News «Unwort des Jahres 2016» lautet «Volksverräter»

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25 April 2006
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Folgende News wurde am 10.01.2017 um 16:08:59 Uhr veröffentlicht:
«Unwort des Jahres 2016» lautet «Volksverräter»
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Darmstadt (dpa) - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist er als Schimpfwort schon mehrmals an den Kopf geworfen worden: *Der Begriff «Volksverräter» ist das «Unwort des Jahres 2016».
Das Schlagwort werde «antidemokratisch und diffamierend verwendet», begründete die Sprecherin der «Unwort»-Jury, die Sprachwissenschaftlerin Nina Janich, in Darmstadt die Entscheidung.
Verwendet werde das Wort in sozialen Netzwerken und auch «massiv bei Demonstrationen» von Anhängern des 2014 entstandenen islam- und fremdenfeindlichen Pegida-Bündnisses oder der AfD. Das Wort sei ein «Erbe von Diktaturen», unter anderem der Nationalsozialisten, sagte Janich. «Ein solcher Sprachgebrauch würgt das ernsthafte Gespräch und damit die für Demokratie notwendigen Diskussionen in der Gesellschaft ab.»
Kanzlerin Merkel wurde etwa im August 2015 bei einem Besuch in einer Flüchtlingsunterkunft in Heidenau in Sachsen als «Volksverräterin» beschimpft. Auch Bundespräsident Joachim Gauck, SPD-Chef Sigmar Gabriel und andere Politiker werden immer wieder entsprechend verunglimpft.
Zur «Unwort»-Wahl wollte sich Merkel am Dienstag nicht äußern. Die Generalsekretäre von CDU und SPD, Peter Tauber und Katarina Barley, begrüßten die Kür. «Der Begriff hat die politische Debatte vergiftet. Mit ihm wird anderen Menschen abgesprochen, dass sie in ihrem Tun das Wohl unseres Landes und seiner Menschen zum Maßstab nehmen», sagte Tauber der Deutschen Presse-Agentur. «"Volksverräter" ist wirklich ein ekelhaftes Unwort», meinte Barley. «Wer andere als "Volksverräter" beschimpft, will nicht diskutieren, sondern provozieren.»
Wissenschaftlerin Janich betonte: «Sprache sagt viel über Werthaltungen in einer Gesellschaft aus.» Der Jury zufolge steht der Wortbestandteil «Volk» - ebenso wie die in der Flüchtlingsdebatte genannten Begriffe «völkisch» oder «Umvolkung» - «dabei ähnlich wie im Nationalsozialismus nicht für das Staatsvolk als Ganzes, sondern für eine ethnische Kategorie, die Teile der Bevölkerung ausschließt».
«Volksverräter» sei ein Begriff «mit faschistischem und fremdenfeindlichem Hintergrund». Bei der «Unwort»-Wahl gehe «es nicht um einen Versuch der Zensur oder Sprachlenkung, sondern darum, für mehr Achtsamkeit im öffentlichen Umgang miteinander zu plädieren», hieß es in der Begründung. Wegen der besonderen Bedeutung von «Volksverräter»*seien dieses Mal keine weiteren Begriffe gerügt worden.
Die «Unwort»-Jury richtet sich nicht nach der Häufigkeit der Vorschläge, sondern entscheidet unabhängig. Der Ausdruck «Volksverräter» war dreimal eingesendet worden. Für 2015 hatte es insgesamt 1064 Einsendungen gegeben, weniger als in den Jahren davor.
Zum «Unwort des Jahres 2015» war der häufig von Rechtspopulisten verwendete Begriff «Gutmensch» gewählt worden. Für 2014 hatte das Gremium «Lügenpresse» ausgesucht, ein Begriff, der vor allem vom Pegida-Bündnis genutzt wird. «Es ist uns auch bewusst, dass wir mit «Volksverräter» ein Wort gewählt haben, das sich «Lügenpresse» an die Seite stellen lässt», teilte die Jury mit.
Im Jahr 2013 war «Sozialtourismus» das «Unwort», davor «Opfer-Abo» (2012) und «Döner-Morde» (2011).
Die Aktion gibt es seit 1991. Sie soll das Bewusstsein und die Sensibilität für Sprache fördern. Die Jury nimmt bei ihren Entscheidungen «sachlich unangemessene oder inhumane Formulierungen im öffentlichen Sprachgebrauch» in den Blick, «um damit zu alltäglicher sprachkritischer Reflexion aufzufordern».

Neben dem «Unwort des Jahres» gibt es auch das «Wort des Jahres». Dieser Begriff wird unabhängig von der «Unwort»-Jury von der Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) in Wiesbaden gewählt. Für 2016 entschied sie sich für den Begriff «postfaktisch». Zur Begründung hieß es, in politischen und gesellschaftlichen Diskussionen gehe es zunehmend um Emotionen anstelle von Fakten.
 
Das Ziel: ein sensiblerer Umgang mit Sprache in der öffentlichen Kommunikation

Die sprachkritische Aktion "Unwort des Jahres" möchte das Sprachbewusstsein und die Sprachsensibilität in der Bevölkerung fördern. Sie lenkt den Blick auf sachlich unangemessene oder inhumane Formulierungen im öffentlichen Sprachgebrauch, um damit zu alltäglicher sprachkritischer Reflexion aufzufordern.

Quelle


"sachlich unangemessene... Formulierungen" - Passt doch!

Und genauer:

...Volksverräter ist ein Unwort im Sinne unserer Kriterien, weil es ein typisches Erbe von Diktaturen, unter anderem der Nationalsozialisten ist. Als Vorwurf gegenüber PolitikerInnen ist das Wort in einer Weise undifferenziert und diffamierend, dass ein solcher Sprachgebrauch das ernsthafte Gespräch und damit die für Demokratie notwendigen Diskussionen in der Gesellschaft abwürgt. Der Wortbestandteil Volk, wie er auch in den im letzten Jahr in die öffentliche Diskussion gebrachten Wörtern völkisch oder Umvolkung gebraucht wird, steht dabei ähnlich wie im Nationalsozialismus nicht für das Staatsvolk als Ganzes, sondern für eine ethnische Kategorie, die Teile der Bevölkerung ausschließt. Damit ist der Ausdruck zudem antidemokratisch, weil er – um eine Einsendung zu zitieren – „die Gültigkeit der Grundrechte für alle Menschen im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik“ verneint...

Auszug aus der Begründung der Jury
 
Danke für die Zitate, es stammt sicher daher, aber ich denke das es noch andere Bedeutungen hat.

Welche? Gut, Frau petry wünscht sich zwar für bestimmte Begriffe neue Bedeutungen, aber das heißt nicht, dass sie diese dann auch haben...

Lexikon drittes Reich schrieb:
Volksverrat

im nationalsozialistischen Rechtsdenken das "Staatsverbrechen" schlechthin, Oberbegriff für die "Erscheinungsformen" Hoch-, Landes-, Gebietsverrat u. a. Volksverrat war jeder Angriff auf die Autorität des Staats bzw. auf die für den Nationalsozialismus grundlegende "Idee der Volksgemeinschaft". Der Volksverräter zerreißt nach diesem Denken das "Bewusstsein seiner heiligen Bindung" zum "Staat als einer verschworenen Treuegemeinschaft". Hoch- und Landesverrat seien dem Wesen nach ein und dasselbe Verbrechen; auf eine Unterscheidung komme es nicht mehr an, da ein Angriff auf den inneren Bestand des Staats immer auch den äußeren Bestand untergrabe und umgekehrt. Im nationalsozialistischen Strafrecht genoss schärfste Verfolgung des Volksverrats von Anfang an höchste Priorität. So wurde bereits 1933 für Hochverrat die Todesstrafe eingeführt (Verordnung vom 28. 2. 33, RGBl I, S. 85), wurden 1934 die Bestimmungen über Hoch- und Landesverrat (§§ 80-93 StGB) wesentlich verschärft (Gesetz vom 24. 4. 34, RGBl I, S. 341). Dem Reichsgericht wurde die Zuständigkeit für diese Verfahren entzogen und dem eigens dafür neu geschaffenen Volksgerichtshof als erster und letzter Instanz übertragen. Die Verratstatbestände wurden von den Gerichten zunehmend uferlos ausgelegt und damit beliebig anwendbar. Denn die Rechtsprechung sollte "vom festen Willen zur Ausrottung des Verrats" (Freisler) getragen sein. Nach den "Nationalsozialistischen Leitsätzen für ein neues deutsches Strafrecht" des Reichsrechtsamts der NSDAP war Volksverrat das "unmittelbar gegen das deutsche Volk gerichtete Verbrechen eines Volksgenossen, der die politische Einheit, Freiheit und Macht des deutschen Volkes zu erschüttern trachtet". Damit war jede missliebige Äußerung oder Verhaltensweise als Volksverrat strafbar.

Quelle

Einen anderen Ursprung hat dieses Wort nicht