Was versteht man unter Liberalismus?

Seth.Connor

Californian
ID: 127731
L
20 April 2006
382
12
Hey Leute,

ich habe eine wichtige Frage an euch und zwar dreht sich diese um den Liberalismus. Ich habe mir schon den Wikipedia Artikel dazu durchgelesen, aber da ich Liberalismus immer mit FDP (lieberal) in Verbindung bringe kann ich mir noch kein richtiges Bild davon machen.

Das wichtigste Ziel des Liberalismus ist ja die Freiheit des Einzelnen und das jeder ein gewisses Maß an Selbstverantwortung übertragen bekommt, was er aus seinem Leben macht. Für mich hört sich das nach weniger sozialer Absicherung an, dafür aber auch nach wer hoch hinaus in seinem Leben kommt mehr davon hat, sprich dann weniger Steuern zahlen muss.

Für das setzt sich die FDP meiner Meinung nach doch auch ein oder?

Bin ich damit total auf dem Holzweg? Was sind die klassichen Ziele des Lieberalismus auf die Politik übertragen (soziale Absicherung, Steuern, Ehe zwischen Homosexuellen....)

Ihr würdet mir einen großen Gefallen mit der Beantwortung dieser Frage tun

Grüße Seth
 
Na ich denke die Liberalen würden sagen: Die beste Sozialpolitik ist gar keine Sozialpolitik. Wirtschaftlich sind sie eher bei der Neoklassik anzusiedeln. Sie sagen immer, wenn man den Markt nur machen ließe, dann würde sich das schon von selber ins Lot bringen.
Das heißt ein Mindestlohn wäre in ihren Augen nicht sinnvoll, der Markt regelt den Lohn von selber.
Sozialpolitik hat drei Ziele:
1. Armutsvermeidung
2. Nivellierung von Wohlfahrtsdifferenzen
3. Lebensstandardsicherung

Die Liberalen sind dann also für Armutsvermeidung, die niedrigste Stufe von denen. Sie sagen sich, der Staat sollte Sozialpolitik nur auf geringem Niveau leisten, also nur Armutsvermeidung. Wer darüber hinaus will, der soll privat vorsorgen.

Das ist so das grobe, sonst noch fragen? :ugly:
 
Also ich verstehe unter Liberalismus, dass was du auch schon angedeutet hast. Eben das sich jedes Individuum selbst um sein Leben kümmert und der Staat oder sonstige Organisationen da möglichst wenig eingreifen. Beispiel wäre z.B. nur eine Grundrente für jeden und für den Rest muss man selbst vorsorgen. Dafür würden dann auch wieder die Beiträge zur Rentenversicherung fallen usw.

Hat jetzt allerdings nicht mit meiner politischen Meinung zu tun!

Hier auch mal noch nen Link mit ner Definition:

Link 1
 
Wichtig ist, dass man zwischen politischen Liberalismus und wirtschaftlichen Liberalismus unterscheidet und den Zusammenhang zwischen beiden erkennt.

Der politische Liberalismus ist Vorraussetzung für den Kapitalismus und auch für den wirtschaftlichen Liberalismus, jedoch lässt sich politscher Liberalismus hervorragend mit sozialer Marktwirtschaft o.ä. kombinieren.
Deswegen gibt es in der FDP klassischerweise auch zwei Flügel: Den linken, dem die politische Freiheit am wichtigsten ist, und den rechten, der vor allem auf die wirtschaftliche Freiheit Wert legt. Darum konnte die FDP ja sowohl mit der CDU/CSU, als auch mit der SPD Koalitionen bilden. Es hängt also vom derzeitigen tonangebenden Flügel ab, was die FDP erreichen möchte.

Ich hoffe, dass dir das helfen konnte.
 
Liberalismus mit FDP gleichsetzen bedeutet Liberalismus mit Neo-Lberalismus gleichzusetzen und das ist Schwachsinn.
Im Liberalismus, der sich nicht auf die Wirtschaft bezieht, geht es darum, dass sich jeder entfalten kann. Um sich aber entfalten zu können braucht er eine Lebensexistenz und für diese kann der Staat auch sorgen, da spricht nichts dagegen, also ist eine Sozialsicherung für einen liberalen Staat vollkommen normal.
Und damit jeder sich frei entfalten kann muss es auch wirtschaftliche Einschränkungen geben, sonst entstehen Monopole etc und es gibt Benachteiligte, die sich weniger gut entfalten können, also andere Grundvorraussetzungen haben.
Und deswegen hasse ich es, wenn jemand sofort auf die Fdp schließt, wenn man von liberal redet.

Es gibt wie Wildentchen schon sagte mehrere Dimensionen von Liberalismus, wobei ein wirtschaftlicher Liberalismus den Liberalismus des Einzelnen einschränkt und damit den eigentlichen Liberalismus ausschließt.
:ugly:
 
Darum sind Geschichte und Sprachen wichtig:

Wenn du wissen willst, was Liberalismus ist, musst du dir im klaren sein, dass sich Wortbedeutungen ändern.

Der Ursprung dürfte wohl beim lat. Wort liberare liegen, was so viel wie befreien, freilassen (Sklaven) und freisprechen (juristisch) bedeutet. (Und dann die anderen Wortarten wie Freiheit, Befreier etc.)
Es gibt übrigens auch liberalis, was edel, gütig, freigiebig bedeutet.

Im politischen Sinne wie heute verstanden ist die erste Erwähnung (wenn ich mich richtig erinnere) bei der britischen Bill of Rights
Ah ja, steht ja auch (auf Umwegen) in der Wikipedia
https://de.wikipedia.org/wiki/Liber...o.C3.9Fbritannien_und_den_Vereinigten_Staaten
https://de.wikipedia.org/wiki/Bill_of_Rights_(England)

In diesem Zusammenhang war Liberalismus hauptsächlich die rechtliche Freiheit, nach dem Motte: Vor dem Gesetz sind alle gleich, und auch der König hat sich dran zu halten.

Aus diesen persönlichen Rechten entstanden später auch wirtschaftliche Rechte (Das ist ein riesiges Kapitel für sich), unter anderem auch die Institution der "juristischen Person", was in heutiger Zeit dazu geführt hat, dass z.B. eine amerikanische Firma den Staat Mexiko verklagen kann, wenn der ein Sozial oder Umweltgesetz erlässt, mit diese Firma geschädigt wird (und wenns nur entgangener Gewinn ist).
Das letzte ist einer der großen Kritikpunkte, die die Globalisierungskritiker aufregt.
Dies gehört aber schon zu dem sogenannten (rein wirtschaftlichen) Neoliberalismus (Also neuer Liberalismus), der sich in den 70ern in den USA rausgebildet hat (Angebotswirtschaft). Der Neoliberalismus hat übrigens auch eine recht extreme Bedeutungs-Umdeutung mitgemacht - im Grunde das Gegenteil von der ursprünglichen Bedeutung.
(Infos: https://de.wikipedia.org/wiki/Neoliberalismus ; Kritik z.B.: https://de.wikipedia.org/wiki/Globalisierungskritik , https://de.wikipedia.org/wiki/EZLN ) [Bei Interesse an diesem Thema kannst du dich auch mal nach dem Buch "Global Attack!" von Paul Kingsnorth umsehen, da sind Berichte über die EZLN, Weltsozialforum und ähnliches drin.]

Im Grunde ist der "Neoliberlismus" der wirtschaftliche Liberalismus und seine Bekämpfer wie die EZLN sind politische Liberalisten, die sich für die Freiheit von den Großkonzernen einsetzen :D Ich hoffe, das war jetzt nicht zu verwirrend :ugly:

Was die FDP betrifft kenne ich mich nicht sehr gut aus, da halte dich besser an Wildentchen ;)