Systematische Manipulationen und Phantomgutschriften
Die Betreiber solcher Projekte, Zertifzierer wie Verra und CO2-Händler verdienen Millionen mit den Klimageschäften. Schon Anfang 2023 haben "Die Zeit", "The Guardian" und "SourceMaterial" mit der Veröffentlichung der Ergebnisse einer neunmonatigen Untersuchung von Wald-Kompensationsprojekten den Markt kräftig durchgerüttelt. Die mit den Waldgutschriften beanspruchten Treibhausgas-Einsparungen sind offenbar häufig stark übertrieben, sie schreiben von systematischen Manipulationen und Phantomgutschriften.
Im Zentrum der Kritik steht die US-Organisation Verra. Die weltweite Nummer Eins bei solchen freiwilligen Klimakompensationen beherrscht Dreiviertel des Marktes. Unter der Aufsicht von Verra wurden 2021 insgesamt fast 300 Millionen CO₂-Zertifikate verkauft. Gut ein Drittel davon, etwa 110 Millionen Zertifikate, entfielen auf Waldschutzprojekte.
Bei 94 % der analysierten CO₂-Gutschriften für Wald-Kompensationsprojekte wurden den Studien und Recherchen nach die angeblich vermiedenen CO₂-Einsparungen zum Teil um ein Vielfaches überbewertet. Dem Klima wurde mit den fiktiven Gutschriften massiver Schaden zugefügt, denn die Käufer haben dafür Treibhausgase ausgestossen. Umgerechnet knapp 89 Millionen Tonnen CO₂ waren davon betroffen.
Wissenschaftliche Studien untermauern die Vorwürfe
Eine am 15. September von der Universität von Kalifornien in Berkeley veröffentlichte Studie kommt zu dem Schluss, dass die Auswirkungen der Waldschutzprojekte stark übertrieben wurden und einige zur Vertreibung oder Enteignung indigener Gemeinschaften geführt hätten.
Bereits im August schrieb eine andere Forschungsgruppe in der Zeitschrift Science, dass die meisten Projekte die Entwaldung nicht wesentlich reduziert hätten. Die Studie zeige, dass Kohlenstoffkompensationen durch bezahlte Projekte in Tropenwäldern die Abholzung nicht wie behauptet verringern und den Klimawandel verschlimmern, so die Editoren von Science.
Verra bestreitet alle Vorwürfe und hat mehrere Stellungnahmen dazu veröffentlicht.
Geplantes EU-Regelwerk ist ein Freibrief für große Umweltverschmutzer
Währenddessen arbeitet die EU an einen "Zertifizierungsrahmen für den Kohlenstoffabbau" (Carbon Removal Certification Framework, CRCF), der "Kriterien für die Definition eines hochwertigen Kohlenstoffabbaus und ein Verfahren zur Überwachung, Berichterstattung und Überprüfung der Authentizität dieses Abbaus festlegen soll".
Umwelt- und Klimaschützer sind alarmiert. Das Regelwerk ist ein Freibrief für große Umweltverschmutzer, weil sie dadurch weiter Erdöl, Gas und Kohle verbrennen und CO₂ ausstoßen können. Rettet den Regenwald hat dazu bereits im Juni die Petition Firmen sollen CO₂ einsparen – anstatt sich freikaufen zu können gestartet, an der bereits über 62.000 Menschen teilgenommen haben.
Unser Tipp: Trauen Sie den Versprechen der Wirtschaft vom umweltfreundlichen und klimaneutralen Produkten nicht. Reduzieren Sie den Konsum soweit wie möglich. Kaufen sie haltbare und reparierbare Produkte, vermeiden Sie unnötige Fahrten und Flugreisen.
https://www.regenwald.org/news/11738/kein-pardon-fuer-grosse-klimaverschmutzer?