Zusatzbeiträge für Millionen Versicherte ab Februar

25. Januar 2010, 17:42 Uhr · Quelle: dpa
Berlin (dpa) - Mit Zusatzbeiträgen leiten die ersten großen Krankenkassen nahezu flächendeckende Beitragserhöhungen ein. Millionen Versicherte müssen ab Februar acht Euro mehr im Monat bezahlen. Mit der DAK und der KKH-Allianz kündigten erstmals zwei Branchengrößen den Extrabeitrag an.

Opposition und Sozialverbände warnten vor neuer Ungerechtigkeit und warfen Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) Untätigkeit vor. Rösler warb für einen Sozialausgleich und kündigte rasch eine Debatte über Kostensenkungen bei Arzneimitteln an.

«Ich werde meinem Verwaltungsrat empfehlen, ab Februar acht Euro zu nehmen», kündigte der DAK-Vorsitzende Herbert Rebscher am Montag in Berlin an. Der Beitrag solle von den rund 4,6 Millionen DAK-Mitgliedern pauschal erhoben werden. Die Versicherung KKH-Allianz kündigte Acht-Euro-Zusatzbeiträge für ihre 1,5 Millionen Mitglieder für die erste Jahreshälfte an. Auch bei der Deutschen BKK - sie hat rund 750 000 zahlende Mitglieder - stehe das Thema an, sagte Vorstand Achim Kolanoski. Die BKK Westfalen-Lippe peilt einen Extra-Beitrag ab 1. Februar an, wie ihr Chef Willi Tomberge sagte: «Es werden über acht Euro sein.» Die ktpBKK will mit der Novitas BKK fusionieren und ab 1. April acht Euro erheben, berichtete die Kasse. Der Chef der AOK Schleswig-Holstein, Dieter Paffrath, deutete an, er dürfe wegen noch fehlender Beschlüsse derzeit nichts zu Zusatzbeiträgen mitteilen.

«Hier sind Leute, die das Tabu brechen», sagte Rebscher. Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt kritisierte dagegen die gemeinsame Ankündigung als wettbewerbsfeindlich: «Die Aufsichtsbehörden müssen kartellartige Verhaltensweisen von Anfang an unterbinden.» Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) forderte von den Kassen in der «Welt» (Dienstag), Ausgaben zu durchforsten statt Mehrkosten auf die Versicherten abzuwälzen.

Die gesetzlichen Kassen müssen in diesem Jahr insgesamt ein Defizit von rund 4 Milliarden Euro schultern - trotz eines einmalig um 3,9 Milliarden Euro erhöhten Steuerzuschusses zum Ausgleich krisenbedingter Ausfälle. Spätestens im kommenden Jahr würden Zusatzbeiträge für fast alle gesetzlich Versicherten fällig, kündigte die Chefin des Kassen-Spitzenverbandes, Doris Pfeiffer, im Deutschlandfunk an. Der Einheitssatz beträgt derzeit 14,9 Prozent.

Bereits im Jahresverlauf würden viele Kassen per Extrabeitrag auf die Finanzklemme reagieren, sagte der Münchner Gesundheitsökonom Günter Neubauer. Auch höhere Beiträge als zu Anfang werde es wohl geben. Zunächst sollen mehr als 12 Millionen Menschen betroffen sein. Versicherte können ihre Mitgliedschaft zum Ende des übernächsten Monats kündigen, wenn die Kasse erstmals solche Beiträge nimmt. Die Deutsche Gesellschaft für Versicherte und Patienten riet von Kassenwechsel angesichts des Trends zu Zusatzbeiträgen ab. Die Verwaltungskosten für die neuen Beiträge bezifferten die Kassenchefs auf mindestens eine Milliarde Euro.

Die Zusatzlasten heizten den Reformstreit an. AOK-Vertreter Paffrath kritisierte, die Ärzte bekämen dieses Jahr 5,3 Prozent mehr, die Kliniken 5,6 und der Arzneisektor 6,1 Prozent. Nötig seien Kostensenkungen. Rösler kündigte an, schon demnächst werde über eine stärkere Kosten-Nutzen-Bewertung bei Arznei beraten.

Die Union deutete an, die Obergrenze bei den Zusatzbeiträgen zur Disposition stellen, Belastungen aber ausgleichen zu wollen. Derzeit müssen die Kassen bei Zusatzbeiträgen über acht Euro die Einkommen ihrer Mitglieder prüfen - mehr als ein Prozent des Monatsbruttos dürfen sie nicht erheben. CDU-Experte Jens Spahn sagte: «Natürlich gibt es bei den Zusatzbeiträgen Fortentwicklungsbedarf.» Rösler sprach sich aber gegen eine Aufhebung der Obergrenze aus. «Richtig ist, dass die Zusatzbeiträge eben sozial ausgeglichen werden müssen.» Er betonte aber: «Dafür brauchen Sie ein neues System.»

Das Bundesfinanzministerium stellte klar, dass die Kassen für einen Sozialausgleich keine weitere Steuermittel erwarten dürften. Eine Grenze sei erreicht, sagte ein Sprecher.

SPD, Linke, AOK und Sozialverbände warnten vor einer Wende bei der Finanzierung der Kassen auf dem Rücken der Versicherten: Die Arbeitgeber blieben außen vor. Sie riefen Rösler zum Verzicht auf Kopfpauschalen auf. Geringverdiener müssten befreit werden, forderte der Paritätische Wohlfahrtsverband. Die AWO warnte vor Entsolidarisierung. Die Grünen beantragten für Donnerstag eine Aktuelle Stunde im Bundestag zum Thema.

Gesundheit / Krankenkassen
25.01.2010 · 17:42 Uhr
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