Eintrag #2, 14.07.2005, 12:20 Uhr

Der Kilgoth Mirna Teil 1

KILGOTH MIRNA

Kilgoth Mirna gilt als Shootingstar der deutschsprachigen Literaturszene. Mit seiner kontroversen Lyrik und Prosa, worin er sowohl gesellschaftskritische Elemente als auch eine kathartische Humoristik vereinigt und die modern-kapitalistische Lebensweise karikiert, brachte ihm schnell eine große Anhängerschaft ein, die seit nunmehr mehreren Jahren, organisiert im KILL-GOD e.V., monatlich in Papenburg zusammenkommt, um ihrem Idol zu huldigen.

Mirna, 1982 im ungarischen Celldömölk geboren, erlebte seine frühe Kindheit in ärmlichen Verhältnissen, ehe er im Alter von 7 Jahren gemeinsam mit seinem 6 Jahre älteren Bruder eine Flucht über die Alpen nach Deutschland wagte. Dass sein Bruder dabei ums Leben kam, nachdem ihm von einer tollwütigen Bergziege der linke Fuß abgerissen worden war, verarbeitete Kilgoth Mirna später in seiner Gedichtsammlung GODOG. Mit den insgesamt 441 Gedichten, die alle mit der Zeile „Grüner Schlag aus Bruders Hain“ beginnen und enden, gelang ihm ein erster literarischer Achtungserfolg, wenngleich das Werk bis heute nicht die ihm zustehende Anerkennung gefunden hat und im Übrigen wohl auch nicht mehr finden wird, da Mirna es im Jahre 2002 ohne nähere Erläuterungen vom Markt nehmen ließ, was im darauffolgenden Jahr zum berüchtigten Amoklauf seitens eines erbosten Anhängers in einer Babelsberger Buchhandlung führte, bei dem 13 Menschen verletzt wurden.

Kilgoth Mirna lebte nach seiner Ankunft in Deutschland 2 Jahre lang in der bayrischen Provinz, versteckt im Keller einer serbo-kroatischen Flüchtlingsfamilie. Dort brachte er sich anhand nur zweier Bücher – „Glühender Zorn“ von G.F.Unger und einem schlesischen Kochbuch – die deutsche Sprache bei. Sprachforscher halten es für äußerst bemerkenswert, dass sich diese frühe Prägung nicht auf seinen literarischen Stil ausgewirkt hat. Nach der Abschiebung seiner Gastfamilie stand Mirna vor dem Nichts und hielt sich zunächst mit der erstaunlichen Darbietung von Spontandichtung [auf Zuruf von Stichwort seitens der Zuhörer kreierte er Lyrik] in der Nürnberger Fußgängerzone über Wasser. Dort wäre das Kapitel Kilgoth Mirna auch fast geendet, da die Vorstellungen des 9-Jährigen das Ordnungsamt auf den Plan riefen. Mirna, der weder eine Aufenthaltsgenehmigung besaß, noch sich in irgendeiner Form ausweisen konnte, wäre wohl abgeschoben worden, wenn der zuständige Beamte für diesen Vorgang nicht zufällig der Cousin des Hamburger Kultursenators Winfried Knabermann gewesen wäre, der großes Interesse an dem Jungen zeigte und dessen Bleiben ermöglichte – eine Handlung, die ihn später sein Amt kosten sollte.

So kam Kilgoth Mirna nach Hamburg in die Villa Hölderland des Kultursenators, wo er in Privatunterricht seine bislang verpasste Schulbildung nachholte, wobei er sich als dermaßen intelligent herausstellte, dass er die gesamte Schullaufbahn in gerade einmal 6 Jahren absolvierte. Schon früh zeigten die hochrangigen Gäste, die in der Villa Hölderland ein- und ausgingen, Interesse an dem aufgeweckten Jungen und seinen literarischen Entwürfen – zunächst hauptsächlich Gedichte und Kurzgeschichten. Nach seinem Abitur nahm sich Mirna ein Jahr Zeit, um seine mehr als 1300 Seiten starke Chronica obscura zu verfassen, in der er die Leidensgeschichte eines riesenhaften Krampfaderfetischisten, der von einem herabstürzenden Schweinetrog verstümmelt wird, erzählt, allerdings unter Einbeziehung des 22 Generationen umfassenden Familienstammbaums der Vorfahren. Das Werk wurde aber nie veröffentlicht, da Mirna selbst mit dem Erzählfluss unzufrieden war. Der renommierte Literaturkritiker Peter Berling, der das Werk laut eigener Aussage zu lesen bekommen haben will, spricht jedoch von einem „beängstigende[n] Meisterwerk, das den menschlichen Verstand […] übersteigt.“

Enttäuscht von seinem Rückschlag studierte Mirna im Folgenden erst einmal Philosophie und Design, wobei er aus dem letztgenannten Studiengang wohl nur seine Vorliebe für skurrile Kostümierungen zog.

1999 veröffentlichte er die Gedichtsammlung GODOG, deren zumindest kommerziell verhaltener Erfolg ihn darin bekräftigte, sich ganz der Literatur zu widmen, da ihm „schlichte Kausalität schon immer zu langweilig war.“

Seine Arbeit an weiteren Gedichten unterbrach Mirna nach dem unerwarteten Unfalltod seines Gönners Winfried Knabermann. Er verfasste eine bösartige Parabel auf dessen Leben, um den Verlust des Freundes zu verarbeiten. Das verhältnismäßig dünne Buch „In den Wind geschissen“ erschien Anfang 2000 und brachte ihm gemischte Reaktionen ein, wurde schließlich aber zum echten Verkaufsschlager und gilt mittlerweile bereits als Standardwerk der Literaturbesprechung gymnasialer Oberstufen.
 
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