Eintrag #22, 13.09.2022, 18:17 Uhr

Neustart

Nun habe ich in der vergangenen Zeit viele Spaziergänge unternommen, um wieder auf andere Gedanken zu kommen, um wieder im  Alltag zu sein. Abseits von Friedhöfen, wohin mich ein Fall im persönlichen Umfeld geführt hatte. Und was kann uns näher zum Leben zurückbringen als Kinder. Spielende Kinder.

Da lande ich dann oft bei einem Spielplatz ganz in der Nähe meiner Wohnung. In sicherer Entfernung bleibe ich meistens stehen, um den Kleinen zuzusehen wie sie spielen, aber unbemerkt, ohne Gefahr zu laufen, sie aus ihren Gedanken herauszuholen, denn spielen bedeutet ja nichts anderes, als daß sie sich gerade in ihrer Welt bewegen. In ihrer kleinen Welt, in die sie später im Alter mal wieder zurückkehren werden.

 

Spielen, was für ein schönes Wort. Sein Ursprung findet sich im Althochdeutschen "spil", was eine Tanzbewegung bezeichnet. Also etwas Vergnügliches, Entspanntes, aber gleichzeitig auch Lehrreiches. Sogar junge Tiere lernen und erproben im Spiel bestimmte Dinge, die sie später zum Überleben benötigen.  Da denke auch ich gleich an meine eigene Kindheit zurück. Den Sandkasten, den Spielplatz, das Spielzeug zu Hause - Klötze, Autos - , natürlich erscheint auch der Ball vor dem geistigen Auge. Für andere ein Kartenspiel, vielleicht ein Brettspiel, Puppen bei Mädchen. Na ja, heute wahrscheinlich eher ein technisches Gerät in Form von einem Handy.

Gerade hatte ich neulich das Haus verlassen, als ich hinter dem Bahnübergang auf der anderen Straßenseite eine junge Mutter mit ihrer kleinen Tochter bemerkte. Das Mädchen dirigierte ihre Mutter gestenreich in eine gewisse Entfernung. Beim Näherkommen sah ich, daß es ein Papierflugzeug in Händen hielt. Ob selbst oder vorher von der Mutter gefalten, ist mir nicht bekannt, aber die Absicht war eindeutig. Das Flugzeug sollte Kurs auf die Mutter nehmen. Als das Mädchen mich sah, lächelte es und zeigte auf ihre Boing oder was auch immer es war. Gleich gab ich ihr ein Zeichen, kräftig auszuholen, damit die Maschine den weiten Weg auch schaffen könne. Klappte nicht ganz, aber ich erklärte ihr, daß das nur eine Zwischenlandung war und sie noch einmal starten solle. So spielten wir, auch zur Freude der Mutter, starten und landen, bis wir das Ziel erreicht hatten. Und wir drei klatschten gemeinsam Beifall.

Ja, spielen kann so einfach sein, ohne großen Aufwand, ohne irgendwelche Technik. Und lehrreich war es auch noch. Das Kind lernte so unter anderem auch Entfernungen einzuschätzen. Entfernungen von sich zu anderen, aber auch Entfernungen zu sich selber, zu seinem Können. Und die Entfernung von der Realität zum Spiel. Von der kleinen in die große Welt.

 

"Das Spiel ist der Weg der Kinder zur Erkenntnis der Welt, in der sie leben."

Maxim Gorki

 

Also basteln doch auch wir mal wieder aus unseren Gedanken einen Papierflieger und spielen starten und landen der Gedanken. Starten wir vom Jetzt in die Zukunft oder zumindest in das Morgen. Alles was gestern geschehen ist, war doch nur eine Zwischenlandung zum Ziel, dessen Entfernung jedoch oft unbekannt ist. Trotzdem müssen wir immer wieder neu starten, weil wir sonst nirgendwo ankommen.

 

Und so besteige ich jetzt meinen Papierflieger, der mich geradewegs und ohne Zwischenlandung ins Land der Träume bringt. Dem Spielplatz des Lebens.

 
 (??) Gemmie
 (??) Campino007
 (??) Madkev
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