Eintrag #184, 15.08.2016, 19:15 Uhr

2016-08-15 Die Hündin und ihre Jungen nach Phädrus

Es war einst eine Hündin trächtig und der Zeit

des Werfens nah. Kein Obdach war ihr eigen.

Sie geht zur Nachbarin. Die hat die Gütigkeit,

ihr ihren Stall zu leihn. Bald zeigen

die jungen Hunde sich: und ein´ge Zeit

nachher ergeht die ganz bescheidne Frage:

"Kannst du die Wohnung räumen?" - "Ach

Gevatterin, laß sie mir nur noch vierzehn Tage;

die Jungen kriechen kaum." Die Nachbarin gibt nach.

Doch nach Verlauf der Zeit kommt sie mit sanfter Klage

und fordert Haus und Bett zurück.

Doch dieses Mal verändert sich die Szene;

die Wöchnerin weist ihr die Zähne

und spricht mit hohem, trotz´gem Blick:

"Ich bin bereit, mit meiner ganzen Brut

aus eurer Wohnung auszuziehn,

wenn ihr mir nur die Liebe tut,

uns zu vertreiben: Wollt ihr euch bemühen?"

Die Jungen waren stark. Dies gab der Mutter Mut.

Wenn ihr den Bösen gebt, so reuen eure Gaben

euch immer hinten drein, und wenn ihr ihnen leiht,

und wollt das eure wieder haben,

so habt ihr nur Prozeß und Streit.

Gebt ihnen eines Fingers breit,

so haben sie, eh´ ihr es wahrgenommen,

sich schon die ganze Hand genommen.

 
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