Breivik hatte weitere Terrorpläne - Opferzahl erhöht

Oslo (dpa) - Eine Woche nach den Doppel-Anschlägen von Norwegen wird das Ausmaß der Wahnsinnstat immer deutlicher. Der rechtsradikale Attentäter Anders Behring Breivik hatte nach Angaben seines Anwalts weitere Terrorziele im Visier.

Zwei norwegische Rechtspsychiater sollen Breivik auf seine Zurechnungsfähigkeit untersuchen und bis 1. November ihr Gutachten vorlegen. Unterdessen wurde die Zahl der Opfer von 76 auf 77 nach oben korrigiert. Die ersten beiden Opfer wurden am Freitag beigesetzt.

Verteidiger Geir Lippestad sagte der Zeitung «Aftenposten», der 32-jährige Breivik habe am vergangenen Freitag «noch mehrere Pläne in unterschiedlicher Größenordnung» gehabt. Außer der Bombe im Regierungsviertel der norwegischen Hauptstadt und dem Massaker auf der Insel Utøya habe Breivik beabsichtigt, zwei weitere Gebäude «zu bombardieren».

Breivik wurde am Freitagmorgen unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen in einem schwarzen Jeep hinter abgedunkelten Fenstern von der Haftanstalt Ila zu einem erneuten Verhör nach Oslo gebracht. In der dortigen Polizeizentrale wurde er zum zweiten Mal ausführlich von Ermittlern verhört. Polizeisprecher Pål Hjort Kraby bezeichnete den geständigen Attentäter als weiter «ausgesprochen ruhig». Kraby sagte: «Er ist mehr als willig, alles zu erklären.» Weitere Angaben wurden nicht gemacht.

Nach Angaben seines Verteidigers wollte der rechtsradikale Breivik vor einer Woche noch weitere Terroranschläge ausführen, verspätete sich aber aus nicht bekannten Gründen. Anwalt Lippestad sagte «Aftenposten» am Freitag, die Pläne seien «genau so konkret» gewesen wie die beiden vollendeten Anschläge. Der Verteidiger teilte mit, dass Breivik vor seinen Anschlägen unter Drogeneinfluss gestanden habe: «Er nahm Drogen, um das zu schaffen, was er dann getan hat.»

Der Attentäter hatte am vergangenen Freitag um 15.26 Uhr direkt vor dem Osloer Regierungs-Hochhaus eine Autobombe detonieren lassen, durch die acht Menschen starben. Zwei Stunden später begann er auf der 40 Kilometer entfernten Insel Utøya mit einem Massaker an Teilnehmern eines sozialdemokratischen Jugendlagers. Er tötete dort bis zu seiner Festnahme 69 Menschen, wie die Polizei am Freitag mit der Veröffentlichung der letzten Namen endgültig bekanntgab. Fast alle waren Teenager im Alter zwischen 14 und 19 Jahren.

Bei einer Trauerfeier in der Zentrale seiner sozialdemokratischen Arbeiterpartei sagte Ministerpräsident Jens Stoltenberg: «Vor genau einer Woche hat das Böse Norwegen getroffen.» Er sagte über die Reaktion der Bevölkerung: «Eine ganze Nation und ein politisch geeintes Norwegen antworten auf die Angriffe, in dem sie eine Welle an Demokratie und Engagement schaffen.»

Die 18 Jahre alte Norwegerin Bano Rashid und der 19- jährige Ismail Haji Ahmed wurden am Freitag als erste Opfer des Massakers beerdigt. Ministerpräsident Stoltenberg besuchte genau eine Woche nach den Anschlägen eine Trauerfeier von Norwegens Islamischer Gemeinde in einer Osloer Moschee.

Der Attentäter hatte das Massaker und die Bombe im Osloer Regierungsbezirk mit seinem Hass auf die Sozialdemokraten und ihre Offenheit für die Zuwanderung aus islamischen Ländern begründet.

Erstmals gab ein britischer Rechtsextremist zu, Verbindungen zu Breivik gehabt zu haben. Ein früherer Aktivist der extrem rechten Gruppierung British Defence League sagte der Zeitung «The Times», seine strikte Anti-Muslim-Ideologie habe Breivik möglicherweise inspiriert. Sollte dies so gewesen, tue ihm das leid.

Bei dem Begräbnis für Bano Rashid in der Ortschaft Nesodden südlich von Oslo hielt Norwegens sozialdemokratischer Außenminister Jonas Gahr Støre eine der Traueransprachen. Er hob das politische Engagement der Tochter einer kurdischen Zuwandererfamilie aus dem Irak in der Jugendorganisation der sozialdemokratischen Partei hervor. Rashid war Kandidatin für die Arbeiterpartei bei den Mitte September anstehenden Kommunalwahlen.

Der ebenfalls am Freitag in der Stadt Hamar nördlich von Oslo beerdigte Ismail Haji Ahmed war in Norwegen als Teilnehmer des TV-Wettbewerbes «Norske Talenter» bekanntgeworden. Beide Opfer waren mit Geschwistern zu dem sozialdemokratischen Sommerlager gekommen, die das Massaker überlebten.

Terrorismus / Extremismus / Norwegen
29.07.2011 · 19:16 Uhr
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