Globale Mindeststeuer: Reeder werden verschont
Dank besonderer Abgaberegeln zahlen viele große Reedereien kaum Steuern, obwohl sie Rekordgewinne einfahren. Mit der globalen Mindeststeuer, die ab 2024 gelten soll, hätte dies der Vergangenheit angehören können.
Doch die Reeder haben intensiv für eine Ausnahme von der Mindeststeuer geworben - erfolgreich.
Globale Mindeststeuer: Reeder werden verschont
Kaum einer Branche geht es so gut wie großen Containerreedereien. Dennoch fällt deren Steuerlast besonders gering aus.
Kaum einer Branche geht es so gut wie den großen Containerreedereien. Die Konzerne, die auf Riesenpötten Stahlboxen übers Meer transportieren, fahren Traumgewinne ein. Maersk aus Dänemark verbuchte im vergangenen Jahr 28 Milliarden Euro Gewinn, der französische Riese CMA CGM 23 Milliarden und die Hamburger Reederei Hapag-Lloyd 17 Milliarden. Bei der diskreten Mediterranean Shipping Company (MSC) kennt man die Zahlen nicht. Immerhin weiß man, wie hoch das Vermögen des Eigentümers Gianluigi Aponte geschätzt wird: auf mehr als 31 Milliarden Dollar.
In einem Rekordjahr wie 2022 fällt die Steuerlast der Reedereien besonders gering aus. Das haben die Schifffahrtsunternehmen einem merkwürdigen Abgabensystem zu verdanken, der Tonnage-Steuer. Danach zahlen sie ihre Abgaben nicht in Abhängigkeit vom Gewinn, sondern von der Größe der eingesetzten Schiffsflotte. Für Maersk bedeutet das angesichts der hohen Gewinne im Jahr 2022 einen Steuersatz von drei Prozent, für Hapag-Lloyd sogar nur knapp 1,2 Prozent.
Seeverkehr wird von Mindeststeuer ausgenommen.Die Verhandlungen liefen unter dem Dach der OECD, der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Die Einführung der globalen Mindeststeuer wäre die Chance gewesen, die steuerliche Behandlung der Seeschifffahrt den anderen Branchen anzugleichen. Aber die Staaten ließen diese Chance verstreichen. Als einziger Branche gewährten sie dem Seeverkehrssektor eine pauschale Ausnahme von der neuen weltweiten Steuer.
Damit gaben die Regierungen dem intensiven Werben der Schifffahrt für diese Steuerbefreiung nach.
Panorama hat Einblick in Schreiben genommen, in denen die Reedereiverbände ihr Anliegen begründen. Eine Besteuerung von Seeverkehrsunternehmen sei "verwaltungstechnisch extrem komplex", heißt es da. Die Unternehmen erzielten ihre Einkünfte "auf hoher See, außerhalb des Territoriums irgendwelcher Staaten". Seit "mehr als 100 Jahren" gebe es einen Konsens, wonach Reedereien nicht wie andere Unternehmen besteuert würden.
Laut OECD-Experten wäre Steuerbefreiung vermeidbar gewesen

Aber diese Ausnahme für die Reedereien sei kein Naturgesetz, sagt Achim Pross, der bei der OECD an der Ausarbeitung der Regeln für die globale Mindeststeuer führend beteiligt war. Welche Staaten den Wunsch der Reedereien, von der Mindeststeuer befreit zu werden, besonders unterstützt haben, darf er nicht preisgeben. Aber es dürften wohl welche gewesen sein, in denen der maritime Sektor eine wichtige Rolle spielt, sagt er mit einem Augenzwinkern.
Die Reedereien hätten "einiges an intellektueller Anstrengung aufgeboten, um ihr Anliegen zu rechtfertigen", kommentiert Olaf Merk, Experte für den Seeverkehrssektor beim International Transport Forum, einer Unterorganisation der OECD. "Die Tatsache, dass es in der Vergangenheit so gemacht wurde, ist keine Rechtfertigung dafür, dass es auch künftig so gemacht werden muss", fügt er hinzu.
Auch Kreuzfahrtreedereien zahlen kaum Steuern
Olaf Merk, Experte für den Seeverkehrssektor beim International Transport Forum.
Wenn man die Branche direkt auf die Befreiung von der neuen weltweiten Mindeststeuer anspricht, ist ein Unbehagen zu spüren. Der internationale Kreuzfahrtverband CLIA lässt Anfragen einfach unbeantwortet. "Der Kreuzfahrtsektor, der von wenigen Großkonzernen beherrscht wird, zahlt kaum Steuern. Das tendiert gegen null", erklärt Olaf Merk.
Und was soll die Kreuzfahrtlobby auch sagen? In den Eingaben an die OECD, in denen neben den Container- und Tankerreedereien auch die Vergnügungsbranche erfolgreich um die Befreiung von der Mindeststeuer bittet, wird die Bedeutung der Schiffe für die "nationale Verteidigung und Sicherheit" als Grund für die Ausnahme genannt. Wie das genau zu verstehen ist, bleibt unklar. Muss man vermuten, dass AIDA-Schiffe im Kriegsfall Bundeswehrsoldaten in den Einsatz transportieren werden und dass dies ein Grund ist, warum der Konzern keine Steuern zu zahlen braucht?
Experte rechnet mit weiter guten Geschäften der Reedereien ...