicht nur das ich dort mindestens 3400 Franken verdienen würde (als erfahrener in meinem Beruf würde ich sogar einiges mehr bekommen), es würde auch viel mehr nach steuerlichen und versicherungstechnischem Abzug übrigbleiben. Die wissen halt wie man es besser machen kann, die Schweizer. Auch wenn das Leben dort um einiges teurer ist, von vielen Ausgewanderten weiß ich, dass unterm Strich um einiges mehr übrig bleibt als bei gleicher Tätigkeit in Deutschland.
Schade ist nur, dass angeblich viele Schweizer die Deutschen so gar nicht mögen und es vielen sehr schwer fällt, dort Anschluss zu finden.
 
Die Fachhochschulreife nachzuholen ist grundsätzlich eine gute Idee. Die Frage ist: was bringt's? Du steckst einiges an Mühe und Arbeit rein, also sollte etwas dabei herauskommen, was Du als Vorteil empfindest. Vielleicht spielst Du mit dem Gedanken zu studieren?

Studieren ist immer eine feine Sache, wenn es einem denn liegt, über Dinge auf einer abstrakten Ebene, aber dafür grundsätzlich nachzudenken. Beispiel: Wer eine Tapete an die Wand kleben will, kann lernen, daß man die Tapete nach deim Einkleistern etwas liegen lassen muß, bevor man sie an die Wand klatscht. Vielen genügt diese Information, sie machen es eben genau so, denken nicht weiter darüber nach und haben am Ende eine schön tapezierte Wand. Andere lernen, daß sich die Fasern des Papiers bei dessen Produktion in der Laufrichtung des Siebs (eine Art Förderband, das wie ein feines Netz gearbeitet ist) der Papiermaschine ausrichten also im Papier weitgehend parallel liegen, daß die Fasern, wenn sie feucht werden, kaum länger, aber deutlich dicker werden, und sie leiten daraus ab, daß eine Tapetenbahn deshalb breiter wird, wenn sie feucht wird. Legt man sie also an die Wand an, bevor die Fasern gequollen sind, wird der Zuwachs an Breite leicht zu Blasen führen. Letztere Art das Problem zu betrachten wäre die eines Akademikers, was nicht heißen soll, daß ein Maler so etwas nicht auch verstehen kann. Ich habe aber schon etliche Handwerker erlebt, die einfach nach einem "Das mach man eben genau so und nicht anders" leben und sich nicht darum scheren warum man das eigentlich "genau so und nicht anders" macht (und trotzdem haben sie gute Arbeit geleistet).

Im Studium lernt man viele Dinge, die man später nicht mehr braucht, das ist aber auch gut so: Ein Fahrschüler steuert mehr oder weniger willkürliche Ziele an (und fährt von dort aus gleich weiter), er will aber in den seltensten Fällen wirklich dorthin, wo er hinfährt. Am Ende der Fahrt ist er häufig wieder dort, wo er losgefahren ist, er hat also (streckenmäßig) nichts gewonnen. Es bleibt ihm aber die Erfahrung, gefahren zu sein. Im Studium lernst Du in Mathematik beispielsweise einen Beweis durch Induktion für irgendeine Behauptung, wobei die Behauptung selbst häufig im späteren Leben völlig irrelevant ist. Tatsächlich aber bleibt die Erfahrung, wie so ein Induktionsbeweis funktioniert, und welche Art von Problemen man damit beweisen kann. Eine besondere Art zu denken wird durch das Studium vermittelt, das Fachwissen, das dabei hängenbleibt, ist wahrscheinlich eher ein Nebeneffekt. Ein kluger Mann hat mal gesagt: "Bildung ist das, was übrigbliebt, wenn man vergessen hat, was man gelernt hat." Das trifft es schon ganz gut.

Wenn Du also denkst, daß so eine Schulbildung neben dem Beruf zwar anstrengend sein kann, Dich aber nicht überfordert, dann mach es (und denke darüber nach, gleich das volle Abitur zu machen!) Und wenn Du die Hochschulzugangsberechtigung hast, und Dir ein Studium vorstellen kannst, dann mach auch das, und mach das zeitnah. Selbst wenn Du nach dem Studium wieder in Deinem Lehrberuf arbeiten solltest, kannst Du von einem zusätzlich geschulten Geist nur profitieren.

Ich hoffe, ich konnte Dir mit diesen Gedanken etwas helfen. Ich selbst habe zwar einige handwerkliche Fähigkeiten, bin aber von der Ausbildung her doch bloß ein Diplom-Informatiker. Insofern ist meine Sicht sicherlich einseitig und ganz gewiß nicht objektiv. Aber es ist eben die Sicht von jemandem, der ein Abitur gemacht und an der Uni studiert hat, also der Blick von der "anderen Seite" aus.
 
Ich kann es dir auf jeden Fall empfehlen! Meine Schwester hat auch erst mit 26 Ihr Abi nach geholt und mit 28 angefangen ihr Traumstudium Psychologie zu studieren. Klar es ist nicht einfach, aber es lohnt sich auf jeden Fall. Wir werden noch unser ganzes Leben arbeiten, warum nicht unsere Träume erfüllen und dafür arbeiten? Ich glaube, hätte sie es nicht gemacht, hätte sie ihr ganzes Leben lang sich die Frage gestellt: "Was wäre wenn?". Probieren kannst du es, fall es doch nichts für dich ist, kannst du immer noch zurück, da du eine abgeschlossene Ausbildung, sogar den Meister hast. Es wird nicht einfach, aber die wertvollsten und kostbarsten Dinge im Leben kommen nicht einfach so zu uns zugeflattert, sondern sie sind harte Arbeit. Viel Erfolg!