Eintrag #1, 30.03.2005, 17:07 Uhr

Sprung #149, Saisonbeginn Gransee, 19.03.2005 Teil 1

Es ist 9.30 und endlich bin ich wieder unterwegs nach Gransee. Meinem Sprungplatz im Norden von Berlin, den ich nun schon fast 6 lange und zum teil dunkle Monate nicht gesehen habe. Während die Kilometer weniger werden, wird das Wetter immer besser. Entgegen jeder Prognose! Tja, ich habe schon einen Tag vorher meiner skeptischen Freundin einen Spruch beibringen müssen, der wohl an jedem Flugplatz Gesetz ist: "Wetter wird am Platz gemacht!"

Begleitet und gefahren werde ich von meinem Vater und einem guten Freund - René. Uns wird spätestens beim aussteigen auf dem Parkplatz bewusst, dass Sonnenschein nicht gleichbedeutend mit Wärme ist. Wir haben aber auch noch Zeit, denn erst einmal wollen wir noch so einige Dinge regeln. Nach einer guten Stunde fahrt, ist erst einmal der beste Milchkaffee dran den man für Geld bekommen kann. Im "HookInn", dem Platzbistro begrüßt man uns herzlich und mit einem ehrlichen Lächeln auf den Lippen.
Die Situation ähnelt irgendwie dem Frühlingsanfang, der vor der Tür steht und von mir aus schon längst hätte da sein können. Das Eis, dass sich über den Winter gebildet hat, bricht recht schnell und man fühlt sich wieder wohl. Die Atmosphäre im "HookInn" ist einfach Kult und man hört schon wieder erste typische Skydiver-gespräche. Es wird nach Springern gefragt die noch nicht da sind, warum sich etwas im Staff von der Dropzone geändert hat oder einfach nur ob man im Winter die Möglichkeit hatte zu Springen. Nein hatte man leider nicht, für Florida hat es nicht gereicht...

Zurück zum Auto und Fallschirmsystem, sowie die wichtige Ausrüstung rausgeholt. In der Packhalle stellen wir 3 fest das, dass Flugzeug mal wieder gewechselt hat. Anstelle der D-Falk nun also die D-Fast. Soll uns egal sein, denn beide Flieger sind Baugleich(Cessna Caravan). Wir legen unser Zeug an den Metallregalen im hinteren Bereich der Halle ab und im vorbeigehen begrüßen wir mit Handshake einen anderen Springer, der gerade seinen Schirm packt. Dabei fällt mir mal wieder ein, dass ich mich endlich mal von Ihm im Freifall filmen lassen möchte. Damit ich für mich selber ein Videobeweis habe, dass ich mittlerweile stabil im Sitzen und auf dem Kopf fliegen kann. Bei uns nennt sich das auch Video-Debriefing, bzw. das springen mit einem Instruktor.
Die Erinnerung an meinen Geldbeutel holt mich zurück in die Realität und ich beschliesse das auf ein anderes mal zu verschieben. Instruktorsprünge sind teurer als normale, denn seine Erfahrung und die Sprünge die er dafür benötigt hat, sollen sich wenigstens einigermaßen rentieren.

Ich schalte meinen Cypres als erster an, Routine ist wichtig. Mein Vater muss auf die Toilette - typisch. Also mach ich das mit dem Sicherheitsauomaten für ihn. Der würde ihm nämlich im absoluten Notfall, in 225m den Reservefallschirm computergestützt rausfeuern und ihm somit das Leben retten. Später fragt er mich verdutzt, ob ich das Teil angeschaltet habe. Das beruhigt mich, denn es zeigt mir das er es nicht vergessen hätte.
In der Halle ist es bitterkalt, also beschliessen wir ins Büro, bzw. Manifest zu gehen. Dort müssen wir die alljährliche Enthaftungserklärung unterschreiben und uns schon mal vorsorglich für den ersten Sprung "manifestieren".
Ich lese mir das Kleingedruckte das erste mal in meinem Leben als Springer nicht durch und frage meinen Vater anstattdessen, ob nur wieder drin steht das wir in diesem Sport draufgehen könnten, wenn wir uns blöd anstellen. Lachend nickt er und weist mich darauf hin, dass meine Postleitzahl aber falsch ist. Ach ja, ich bin ja umgezogen...

Wir sind extra früh rausgefahren, damit wir an einem Refresher-Seminar teilnehmen können. Die theoretische Grundausbildung liegt schon so weit zurück, also kann es nicht schaden. Wir müssen leider noch eine gute Stunde warten, eh der Aufruf durch die Lautsprecher hallt, dass wir uns auf dem Weg zum Theorieraum machen können. Selbstverständlich bin ich in diesem Augenblick gerade auf Toilette.:roll:
Die Theorie dauert anstelle der angekündigten 2 Stunden, satte 5 und es wird mehr wiederholt als mir lieb ist. Mindestens 30 Blicke aus dem Fenster bestätigen mir immer das gleiche Bild: Top Wetter, ich will da rauf! Die Gesichter der anderen verraten mir das selbe.
Irgendwann kommt ein anderer Sprunglehrer rein und meint das es gar nicht so kalt sei. Harry:"In 4000m sind's 10 Grad!". Ungläubige Blicke gehen durch den Raum und selbst der Theorielehrer Arno schaut seinen Kollegen komisch an. Harry nach einer kleinen Pause:"Gut, Minus aber es geht..."
Das Lachen kündigt dann endlich ein Ende des Unterrichts an.

Beim rausgehen denke ich kurz darüber nach, ob ich mir jetzt noch das Hängergurtzeug und Arnos Drill antun soll, aber ich verwerfe diesen Gedanken bei einem Blick auf die Uhr. Ich will wenigstens 1 verdammtes mal in die Luft. Theorie war ja insgesamt gut und für mich auch vollkommen ausreichend.

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Ende Teil 1
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