Angst bis zum Nichts
Nicht nur Haß, auch der Glaube, egal welcher, lebt von der Angst.
Da ist bei einem meiner abendlichen Rundgänge neulich doch eine junge Dame auf mich zugekommen und hat mich mit verschiedenen Ansichten in Bezug auf Religion in ein Gespräch verwickelt. Nach einer kurzen Diskussion stellte sie dann die wohl entscheidende Frage : Was ich glaube, wenn ich denn glauben würde, ob ich nach dem Tod in den Himmel oder in die Hölle komme. In die Erde, so habe ich ihr mit einem leisen Lächeln geantwortet. Ja, genau das ist doch der Punkt, mit dem alle Religionen ihre Gläubigen bei „der Stange halten“. Sie schüren Angst. Wenn du die Gesetzte, unsere Gesetze nicht befolgst, dann droht dir eine fürchterliche Strafe. Aber Religion, wenn sie denn einen Sinn haben soll, muß doch helfen. Meistens beginnen die Menschen zu glauben, wenn sie in einer ausweglosen Situation sind. Wenn sie krank sind oder sonstige Probleme haben. Wenn sie sich Dinge nicht erklären können, suchen sie einen Strohhalm. Und der heißt glauben an etwas Übernatürliches. Aber dieser Übernatürliche hilft nur, wenn du seine Gebote einhältst. Ansonsten wird dir Schreckliches widerfahren. Genau da beginnt das Prinzip der Angst, ein menschliches Prinzip. Aber unwürdig eines übernatürlichen Wesens. Auch eines nicht Existenten.
Dies unabhängig davon, daß wir alle nur aus "Materie" bestehen und unser Körper ganz "natürlichen“ Prozessen gehorcht. Der Tod ist endgültig und genau darum bedarf es auch keiner Angst, weil wir uns keine Gedanken darüber machen brauchen, was danach ist. Danach ist nur noch das Nichts. Das nihil.
Und warum hassen wir jemanden ? Aus dem gleichen Grund der uns zum Glauben führt. Angst vor einer Person oder vor den Folgen, die durch diese Person auftreten könnten.
Denn Angst gebärt Haß. Und Haß ist die Angst vor einem Ausgeliefertsein.
Angst, Glaube, Haß. Die Vorstufen zum Nichts.
Ach, ich habe die Frage der jungen Dame noch gar nicht ernsthaft beantwortet ?
Den Vorhang zu und alle Fragen offen. (Bertolt Brecht)
