Eintrag #36, 08.10.2023, 15:20 Uhr

Luftige Übung

Seit ich meine letzte Tätigkeit beendet und damit meinen letzten Beruf, den eines Rentners angetreten habe, wurde gleichzeitig aus meinem Besitzstand das Auto entfernt. Es ist ganz einfach überflüssig geworden. Hier in dem kleinen Städtchen gebe ich lieber meinem Bewegungsdrang nach und die Urlaubsfahrt wird lesend in einem Waggon der Bahn vorgenommen. Für notwendige kleinere Ausflüge stehen Busse zur Verfügung. Das alles ist besser für die Gesundheit und die Luft.

 

Letzte Woche saß ich somit nach langer Zeit also mal wieder in einem Bus, um in einem Nachbarort etwas zu erledigen. Vor mir eine junge Mutter mit ihrem Sohn. Um ihm die Langeweile während der Fahrt etwas zu nehmen, veranstaltete sie mit ihm Rechtschreibübungen. Sehr löblich. Das Gespräch bewegte sich zunächst irgendwie um den Bus.
"Und wie schreibt man Bus ? Groß oder klein ?"
Antwort: " Groß, weil man ihn ja sehen kann."
"Richtig. Und wie schreibt man Baum ?" hakte die Mutter gleich nach.
"Groß, kann man auch sehen."
Das ging eine Weile so weiter, bis die Mutter,warum auch immer, auf den verhängnisvollen Gedanken kam, die Frage zu stellen:
"Und wie schreibt man Luft"
Kurze Überlegung des Kleinen, ein Blick an die Decke und dann die überzeugende Antwort:
"Klein natürlich." Auf die Nachfrage warum, dann die genauso selbstsichere Antwort: " Ist doch klar, die kann man doch nicht sehen."
Leises Schmunzeln bei einigen Fahrgästen, die das Spielchen verfolgt hatten, und eine sich umblickende,unruhig werdende Mutter. Immerhin hatte sie in ihrer Not eine rettende Idee: "Drück mal den Knopf, wir müssen gleich aussteigen." Luft.

 

An dieser Station endeten also die eigentlich gut gemeinten pädagogischen Bemühungen der Mutter, weil sie übersehen hatte, daß Kinder logischer denken. Anders denken. In gedanklichen Ketten. Da gibt es keine Ausnahmen. Die Welt der Kleinen ist einfacher, unkomplizierter.

Vielleicht würde uns dies in manchen Überlegungen auch manchmal helfen. Nur die Luft müssen wir dabei ganz groß schreiben, weil wir ohne sie nicht leben können.

 

Hoffen wir nun für den Jungen – und die Mutter -, daß im nächsten Diktat das Wort „Luft“ nicht auftaucht.

 

Und ich gehe nachher noch etwas durch die kühle, abendliche Luft. Ist ja reichlich vorhanden, auch wenn man sie nicht sieht.

 
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