Höflichkeit vs. Ehrlichkeit

the.limo

frohe Ostern!
21 April 2006
308
42
Moinsen!

Anlass zu diesem Thread ist eine Geschichte die wir neulich im Englischunterricht gelesen haben.
Ich hab sie mal per google rausgesucht und auch in einem anderen Forum gefunden:

The Dragon
Cynthia Forder

It was a porch-sitting night, so Bob and I moved out to the swing. Bob liked the swing, and sometimes he rocked it so hard that I felt seasick. We could see the city from the porch. At night, the lights made it look beautiful. The oil refineries looked like castles from a children's book. Some even breathed fire, as if dragons were inside.
Bob wasn't looking at the view. Things like that didn't interest him. He was talking about his relatives. He couldbe so boring. I didn't really hate him. He couldn't help it if he was boring and stupid.
My mother and Bob's mother were friends. That gave Bob a reason to come to see me every night. My mother liked Bob a lot. So I had to sit on the swing getting seasick. I watched the dragon in a refinery breathing fire. Bob was talking about his cousin Jimmy, who played bridge. Bob had a habit of repeating himself. I was glad when he came to the end. "Do you play bridge, Kay?"
"No," I said. Itried to make sure we had very little in common.
"How about going to the movies Saturday night?" he asked.
"I'm going to be busy then. Sorry."
"What are you doing?"
"I have some important poetry to write."
"You've been busy a lot lately, Kay."
I almost said, "Did you ever wonder why?" But I didn't.
Bob sighed. "I'm worried. It's April, and I haven't heard from a single college."
"Everything will work out," I said.
"You can say that because you're smart. College will be breeze for you. But I want to be a lawyer, and it will be tough."
"You worry too much." I felt strange saying this. I felt law school would be tough for Bob. But I didn't want to be cruel.
He touched my shoulder. "You really don't like me, do you, Kay?"
"Bob, that's not a nice thing to say!" Suddenly, I felt guilty.
"But it's true. I'm not a stupid as you think."
"Have I ever said I didn't like you?" I t bothered me that Bob might see through me.
"You didn't have to say it. I know."
"Bob, you know I think you're a great guy."
"I'm not a great guy. We both know I'm not. You think I'm stupid becouse you're smart. You think you're too good for me. I used to be happy here. Now I come because my mother makes for me. You think I come here because I love you or something. Well, it isn't that. Not at all."
I felt wounde. I never thought Bob would see the truth.
"Kay, I'm going and I'm not coming back."
Suddenly, I was speaking. "Well, leave then! You are boring and dull. I only sit here because our mothers are friend."
I expected his eyes to look hurt. But they flashed with excitement. "I think that is the first time you've ever told me the truth. You're a phony, Kay. And that's worse than being stupid." He touched my shoulder again, gently. "I could like you, Kay. I really could. But the truth isn't important to you."
He smiled. To my horror, my eyes were filling with tears. The orange flame of the refinery blurred.
"Well, I'd better be going," Bob said. "I'm going to miss this swing."
I heard his car drive away. I got up and wiped my eyes on my sleeve. I went inside. My parents were watching television.
"Where did Bob go?" my mother asked.
"He ... he had some poetry to write."
I stumbled into my room. From my bed, I watched the dragon's orange-and-red flame - until the colors melted and were washed away.

Und freundlich wie dieses Forum war hat es mir auch gleich noch einen weiteren Beitrag geliefert:

[...]Man sollte meinen, er würde sich freuen, wenn sie so nett ist und mit ihm ausgeht, obwohl sie ihn nicht leiden kann, und dabei auch noch nett bleibt. Schließlich ist das Höflichkeit. Die im Text aufgeworfene Frage könnte also lauten "Höflichkeit oder Ehrlichkeit, was ist wichtiger" (Spontaninterpretation nach erstem Lesen, um die These zu beweisen müsste ich nachdenken, aber darauf habe ich keine Lust ).

Meiner Meinung nach ist Bob ein Idiot, weil Höflichkeit im gesellschaftlichen Leben Respekt und Akzeptanz bedeutet und imho immer vor Ehrlichkeit stehen sollte.

Schlimm finde ich, dass die Erzählerin Bob auch noch recht gibt mit seiner Meinung (Ehrlichkeit wichtiger als Höflichkeit) indem sie zu weinen anfängt. Das nimmt der aufgeworfenen Frage die Antwort vorweg und macht die Textaussage zunichte, weil der Leser nicht mehr nachdenken muss.
[...]


Irgendwie hatte mich die Geschichte schon als wir sie im Unterricht gelesen hatten, daran erinnert, wie ich mich manchmal fühl, wenn auch nicht so extrem.
Manchmal glaube ich nur, dass einige Leute, die ich wirklich mag, eigentlich nur so tun als würde ich ihnen irgendwas bedeuten, weil sie egal was is immer nur alles schön reden, aber ihr Handeln dem nicht wirklich entspricht.
Vielleicht kommt es auch daher, weil ich schon oft mitbekommen hab, wie andere so behandelt wurden.

Aber für mich ist die eigentlich Frage auch, ob ich einfach ne "komische" Vorstellung habe, dass man einfach mal ehrlich sein soll und (als Beispiel) sagen sollte:
"Hey, ich hab kein Bock xy zu machen!"
anstatt :
"Hey, sicher gerne können wir xy! Nur ich hab dann keine Zeit und dann geht auch nich und da is auch sehr schlecht." (+ dann aber plötzlich für irgendnen andern Scheiß Zeit zu haben...)

Und im Ernstfall kann man auch sagen : " Hey, ich kann dich nich leiden." (Ja ok, man muss es nich so direkt sagen, aber man kanns ja der anderen Person schon irgendwie beibringen, oder?)
Das ist finde ich tausendmal besser, als einen auf beste Freunde zu machen.
Einmal hat finde ich jeder verdient ehrlich behandelt zu werden und zweitens wird es sowieso irgendwann ans Licht kommen und das ist dann verdammt verletzend.


Was meint ihr?
 
Interessantes Thema

Und im Ernstfall kann man auch sagen : " Hey, ich kann dich nich leiden." (Ja ok, man muss es nich so direkt sagen, aber man kanns ja der anderen Person schon irgendwie beibringen, oder?)
Das ist finde ich tausendmal besser, als einen auf beste Freunde zu machen.
Einmal hat finde ich jeder verdient ehrlich behandelt zu werden und zweitens wird es sowieso irgendwann ans Licht kommen und das ist dann verdammt verletzend.

Da stimme ich dir zu. Ehrlichkeit ist meiner Meinung nach sehr viel wichtiger als Höflichkeit. Ich denke aber auch, dass das eine das andere nicht ausschließen muss. Wenn man jemandem seine ehrliche Meinung sagen will, dann kann man das auch höflich tun, auch wenn's nicht immer leicht ist. Es reicht ja, sich mal vorzustellen, wie dumm man sich selbst vorkommen würde, wenn man weiß, man wird nur aus Höflichkeit nett behandelt. Da ist es mir dann doch lieber, jemand sagt mir klipp und klar (aber auf höfliche Art und Weise), dass er mich nicht leiden kann. Vorallem kann es auch mal ganz hilfreich sein, wenn man erfährt, weshalb man von einer Person nicht gemocht wird. Nur wenn das Gegenüber mir ein ehrliches Feedback gibt, kann ich selbst was damit anfangen und evtl. meine Fehler einsehen, bzw. erkennen, wieso die Freundschaft zwischen der jeweiligen Person und mir nicht funktionieren kann.
 
Ich bin dann doch der Meinung, dass man ehrlich sein sollte. Allerdings sollte die Ehrlichkeit nicht unter die Gürtellinie gehen. Also nicht beleidigend werden...
 
[...] Ich denke aber auch, dass das eine das andere nicht ausschließen muss. Wenn man jemandem seine ehrliche Meinung sagen will, dann kann man das auch höflich tun, auch wenn's nicht immer leicht ist. [..]

Ich bin dann doch der Meinung, dass man ehrlich sein sollte. Allerdings sollte die Ehrlichkeit nicht unter die Gürtellinie gehen. Also nicht beleidigend werden...


Natürlich habt ihr da vollkommen recht, man sollte das schon in einer einigermaßen höflichen form rüberbringen, aber halt doch ehrlich.
 
man kann auch bei ehrlichkeit höflich sein. wenn mich jemand fragt : hey hast du lust auf xyz und ich das nicht so gerne möchte kann ich ja sagen: nö, nur wenns sein muss, was hältst du denn von lösung zzzz? man kann doch auch locker kompromisse eingehen ;-)
 
Ich denke gerade diese Frage stellt das Hauptproblem für viele Menschen dar... doch man bekommt doch schon als kleines Kind beigebracht, dass Notlügen irgendwie akzeptabel sind. Nichts anderes ist die Ausrede, man habe keine Zeit, statt seinem Gegenüber zu sagen, man hat keine Lust mit der Person wegzugehen. Oftmals liegt es aber nicht daran, dass man die Person nicht leiden kann oder gar Abneigung für sie empfindet, sondern das Verhältniss einfach oberflächlich ist. Würde man nun sagen, man hat keine Lust, wäre das Verhältniss aber gänzlich kaputt, obwohl die Aussage eigentlich eine ganz andere ist. Da muss man abwägen und teilweise bin ich mir nicht sicher, was besser ist.

Aber abgesehen davon, bin ich froh wenn ich weiß, dass mein Gegenüber mir ehrlich die Meinung sagt und auch sagen würde, wenn sie einfach absolut kein Bock auf mich hätte. Jedoch kann ich nur schwer glauben, dass es so direkt gesagt werden würde. Doch wenn es so ist, brauch man sich auch keine falschen Hoffnungen machen, was sehr kompfortabel ist...
 
Also ich bin bisher immer gut mit Ehrlichkeit klargekommen. Wie schon gesagt, kommt eben immer darauf an WIE man es rüberbringt. Und wenn das Gegenüber albern darauf reagiert, sollte man drüber nachdenken, ob es sich lohnt oder ob man das unter "Erfahrungen gesammelt" ablegen soll.
 
man kann,

ehrlichkeit auch hoeflich verpacken ;-)

das bloede daran ist,
ehrlichkeit kennt keine kompromisse,
diese widerum, sind die grundlage der hoeflichkeit.

also ist ehrlichkeit meist mit vorprogrammierten spannungen verbunden.

bei mir, kommt die hoeflichkeit nur zum tragen, wenn ich jemanden mit der whrheit nicht wehtun will, weils einfachnicht wichtig genug ist, da mit der wahrheit zu brillieren.

peter
 
bei mir, kommt die hoeflichkeit nur zum tragen, wenn ich jemanden mit der whrheit nicht wehtun will, weils einfachnicht wichtig genug ist, da mit der wahrheit zu brillieren.

Wenns nicht wichtig genug ist, ok...
Mich würds mal interessieren, ab wann es für dich wichtig genug ist. Also vllt. mal ein Beispiel was nicht wichtig genug wäre und was schon.

Denn gerade dieses "nicht wehtun wollen" ist das, was den andern noch viel mehr verletzt - finde ich zumindest. Denn es gibt kaum einen Fall, wo der andere es nicht irgendwann bemerkt.
Ich finde es auf jeden Fall um einiges verletztender, wenn mir jemand etwas vorspielt, als wenn er mir die Wahrheit sagt, auch wenn sie unangenehm ist.
Natürlich ist das nicht immer einfach und manch einer schafft es in gewissen Situationen nicht, aber im allgemeinen denke ich, dass es auch ein Zeichen von Respekt ist, die Wahrheit zu sagen (und nicht so wie in dem Zitat oben genau andersrum).