Eintrag #273, 12.03.2017, 18:56 Uhr

2017-03-09 Das Schneeglöckchen von H.C. Andersen

Es war Winterzeit. Die Luft war kalt und der Wind scharf; aber zu Hause war es warm und gemütlich. In ihrem eignen Häuschen lag die Blume; sie schlummerte in ihrer Zwiebel unter Erde und Schnee.

Eines Tages fiel Regen. Die Tropfen drangen durch die Schneedecke hinab in die Erde, sie berührten die Blumenzwiebel und erzählten von der Lichtwelt da oben. Bald drang der Sonnenstrahl ganz fein und bohrend durch den Schnee hinab zu der Zwiebel und stach sie.

"Komm herein!" sagte die Blume.

"Das kann ich nicht!" sagte der Sonnenstrahl; "ich bin noch nicht stark genug, um die Erde aufzuschließen. Erst zu Sommer werde ih stärker."

"Wann ist es Sommer?" fragte die Blume, und sie wiederholte die Frage, sooft ein neuer Sonnenstrahl zu ihr hinabdrang.

Aber es währte noch lange bis zur Sommerzeit; noch lag Schnee, und es fror Eis auf jedem Wasser in einer jeden Nacht.

"Wie lange das dauert! Wie lange das dauert!" sagte die Blume. "Ich fühle ein Kribbeln und Krabbeln; ich muß mich recken, ich muß mich strecken! Ich muß aufschließen; ich muß hinaus und dem Sommer einen guten Morgen zunicken! Es wird hohe Zeit!"

Und die Blume reckte und streckte sich drinnen gegen die dünne Schale, die das Wasser von außen weich gemacht und in die der Sonnenstrahl hineingestochen hatte. Bald sproß sie unter dem Schnee hervor mit weißgrüner Knospe auf grünem Stengel und mit schmalen, dicken Blättern, die sie gleich einem Mantel umgaben. Der Schnee war kalt, aber vom Lichte durchstrahlt, dazu so leicht zu durchbrechen. Und nun kam auch der Sonnenstrahl mit stärkerer Macht.

"Willkommen! Willkommen!" sang und klang jeder Strahl, und die Blume erhob sich über den Schnee hinaus in die Lichtwelt.

Aber es war  noch weit bis zur Sommerzeit. Wolken verhüllten die Sonne, und scharfe Winde brausten über das arme Schneeglöckchen fort.

"Du brichst ab!" sagten sie zu ihm. "Du verwelkst! Du erfrierst! Was wolltest du auch schon draußen? Weshalbb ließest du dich hervorlocken? Der Sonnenstrahl hat dich nur genarrt! Das hast du nun davon, du Sommernarr!"

"Sommernarr! Sommernarr!" hallte es an dem kalten Morgen in einem fort. Und schon glaubte das arme Blümchen erfrieren zu müssen.-

Aber gegen Mittag kamen einige Kinder in den Garten.

"Oh, ein Schneeglöckchen", jubelten sie, "da steht eins, so schön, so reizend, das erste, das einzige!"

Und diese Worte taten der Blume so wohl; das waren Worte wie warme Sonnenstrahlen. Das Schneeglöckchen empfand in seiner Freude nicht einmal, daß es gepflückt wurde. Es lag in der Hand des Kindes, wurde in die warme Stube gebracht, von freundlichen Augen betrachtet und von weichen Händen ins Wasser gestellt. Das Blümchen fühlte sich neu gestärkt und belebt, als wäre es auf einmal mitten in den Sommer hineinversetzt.

 
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