Eintrag #44, 09.06.2024, 18:33 Uhr

Nette Unterhaltung

Wie fast immer, wenn ich noch einiges in der Stadt zu erledigen habe, schauen mich von oben dunkle Gebilde, genannt Wolken, an. Kurzes Gespräch mit mir, ob ich zum Schutz vor dem drohenden Regen mich vorsorglich mit einem dieser unmöglichen Gestelle bewaffnen soll.

Nein, bitte keinen Schirm, denn diese Dinger werden sowieso immer nur gebraucht, wenn man sie nicht dabei hat. Und außerdem nutzen sie bei starkem Regen und Sturm überhaupt nichts. Entweder kommt das Naß von der anderen Seite oder der Stoff ist undicht oder der Schirm schlägt über oder der Stoff löst sich von den meistens schon leicht verbogenen Stangen, die dann wiederum wie Antennen von einem Sputnik in die Gegend ragen. Fällt der Regen aber aus, so stolziert man mit einem Gerät durch die Gegend, welches überall im Wege ist, stört und letztendlich meistens irgendwo liegen- oder stehengelassen wird.

Erst zur Post, wo vor den Schaltern so lange Schlangen standen, daß man den Eindruck gewinnen konnte, es würde morgen nichts mehr befördert, beziehungsweise die letzten Briefmarken für dieses Jahr würden herausgegeben.

Klar, im Voraum steht ein Briefmarkenautomat, aber der war natürlich, ich müßte eigentlich sagen, wie fast immer, außer Betrieb. Also beschloß ich mit mir, die nahegelegene Einkaufsstraße aufzusuchen, wo noch so ein Gerät herumsteht. Wunderbar, funktionstüchtig. Endlich ist der Brief im Kasten versenkt, der laut Aufschrift in zehn Minuten geleert werden müßte. Hoffen wir mal. Weiter zum Einkaufscenter.

Um mich herum wird es zwar immer dunkler und windiger, aber noch habe ich keinen Tropfen gespürt. Dafür ertönt seitlich von mir ein "Hallo Helmut".Geschieht öfter und wie meistens, von einer mir zunächst völlig unbekannten Person. Ich schau nach rechts und sehe einen großen, schlanken, ältereren Herrn, so etwa in meinem Alter, der mit der linken Hand winkt und mich anspricht. Beim Blick in sein Gesicht glaube ich eine Person aus längst vergangenen Zeiten, also aus einem anderen Leben, zu erkennen. Sein Name fällt mir nicht mehr ein, dafür kennt er meinen. Reicht ja auch. Außerdem gestaltet er die Unterhaltung ganz alleine, was bedeutet, er fragt mich etwas und beantwortet seine Frage auch gleich selber.

Wie der nahende Sturm den Regen gleich in mein Gesicht peitschen würde, flogen seine Sätze zu mir herüber:
"Na, willst Du einkaufen? Hast recht, muß auch mal sein. Gibt es noch Regen? Stimmt, sieht ganz danach aus. Hast es bestimmt eilig, ich habe auch keine Zeit. Sieht man sich mal wieder? Bestimmt irgendwo. Schönen Abend, Tschüss."
Dies alles als einen Satz gesprochen und ohne, daß ich die Chance gehabt hätte, irgendein Wort zu äußern.

Und da er schon wieder seitlich abgedreht hatte, begnügte ich mich mit einem Lächeln und einem Winken, was er beides aber auch nicht mehr wahrgenommen hat.

 

Du meinst, man sollte sie öfter führen, solche Gespräche. Selbstgespräche. Gedankengespräche. Einvernehmliche Gespräche? Da ist man geschützt, wie unter einem Schirm und meine Meinung kommt an, ohne daß einem dauernd jemand widerspricht ?

 

Jetzt regnet es. Du hast keinen Schirm ? Ich auch nicht. Bis zur nächsten Unterhaltung.

 
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