Eintrag #595, 12.01.2018, 17:24 Uhr

Gedanken zur Nacht....Mein armes Lied



Mein Angesicht liegt nachts auf deinen Händen
Es leuchten stille Kerzen von den Wänden
Und werfen um mich einen feierlichen Schein.
Ich will dein heiliger Widder sein,
Führ mich zur Opfergabe in den Hain.

Die Welt bricht auf an allen Enden
Und an den Stöcken glüht in zarten Ampeln süßer Wein.
Und Mond und Sterne gehen auf mit meinem Herzen im Verein.
Und meine Lenden sprießen feierlich verzückt: vergessene goldene Legenden.

Und die Welten um mich streiten sich
Und berauschen sich am blutigen Weine.

Weißt du noch im Mondenscheine?
Du und ich –
Eh noch mein Herz verblich
Und ich deinem Herzen glich
Tausendmal und eins verklärt um dich –

Bette meine Liebe fürsorglich
Zwischen leisverpochendem Gebeine –
Müde bin ich wie der rote Rotdorn und der weiße kleine –
An der Hecke drüben und – sich mußten lieben
Und – nie fanden sich –

 

 

Else Lasker-Schüler (1869 - 1945), deutsch-jüdische Dichterin, Vertreterin der avantgardistischen Moderne und des Expressionismus in der Literatur. Kleist-Preis 1932

 

 
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