Eintrag #17, 18.07.2005, 00:03 Uhr

Schuld ist eine schwere Last

Nabend,

ich muss mir grad einfach ein bisschen was vom Herzen tippern...

Seitdem ich vor nunmehr 7 Tagen zu der Einsicht kam, dass mein Leben, so wie es lief, keinen Sinn mehr macht und ich definitiv nicht nur immer drüber reden muss, dass ich was ändern will, sondern das Ganze auch einfach durch Taten unterstützen kann bzw muss, geht in meinem Kopf so einiges vor sich. Das Wichtigste ist, dass ich nach 7 Jahren endlich mit dem Hardcore-Bong/Eimer-Rauchen aufgehört habe und dieses Mal scheint dieser Schritt wirklich Substanz zu haben. Mich zieht (momentan) nichts mehr dahin zurück. Ich habe mich 7 Jahre lang immer weiter gehen lassen, habe die "Downward Spiral" stetig angetrieben, nachdem ich mich damit abgefunden habe, dass ich süchtig bin. Der Verstand sagte immer wieder: "Das, was Du machst, ist falsch!". Die Droge schrie immer dagegen: "Ja und? Scheiss der Hund drauf. Ist halt so. Du wirst eh nie irgendwas gebacken kriegen, Du bescheuertes Wrack!" Die Frage, auf wen ich wohl gehört habe, kann nur als rhetorisch bezeichnet werden.

Naja, in der ganzen Zeit hat sich viel Schuld in mir angesammelt. Sehr viel. Schuld meinen Freunden gegenüber, die mir immer helfen wollten und die sich nach und nach abwanden, weil ich jede Hilfe abgelehnt habe. Schuld meinen Eltern gegenüber, denen ich unglaublich viel Kummer bereitet habe (welche Mutter hört schon gerne von ihrem Sohn, dass dieser jeden Tag am liebsten als seinen letzten sehen würde). Schuld meiner damaligen Freundin gegenüber, der ich das Leben sehr hart gemacht habe, da sie immer wieder gegen Wände angeredet hat. Und letztendlich die schwerwiegendste Schuld: Mir selbst gegenüber. Ein Teil von mir (der, den ich jetzt sorgsam pflegen und gesunden lassen muss) wusste immer, dass ich was Falsches tue und ich habe ihn immer wieder untergebuttert. Wollte ihn nicht wahrhaben und habe ihn einen Lügner genannt, obwohl ich es besser wusste.

Und jetzt grade bahnt sich diese Schuld ihren seltsamen Weg. Meine Ex und ich haben uns vor 2 Jahren 2 Meerschweinchen zugelegt. Nach der Trennung hat sie die beiden mit zu sich genommen, aber da sie momentan in England ist, habe ich die beiden zur Pflege. Die beiden haben sich nie gut verstanden, weshalb sie in 2 Käfigen leben. Heute habe ich dann gelesen, dass das für Meerschweinchen sowas wie Einzelhaft ist und sie dabei "verkümmern". Ihr könnt Euch wohl nicht vorstellen, wie schuldig ich mich grade den beiden gegenüber fühle. Es ist mir fast peinlich, das zu sagen, aber ich ringe mit den Tränen, seitdem ich bei den beiden Dicken sass und mir immer nur durch den Kopf geht, dass die beiden so nicht leben sollten. Sie sind nunmal eigentlich gesellige Tiere und sollten nicht einzeln gehalten werden. Es ist irrational, ich weiss, aber ich komme da grade nicht gegen an. Wie gesagt, die Schuld sucht sich ihren Weg. Ich würde den beiden so gerne helfen, damit sie sich wohler fühlen, Gesellschaft haben und artgerechter leben können. Aber sie beissen sich nunmal, sobald ich sie zusammensetze. Da kann ich nichts gegen tun, so sehr ich es grad auch tun würde. Und so sitze ich nun hier und muss die Schuld (a.k.a. die Suppe, die ich mir eingebrockt habe) ertragen...

Ist echt schon verrückt, wie krank sich ein Geist beim Gesunden anfühlen kann. Da kommt so vieles hoch, das ich vorher durch die Droge verdrängt habe. So vieles, das ich vorher einfach nicht wahrhaben wollte. Mein bester Freund sagt mir immer, ich soll nicht sagen, dass ich es nicht wollte, sondern dass ich es durch die Sucht bedingt nicht konnte, aber dem ist nicht ja nunmal nicht so. Ich habe doch die ganze Zeit gewusst, dass es falsch ist.

Falls das hier irgendjemand liest, der ohne noch drüber nachzudenken, täglich kifft: Bitte denk nur für einen Moment darüber nach, ob Du's noch im Griff hast. Der Weg nach unten ist so einfach. Der Weg dort hinaus kostet ungemein viel Kraft. Irgendwann verliert man sich und ich muss sagen, dass es beileibe kein schönes Gefühl ist, sich mit 26 Jahren wieder finden und definieren zu müssen. Hoffentlich habe ich die Kraft, das durchzustehen...

Ich danke Dir, der Du bis hierhin gelesen hast, herzlichst für Deine Zeit und Aufmerksamkeit.

Macht's besser als ich,

Jan-Hendrik (der sich jetzt erstmal wieder um seine Schweinchen kümmern geht)
 
 (38) barank
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