Rezensionen von Marlene Geselle

MarleneGeselle

Well-known member
12 November 2007
104
10
Mittwinternacht – Rickman, Phil; Rowohlt, Einbek 2009

Merrily Watkins, anglikanische Pfarrerin und allein erziehende Mutter, wird vom neuen Bischof in ein zusätzliches Amt gedrängt, das ihr großes Unbehagen bereitet. Schon der Vorbereitungslehrgang zum Exorzistenamt lässt ahnen, dass es um mehr geht als um verirrte, gequälte Seelen oder fehlgeleitete Jugendliche. Weder vom Bischof noch vom früheren Amtsinhaber gibt es Unterstützung, als die ersten Schwierigkeiten auftreten. Häusliche Probleme mit Tochter Jane kommen hinzu. Alte Freunde und neue Bekannte tauchen zu den seltsamsten Gelegenheiten und an den seltsamsten Orten auf. Zu Recht fragt sich Merrily schon bald, wer Freund ist, wer Feind – oder wer sich einfach nur feige raushält, um später auf der richtigen Seite stehen zu können.
Unerwartete Hilfe bekommt sie von den Frauen: Sekretärin Sophie, die alte Magierin Athena, Kripobeamtin Howe und Krankenschwester Cullen helfen ihr, das zu besiegen, was jede von ihnen „das Böse“ nennt.
Schnell findet sich Merrily Watkins in einem Thriller wieder. Hereford mag wie ein beschaulicher Bischofssitz aussehen, aber beschaulich geht es dort nicht lange zu. Erst als ihr Amtsvorgänger und ihr früherer Exorzistenausbilder ihr unter die Arme greifen, schafft die Pfarrerin es, sich erfolgreich dem Bösen zu stellen und wenigstens einen Etappensieg davonzutragen.

Fazit: Keine vordergründige Spannung, keine Action- oder Fantasyszenen, wie man es vielleicht erwartet hat. Alles baut sich langsam auf, der englische Nebel löst sich nur langsam. Trotzdem wird es keine Sekunde langweilig. Ein Buch, das man nicht an einem Wochenende verschlingen kann, man muss es lesen, Seite für Seite und mit Ruhe.
Schade, dass kein Glossar angehängt ist, in dem die wichtigsten Begriffe kurz erläutert werden. Ohne Vorkenntnisse in Parapsychologie oder der anglikanischen oder wenigstens katholischen Kirche sind etliche Passagen nur schwer zu verstehen. Trotz der hervorragenden Gliederung und der sehr guten Kapitelüberschriften wurde auf ein Inhaltsverzeichnis verzichtet. Die schlecht formatierten Seitenzahlen sind auch mehr als ein kleiner Schönheitsfehler. Empfehlenswerter Text, aber nur kärgliche Aufmachung. Zudem fragt man sich, warum ein Werk, das so auf den Jahrtausendwechsel ausgelegt wurde, erst im Jahre 2009 für den deutschsprachigen Markt übersetzt. Zum Millennium ein Knaller, jetzt schon ein wenig angestaubt.
 
Griffiths, Elly: Totenpfad, 2009 Rowohlt Verlag, Einbek; ISBN: 978 3 8052 0874 1


Zwei kleine Mädchen, ein ungewöhnliches Ermittlerduo, ein Henge – und die Frage nach dem Überschreiten unsichtbarer Grenzen

In ihrem ersten gemeinsamen Fall müssen sich die forensiche Archäologin Ruth und der Kripobeamte Nelson mit einem ungewöhnlichen Mordfall befassen. An dem Ort, an dem vor etlichen Jahren ein Henge ausgegraben wurde, findet man die Leiche eines toten kleinen Mädchens. Der Fall erinnert Nelson an einen alten, unerledigten Fall, der ihn immer noch beschäftigt und mehr belastet, als er zugeben möchte. Wie um ihn zu verhöhnen, erhält der Kripobeamte in unregelmäßigen Abständen Post vom Täter. Dieser Täter kann kein gewöhnlicher Krimineller sein: zu gut sind seine Kenntnisse in keltischer und germanischer Mythologie, zu gut kennt er den Fundort der Leiche und alles, was damit zu tun hat.
Ruth kann die Vermutungen Nelons nur bestätigen. Der Verdacht fällt folgerichtig auf eine kleine Gruppe von Personen, die bestimmte, klar definierte Eigenschaften haben: die nötigen Kenntnisse und die Tatsache, dass sie die Möglichkeit haben, sich über einen sehr langen Zeitraum in der Nähe des Fundorts aufzuhalten.
Während sich die Spreu vom Weizen trennt, kommen sich Ruth und Nelson menschlich näher und werden mehr als nur Freunde. Aber ein Happy-End zwischen Nelson, der eine Familie hat, und Ruth, die bis dahin als Einsiedlerin praktisch nur für ihren Beruf lebte, muss noch auf sich warten lassen.

Fazit: Nach einem etwas langatmigen Einstieg und den Figuren, die ein wenig gewöhnungsbedürftig waren, kommt subtile Spannung auf. Die Autorin verzichtet auf reißerische Elemente und lässt sowohl den Protagonisten als auch der Landschaft die nötige Zeit, sich voll zu entfalten. Ein ideales Buch für ein Wochenende oder zum Verschenken an Leser, die mehr als nur die übliche Standardware bevorzugen.
 
Guten Morgen,

hier das Neueste aus meiner Leseecke.:)


Silva, Daniel: Das Moskau-Komplott; Pendo 2010; ISBN 9783866122482

Kein Engel – nur ein Spitzenagent

Es beginnt mit einem Mord an einem russischen Journalisten. Aber es zeigt sich schon bald, dass es um mehr geht, als um das übliche Maß an Geldgier, Macht und Korruption. Oligarchenfrau Elena bittet um Hilfe beim Ausstieg; Spitzenagent Gabriel wird losgeschickt. Der Mann, der in seinem anderen Leben als Restaurator tätig ist, schafft es auch, über diese Schiene den Kontakt zu Elena herzustellen. Schon bald geht es nicht nur in alle nur erdenklichen – schönen und teuren – Winkel der Welt, sondern um alles, was dem Normalbürger Albträume bereitet.

Silva legt seinen Topagenten nicht als Engel an, sondern als einen Mann, der notgedrungen seinen Job beginnt, um ihn mit gewohnter Energie durchzuziehen. Er sucht nicht die Gefahr, diese kommt von allein. Auch die anderen Hauptfiguren geraten sehr glaubwürdig. Bei den Nebenfiguren ist der Autor allerdings weniger geschickt. Elenas Leibwächter geraten sehr holzschnittartig, der Mann vom FSB wurde zwar nicht völlig aus dem Hut gezaubert, aber zu plötzlich und unvermittelt aus der dritten Reihe gezogen. Das Buch bleibt über den größten Teil hinweg sehr spannend. Nur am Schluss hapert es ein wenig: Lagert ein Oligarch wirklich eine sehr große Menge hochbrisanter Daten auf veralteten Disketten? Muss Frau Elena diese wirklich kopieren, um das Material weiterreichen zu können? Der simple Diebstahl einer externen Festplatte wäre hier glaubwürdiger gewesen.

Fazit: Trotz kleiner Mängel ein Buch, das man unbedingt lesen sollte. Handlung, Sprache und Stil überzeugen, die hochwertige Aufmachung macht das Werk zu etwas, das man getrost ins Osternest legen kann. Nichts zum Runterschlingen, aber ein Genuss für alle, die intelligente Unterhaltung lieben.
 
Etzold, Veit: Das große Tier, 2010 Kiepenheuer & Witsch, ISBN 978-3-462-04214-6

Die Banker, das Böse und eimerweise Blut

Ein Finanzmagnat wird in der Silvesternacht ermordet und ein Jungbanker Markus bekommt ein merkwürdiges Stellenangebot. LKA-Beamtin Sarah muss den Fall übernehmen und versichert sich der Hilfe des angehenden Kunsthistorikers Vincent. Weitere extrem grausame Morde folgen, und langsam erhärtet sich der Verdacht, dass mehr dahinter steckt als eine Börsenspekulation mit mörderischen Mitteln. Die Spur führt nach London, wo sich zeigt, dass Jungbanker Markus (Bruder von Vincent) tiefer in die Sache verwickelt ist, als für seine Gesundheit erträglich sein kann. Prof. Stokes und Scotland-Yard-Mann Carter sind von nun an mit von der Partie und tragen wesentlich zur Aufklärung der mysteriösen Hintergründe bei. Der Vatikan steigt auch ins höllische Spiel ein und schafft es, zwei Mitglieder der Verschwörer auf die Seite des Guten zu ziehen. Ein hohes Mitglied der Kurie schafft es, im entscheidenden Moment einzugreifen und dem Ermittlerteam die Flucht aus den Klauen der verbrecherischen Organisation zu ermöglichen.

Das Buch besticht durch enorme Fachkenntnisse, hohes Erzähltempo und Handlungsstränge, die geschickt miteinander verflochten werden. Leider sind nicht alle Figuren überzeugend. Auftragskiller Wolf ist hoffnungslos überzeichnet, Prof. Stokes ist das Abziehbild eines britischen Gentleman, Scotland-Yard-Mann Carter der typische Bulle. Auch scheint mit dem Autor an einigen Stellen die Fantasie durchzugehen. Holster, Schusswaffen, Gutachten usw. wild verstreut auf den Tischen der Londoner Kripoleute sind für mich schon grenzwertig. Aber warum denkt der Autor bei diesem Bild an das Redaktionszimmer einer Schülerzeitung? Ein Kardinal mit MP, Kampfanzug und Wurfstern ist mir auch zu heftig. Die Morde, mit denen die Verschwörer ihre Ziele durchzusetzen versuchen, sind mir zu brutal, zu detailreich geschildert. Zudem sind sie – wenn man den Kontext betrachtet - weder an sich noch in dieser grausam Art notwendig. Effizientes Zielerreichen stelle ich mir da anders vor.

Fazit: Für die Liebhaber actionreicher und harter Krimis lesenswert, andere Zielgruppen werden jedoch nur wenig Freude an dem Buch haben.
 
Hauptmann, Gaby: Ticket ins Paradies

Guten Morgen,

hier das Neueste aus meiner kleinen Leseecke:


Hauptmann, Gaby: Ticket ins Paradies; 2010 Piper, München; ISBN 978-3-492-25898-2

Von Hackern, Eifersüchteleien und vielen viel zu guten Menschen

Clara lebt mit Töchterchen Katie auf Mallorca, wo sie einen Neuanfang als Innenarchitektin sucht. Mit Andrés, Geschäftsführer eines schicken Restaurants, hat sie eine aufregende Liebesbeziehung. Diese wird dramatisch, als die neue Köchin Maria José sich als Vollblutweib entpuppt. Journalistin Elena macht das falsche Bild zur falschen Zeit – und Clara fliegt tief gekränkt zu Mutter Ellen nach Köln.
Dort warten gute Freundinnen auf sie, die es auch nicht leicht haben. Die pummeligen Damen auf Dauer-Diät haben Stress mit einem Hacker, der Nacktbilder von ihnen ins Internet stellt. Während die Jagd auf diese Person noch andauert, muss Clara mit ansehen, wie Mutter Ellen ihre Wohnung leer räumt und alles verkauft, was nicht niet- und nagelfest ist. Clara kann also nicht bleiben, wie sie eigentlich hoffte. Sie ist heilfroh, dass ihr väterlicher Freund Friedrich, Restaurantbesitzer und Chef von Andrés, sie auf der Suche nach der passenden Inneneinrichtung fürs Lokal quer durch Köln begleitet.
Eigentlich sollte Clara froh sein, von so vielen wohlwollenden Menschen im Allgemeinen und guten Freunden im Besonderen umgeben zu sein. Sie kriegt jedoch nichts richtig auf die Reihe. Stünde nicht jederzeit und überall eine helfende Hand für sie zur Verfügung...
Der als Nachtportier beschäftigte frühere Informatiker Sven macht sich derweil als guter Geist der Damentruppe ans Werk, um den Hacker aufzuspüren. Währenddessen geht es zurück nach Mallorca, wo Clara den Verdacht nicht loswird, dass Andrés sie kaum vermisst hat. Eine Boutiquenbesitzerin, eine Ärztin in mittleren Jahren und ein junger Mann namens Tom tauchen als hilfreiche Engel auf. Sie sorgen dafür, dass es im Restaurant zu einem kleinen Zwischenfall kommt, der jedem klar macht, dass Clara alles andere ist als eine graue Maus. Mutter Ellen ist inzwischen auch auf der Insel und genießt das Glück mit Enkelin Katie. In Köln erwischt derweil Informatiker Sven den Hacker und kann sich auch ansonsten freuen, da Friedrich ihn als Fachmann für den Internetauftritt seiner Hotel- und Restaurantkette engagiert.
Friedrich sorgt dann auch dafür, dass alle anderen gute Gründe haben, Mallorca für das Paradies auf Erden zu halten.

Die Autorin liefert eine leicht-lockere Liebesgeschichte, die jedem Klischee entspricht, das man sich von den entsprechenden Figuren, Mallorca und Köln nur machen kann. Alles kommt, wie es kommen soll. Es wimmelt nur so von Schönen, Reichen und Freundlichen, dass man glauben kann, sich auf einem anderen Planeten zu befinden. Die einzig wirkliche Überraschung des Buches ist die Person des Hackers, aber auch hier schlägt nicht die Polizei, sondern nur ein weiteres Klischee (Es gab reichlich Auswahl diesbezüglich!) zu.

Fazit: Man muss ein großer Fan von Sommer-Mallorca-Liebesromanen sein, um das Buch mit Genuss zu lesen. Leihbücherei reicht völlig.
 
Bazell, Josh: Schneller als der Tod REZI

Bazell, Josh: Schneller als der Tod; 2010 S. Fischer Verlag Frankfurt; ISBN 978-3-10-003912-5

Antiheld mit Knarre und Skalpell

Doc Pietro arbeitet als Arzt in einem New Yorker Krankenhaus und erlebt dort täglich, was niemand in einer solchen Institution erleben sollte. Aber im Vergleich zu seiner Vergangenheit ist der Klinikalltag ein Klacks. Bazells Antiheld war im früheren Leben Mafiakiller, ließ sich vom FBI ins Zeugenschutzprogramm nehmen – und machte eine Ausbildung als Mediziner. Gibt es eine bessere Tarnung?
Es kommt wie es kommen musste. Auf dem Weg zur Arbeit wird Doc Pietro überfallen, was in New York öfter mal passiert. Einer der ersten Patienten des Tages ist ein todkranker Mann, den er als Mafiaboss kannte, und der ihn wieder erkennt und damit droht, ihn „hopsgehen“ zu lassen. Was nun folgt, kann man getrost als komprimierten Irrsinn bezeichnen. Wenn er nicht gerade auf der Flucht ist vor Killern, die noch eine alte Rechnung eintreiben sollen, rettet er Menschenleben und ist ein einigermaßen gutes Vorbild für die ihm anvertrauten Studenten.

Bazell, der seinen Protagonisten in der Ich-Form erzählen lässt, haucht der Figur des Doc Pietro mehr als nur ein bisschen Leben ein, wenn er ihn von seiner Kindheit bei den Großeltern, seiner Jugend in der Familie des Mafiachefs und die Reise nach Polen erzählen lässt. Jenseits von Irrsinn, schwarzem Humor und Gewalt wird es authentisch – und wirklich gut. Daneben können die anderen Figuren des Romans fast nur blass aussehen, was einige auch tun, während überraschenderweise andere klein und fein daherkommen. Dies gilt besonders für die Krankenhauspatienten.

Fazit: Ein Buch, das man mehrfach lesen möchte.
 
Guten Morgen,

und hier das Neueste aus meiner Leseecke: Es wird scharf geschossen.:mrgreen:


Von Kollateralschäden, Helden und einem Mythos

Die Mitglieder der Delta-Einheit sind hart, sehr hart. Schließlich werden sie dann eingesetzt, wenn man für grobe Klötze äußerst grobe Keile benötigt. Als George Pierce, Freund des Delta-Chefs King um Hilfe bittet, lässt dieser sich nicht lange bitten und trommelt das Team zusammen. In der Nazca-Wüste werden alle schlimmen Erwartungen übertroffen. Die Hydra, welche bis dahin nur als Legende galt, wurde gefunden und gleich darauf gestohlen. Die Bösen sind schnell ausgemacht im Konzern des Tycoons Ridley und des Forschers Maddox.
Ein Wettlauf gegen die Zeit und um den Globus beginnt: Peru, die Vulkaninsel Tristan da Cunha und das ansonsten beschauliche New Hampshire sind die Stationen eines kriegsähnlichen Wettkampfs, bei dem es extrem brutal hergeht. Hält man sich an die Sachschäden und Toten, so ist nicht auszumachen, wer die Guten sind und wer die Bösen. Es wird geballert aus vollen Rohren! Geheimnisvolle Helfer treten auf und verschaffen den Mitgliedern des Delta-Teams das Mittel, mit dem die Hydra doch noch besiegt werden kann. Auch Amor lässt sich ab und an blicken und schafft es in den Feuerpausen, auch noch den einen oder anderen Pfeil abzuschießen. Aber ob am Ende die Guten wirklich endgültig siegen??

Robinson verlässt sich auf die üblichen Figuren des Genres, haucht diesen jedoch mehr Leben ein, als dies sonst üblich ist. Selbst die Bösen bekommen einige wenige liebenswerte Züge, während die Guten sich damit schwer tun, mehr zu sein als reine Kampfmaschinen. Ansonsten folgt die Handlung dem üblichen Schema und bietet nur wenige Überraschungen. Leider versucht der Autor, die Handlung durch endlose Schießerei-Szenen in die Länge zu ziehen und künstliche Spannung zu erzeugen. Dabei bekommt auch die Logik den einen oder anderen Treffer ab. Ein Flottenverband wird innerhalb weniger Stunden umdirigiert, um dann innerhalb weniger Minuten im Atlantik versenkt zu werden. Getötete Menschen kühlen binnen weniger Sekunden so stark aus, dass sie von den Infrarotgeräten nicht mehr erfasst werden können. Mit einem 25x59-mm-Geschoss wird der Kopf eines Gegners aus größerer Entfernung weggepustet, ohne dass Lärm entsteht. Hätte der Autor auf etliche dieser Szenen verzichtet, wäre das Buch besser gewesen.

Fazit: Für die Liebhaber von Kampfszenen und Waffennarren ein absolutes Muss. Ansonsten ein etwas langatmiger Fantasy-Thriller, den man sich durchaus an einem verregneten Wochenende gönnen kann. Leihbücherei reicht völlig.
 
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Zur Strafe ein Buch

Guten Morgen,

das fand ich gerade:https://www.spiegel.de/schulspiegel/wissen/0,1518,690802,00.html

Also mich erinnert das schwer an die Aufsätze, die wir früher schreiben mussten, wenn wir bei einem Schulausflug was angestellt hatten. Schon damals hat sowas nichts genutzt, und ich kann mir nicht vorstellen, dass da langfristig was dabei rumkommt. Hingehen, lesen, brav das sagen, das erwartet wird - danach geht es munter weiter im alten Trott!

Und ob man damit Reklame fürs Lesen generell machen kann??:-?

Liebe Grüße
Marlene
 
Ich weiß ja nicht, ob dieser Thread unter "Literatur" wirklich so gut aufgehoben ist, denn es geht ja weniger um die Literatur an sich, sondern um den Einsatz eines Buches als Mittel zur Resozialisierung jugendlicher Straftäter.

Der Titel "Zur Strafe ein Buch" ist auch etwas irreführend (allerdings bereits beim Spiegel), da es ja nicht wirklich um eine Bestrafung geht, sondern um den Versuch, den Jugendlichen etwas mehr soziale Kompetenz zu vermitteln - möglichst im direkten Zusammenhang mit der begangenen Tat. (Im Übrigen ist das ja auch der Hauptzweck von Sozialstunden. Auch da geht es eigentlich nicht um "Bestrafung" im eigentlichen Sinne.)

Das Hauptproblem bei dieser Maßnahme dürfte sein, das Gespür dafür zu entwickeln, welche Jugendlichen für diese Art der Resozialisierung empfänglich sind und welche nicht. Sicherlich wird es welche geben, die sich - wie im Spiegel-Forum schon kritisiert wurde - eine Zusammenfassung besorgen und diese auswendig lernen würden, aber ich denke schon, dass bei vielen jugendlichen Straftätern das Hauptproblem ist, dass sie gar nicht so recht wissen, was sie da eigentlich anstellen, und da kann ein zur Situation passendes Buch durchaus lehrreich sein. Klar hat die "Oma im Krankenhaus" nix davon, wenn der jugendliche Schläger jetzt ein Buch vorgesetzt bekommt, aber sie hat genauso wenig davon, wenn er auf dem Friedhof Laub zusammenfegt oder ein Wochenende im Jugendarrest verbringt. Für die weitere "Karriere" des Jugendlichen und damit auch für eventuelle weitere Opfer macht das aber unter Umständen sehr wohl einen Unterschied.

Prinzipiell denke ich schon, dass das ein sinnvoller Weg sein kann, allerdings muss im Vorfeld sehr genau beleuchtet werden, ob diese Maßnahme im konkreten Einzelfall erfolgversprechend ist...
 
Quinn, Kate: Die Hure des Kaisers

Hier was Neues aus meiner Leseecke.


Gottkaiser und Prügel-Konkubine

Thea verbringt eine trostlose Jugend als Sklavin der reichen Lepida, ehe sie sich in einen Mann verliebt, auf den auch ihre Herrin ein Auge geworfen hat. Es herrschen Zustände wie im alten Rom, wo man sich schließlich befindet, und sehr schnell landet Thea in einem Bordell. Ihr Geliebter Arius macht derweil Karriere in der Arena, kann die schöne Thea nicht vergessen, ahnt nicht, dass sie sein Kind bekommt.
Jahre später, aus Thea wurde die gefeierte Sängerin Athena, gelangt die Sklavin an den Kaiserhof, wo sie dem „Herrn und Gott“ Domitian gefällt. Nach außen Glanz und Einfluss, privat eine misshandelte Frau, wird Thea zur „Hure des Kaisers“. Lepida taucht wieder in ihrem Leben auf und versucht alles, Athenas Platz einzunehmen. Die sonstige Handlung nimmt ihren üblichen Verlauf. Domitian fällt einer Verschwörung zum Opfer, alle bis dahin unglücklich Liebenden finden zueinander.

Fazit: Die Autorin lässt die wichtigsten Figuren in der Ich-Form erzählen, was dem Leser einen Blick in ihr Seelenleben gibt. Die historischen Zusammenhänge kommen gut rüber, das Buch liest sich angenehm und flüssig. Nur das Ende ist ein wenig konstruiert, es geht für meine Begriffe zu gut aus für zu viele Beteiligte.
 
Halo, Simon: Engel spucken nicht - REZI

Halo, Simon: Engel spucken nicht, KINGonly 2010, ISBN 978-3-00-027480-0, 12,90 €


Geschwister, Mutanten und eine Reise ohne Wiederkehr

Elitesoldatin Anja und ihre Schwester Rebecca, die trotz wissenschaftlicher Ausbildung lieber als Kindergärtnerin arbeitet, befinden sich auf einem Auswandererschiff, das für die Menschheit neue Planeten erkunden und besiedeln soll. Ebenfalls an Bord sind die Brüder Thomas und Manfred, beide Wartungsingenieure. Um die endlos lange Reise besser zu überstehen, befinden sich alle, die nicht gerade Dienst haben, im Tiefschlaf.
Unverhofft erwacht Anja eines Tages aus ihrem Tiefschlaf und muss feststellen, dass nichts an Bord so ist, wie es sein sollte. Unabhängig von ihr machen auch Thomas und Manfred diese Erfahrung. Einzeln, da niemand in den Weiten des riesengroßen Schiffes vom anderen weiß, machen sie sich auf die Suche nach Antworten auf sehr viele Fragen.
Etliche von Anjas Kameraden starben unter merkwürdigen Umständen im Tiefschlaf, ein Kentaur mit magischen Kräften macht zusammen mit einer Schar Mutanten das Schiff unsicher. Die Elitesoldatin folgt ihren chirurgisch implantierten Befehlen. Zuerst läuft alles nach dem vorbestimmten Plan, doch dann muss Anja feststellen, dass man sie hintergangen hat. Von nun an macht sie von den ihr eingeräumten Möglichkeiten als Administrator des Zentralcomputers Gebrauch und versucht alles, Schiff, Mannschaft und Auswanderer zu retten. Unerwartete Hilfe bekommt sie von einem als simples Spielzeug getarnten Roboter. Derweil schaffen es die anderen, wenigstens einen Teil der an Bord befindlichen Kinder auf ein Begleitschiff zu evakuieren, während man selbst auf einen Eisplaneten flieht, den das Mutterschiff umkreist. Und der als neue Heimat bestimmt war – zumindest offiziell!
Gerettet, in völlig fremder Umgebung, bleiben für alle Überlebenden eine Menge Fragen offen.

Der Autor versteht es meisterhaft, aus simplen Buchstaben ein Kopfkino zu schaffen, das mit den Spezialeffekten eines Animationsfilms durchaus mithalten kann. Die Figuren wurden glaubwürdig und mit viel Liebe zum Detail erschaffen. Man kann sie sich als Nachbarn oder Arbeitskollegen vorstellen. Die offen gebliebenen Fragen am Ende der Geschichte rufen nach einer Fortsetzung, auf die ich jetzt schon gespannt bin.

Winziger Makel: Während die weiblichen Akteure klug, tatkräftig und optisch äußerst ansprechend sind, bieten die Männer an Bord nur wenig fürs Auge. Die weibliche Leserschaft kommt diesbezüglich eindeutig zu kurz. Aber vielleicht im zweiten Teil ...
 
Nesbo, Jo: Headhunter - REZENSION

Nesbo, Jo, Headhunter, Ullstein 2010, ISBN 9-783548-280455, 14,95 €

Kopfjagd andersrum

Roger Brown ist als Headhunter einer der besten seines Faches und in der Regel damit beauftragt, den Besten für seinen jeweiligen Auftraggeber zu akquirieren. Clas Grewe ist einer seiner Wunschkandidaten. Was niemand ahnt, Brown ist nebenher auch als Kunstdieb unterwegs, während auch Grewe ein falsches Spiel treibt.
Und noch ehe sich der Leser versieht, findet er sich in einem Irrsinn wieder, in dem jeder jeden jagt. Nur, dass die entsprechenden Köpfe nicht für Silbertabletts bestimmt sind. Eine untreue Ehefrau ist mit von der Partie, ein unzurechnungsfähiger Komplize mischt mit. Irgendwann taucht auch die Polizei in Gestalt eines sündschönen und bisexuellen Ermittlers auf. Die übrigen Gesetzeshüter können da nicht mithalten. Grottendumme Landpolizisten und Gerichtsmediziner, die weder den ungefähren Todeszeitpunkt ermitteln können noch merken, dass einer ihrer Kunden bereits aufgeschlitzt ist. So überlebt Brown mehr durch Zufall als durch irgendjemandes Geschick.

Fazit: Nesbo lässt seinen Antihelden selbst erzählen, was dem Buch während der ersten drei Viertel seinen ganz besonderen Charme gibt. Man wartet förmlich darauf, dass Brown endlich eines aufs Großmaul bekommt, freut sich entsprechend. Leider lässt der Autor im letzten Viertel so stark nach, dass man bedauert, dass sein Headhunter am Schluss doch noch den Kopf auf seinen Schultern hat. Und der Prolog ist völlig überflüssig, nur der übliche Adrenalinhochschubser.
 
Die Geheimschreiberin - 1206: Verrat an der Rur

Guten Morgen,

es ist soweit. Mein viertes Buch ist fertig und wartet darauf, von euch in die Hand genommen zu werden. Wie schon in den letzten Wochen angedeutet, geht es dieses Mal an den Niederrhein und ins Hochmittelalter.

Titel: Die Geheimschreiberin – 1206: Verrat an der Rur


KLAPPENTEXT:

Zwei Fürsten, die um die Krone des Reiches kämpfen. Zwei verschacherte Frauen, die ihr Leben neu in den Griff bekommen müssen. Viele Edle und ein Papst, welche die Seiten wechseln. Zwei Geheimschreiber, die hinter den Kulissen ihren Einfluss geltend machen. Ein Vogelfreier, ein Minnesänger und ein Kaufmann, die aufpassen müssen, damit sie nicht zwischen die Fronten geraten.

Der 27. Juli 1206: Die Schlacht um den deutschen Thron.


Hier könnt ihr mal reingucken; eine Leseprobe gibt es auch.

https://www.marlenegeselle.de/ein_blick_ins_buch.html


Interesse an Regionalliteratur? Die Geschichte spielt in:

Wassenberg,
Heinsberg,
Aachen,
Braunschweig,
Mainz,
an der Rur,
und auf dem Hohenstaufen.

Viel Spaß
Eure
Marlene


Ergänzung 10.08.10:
Heute wurde ein Artikel unserer Regionalzeitung online gestellt.

https://www.schwaebische.de/lokales...s-sind-schlecht-fuers-Buch-_arid,4142217.html

Viel Spaß beim Reingucken.

Marlene


Ergänzung 22.09.10:

Hallo,

Radio NDS bringt am 29. Sept. von 20.00 Uhr bis 22.00 Uhr einen Beitrag über mein Buch mit einigen Lese/Hörproben.

Für alle die mal reinhören wollen:

www.radionds.eu
oder direkt für den winamp: https://80.81.254.90:8320/listen.pls

Auf der Autorenseite soll danach auch ein kleines Portrait gebracht werden.

Liebe Grüße
Marlene


Ergänzung 30.09.10:

Hallo ihr Lieben,

gestern Abend war es soweit. Ein seltsam-schönes Gefühl, die eigene Stimme im Radio zu hören. Die Moderatorin hatte passende Musik herausgesucht, die zwischen den einzelnen Hörproben gesendet wurde. Dabei wurde sogar ein bisschen Musik hinterlegt, so fein und leise im Hintergrund. Es wurde auch mehrfach auf meine Homepage hingewiesen.

Also, wenn die alle Autoren so bedienen ... Inzwischen ist auch das versprochene Autorenportrait online.

https://www.radionds.eu/buch-marlene-geselle/

So, und jetzt heißt es für mich, gleich eine Dankesmail rausschicken und abwarten, wie die Hörer reagieren.

Liebe Grüße
Marlene
 
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Steinhardt, Bernd: Impact - REZI

Steinhardt, Bernd: Impact; © Juli 2010, List Verlag; ISBN 9783471350355; 19,95 €


Hart am Rande des Machbaren

Wetterkapriolen in Neuseeland, ein Nerd auf der Suche nach Aliens, ein Meteorologe auf der Suche nach der Wahrheit und eine Menge Randfiguren – jeder ist damit beschäftigt, herauszufinden, was denn nun wirklich geschieht. Da passt auf den ersten Hingucker nicht mehr viel rein, und der Autor muss sich Mühe geben, dass nicht zu viel im Topf die Suppe verdirbt. Aber es gelingt.

Steinhardt liefert einen spannenden Genremix mit den üblichen Zutaten. Alles wird ansprechend verpackt, das Ende kommt so zwar nicht wirklich überraschend, überzeugt aber doch einigermaßen. Das Buch liest sich flüssig, auch wenn man von Technik nicht viel versteht. Man könnte sich den Stoff gut als Verfilmung vorstellen.

Fosters Onkel und die anderen Nebenfiguren wirken auf mich lebendiger als die Hauptpersonen, einzig störend ist für mich der Nerd Ohlsen. Pizzafutternde Computergenies sind als Romanfiguren mittlerweile arg verschlissen.
 
Pope, Barbarta: Jakobsblut - REZI

Pope, Barbara: Jakobsblut; © Juli/August 2010, List Verlag; ISBN: 9783548608334


Juden essen kein Blut

Mit dieser simplen Wahrheit will sich niemand auseinandersetzen im 19. Jahrhundert in Frankreich, kurz nach der Dreyfus-Affäre. Untersuchungsrichter Martin befasst sich trotz diverser Widerstände trotzdem mit üblicher Sorgfalt mit dem unangenehmen Fall. Hinzu kommt noch, dass bald darauf ein jüdischer Mitbürger getötet wird. Auch privat hat Martin nicht viel zu lachen.

Fazit: Sauber recherchiert, überzeugende Figuren und eine Geschichte, die ebenso gut in unserem Land hätte spielen können. Nicht zuletzt deshalb ein Buch, das man unbedingt gelesen haben sollte. Mehr als nur ein historischer Krimi.
 
Pfaue, Justus: Ein Paradies für alle

Von Hakenkreuzen und gehakeltem Hering


Pfaue, Justus: Ein Paradies für alle; © September 2010, Marion von Schröder Verlag;
ISBN 9-783547-711684; Preis: 19,95 Euro


Georg Wertheim und seine Geschwister wachsen im Stralsund der Kaiserzeit unter den denkbar schlechtesten Bedingungen auf: arm und jüdisch. Tadde Abraham ist zwar das offizielle Oberhaupt der Familie, aber Mutter Ida muss den Laden schmeißen. Das tut sie so gut sie kann – will heißen: mehr schlecht als recht. Gehakelter Hering liegt öfter auf dem Teller, als allen lieb ist. Besser wird es für Georg und Bruder Hugo erst, als sie bei Onkel Wolf in Berlin in die Lehre gehen können. Dort zeigt sich schon bald, was in den jungen Männern steckt. Zurück in Stralsund machen sie von ihren Fähigkeiten Gebrauch und legen den Grundstock für das, was einmal der Wertheim-Konzern werden soll. Auch die jüngeren Geschwister werden früh ins Familiengeschäft einbezogen.

Richtig los geht es aber erst, als die Familie nach Berlin umsiedelt. Hier mischt auch Mutter Ida kräftig mit. Aber es gibt auch familiäre Sorgen, an denen Georg beinahe zu zerbrechen droht. Immer wieder sind es die Frauen in Georg Wertheims Leben, die alles einrenken. Hanna Berger wird nicht nur die Liebe seines Lebens und tüchtige Büroleiterin im Hause Wertheim. Aber das Paar kann nicht heiraten, weil es ein dunkles Geheimnis zu hüten gilt. Mama Ida sorgt für eine standesgemäße christliche Ehefrau, und damit für den gesellschaftlichen Aufstieg der Familie. Selbst die verrucht daherkommende Schwägerin Gertrud Pinkus macht sich nützlich. Sie hält Georg und Hanna die Klatschpresse vom Leib. In den Hungerjahren ist es Ehefrau Ursula, die vom Familiengut aus fürs tägliche Brot sorgt – auch bei den ärmeren Schichten Berlins, die bei Wertheim billiges und gutes Essen kaufen können. Gehakelter Fisch kommt zwar immer noch gelegentlich auf den Tisch des Hauses Wertheim, aber nun essen ihn alle aus lieber Gewohnheit.

Mit der Weimarer Republik kommt ein kurzer Aufschwung. Aber es lässt sich nur schwer leugnen, dass hinter dem Glanz so langsam aber sicher der Verfall einsetzt. Georg wird langsam alt, Hanna muss immer öfter das Ruder übernehmen. Jetzt macht sich schmerzlich bemerkbar, dass Eigenbrötler Georg es unterlassen hat, eine politische Hausmacht aufzubauen. Und als die Hakenkreuze überall wehen, ist der „Große Wertheim“ darauf angewiesen, von Ziehsohn Willi Carow und seinem einzigen Freund, dem Deutschbanker von Stauß, vor dem Schlimmsten bewahrt zu werden.

Fazit: Pfaue und seine beiden Mitarbeiter haben das Buch nicht als offizielle Biografie angelegt sondern als einen Roman. Der Leser erfährt viel über das Berlin der Kaiserzeit und der Weimarer Republik, einiges über den Wertheim-Konzern. Aber trotzdem bleibt Georg Wertheim blass. Man muss sich mit den anderen Figuren des Buches genauer auseinandersetzen, um etwas über den Mann zu erfahren, der eigentlich die Hauptperson ist. Hier hätte ich mir mehr die Feder des Romanschreibers gewünscht als die Schreibmaschine des Journalisten. So hängt das Buch irgendwie zwischen Fisch und Fleisch. Alles in allem ein netter Lesespaß, aber die Leihbücherei halte ich für ausreichend.
 
Kutscher, Volker: Goldstein - REZI

Sag mir wo die Guten sind


Kutscher, Volker: Goldstein; © 9/2010 KiWi, Köln; ISBN 978-3-462-02438-2; Preis: 19,95 €


Im Berlin des Jahres 1931 bekommt Kommissar Gereon Rath einen merkwürdigen Auftrag. Auf Bitten der New Yorker Kollegen soll er Abe Goldstein beschatten, einen Mann der als Mafiakiller gilt. Während Rath sich noch im Luxushotel bei der Beschattung langweilt, bekommt seine Dauerfreundin Charly Ritter Ärger mit einer Herumtreiberin namens Alex. Schon bald soll es drunter und drüber gehen. Kriminelle werden ermordet, ebenso Polizisten. Auf den Straßen wüten abwechselnd der rote und der braune Mob. Und schon bald stellt sich die Frage, was man diversen Ehrenmännern außer dem üblichen Maß an Korruption noch vorwerfen muss. Gereon und Charly müssen erkennen, dass sie nahezu alleine sind im Kampf gegen den allmächtigen Sumpf in der Hauptstadt.

Der Autor entführt seine Leser in das Berlin der ganz frühen 30er-Jahre. Die Nazis beherrschen schon nahezu alles, während die Stadt an sich selber krankt. Es gibt bestenfalls ein paar Antihelden, einige Halbgute, aber einen wirklich Guten suchte ich vergebens. Aber das tut dem Buch keinen Abbruch. Im Gegenteil: Kutscher verfällt nicht in Klischees – sieht man von der Hundedame Kirie einmal ab – sondern zeigt die Figuren in all der menschlichen Vielschichtigkeit, die gut gemachte Protagonisten auszeichnet. Mehr als nur ein Krimi, ein Sittengemälde aus einer Zeit, die nichts mehr gemein hat mit den Goldenen Zwanzigern.