Zeuge im NSU-Prozess: Polizistin war kurz nach Anschlag tot

München (dpa) - Die mutmaßlich vom NSU ermordete Polizistin Michèle Kiesewetter war beim Eintreffen der ersten Rettungskräfte bereits tot. «Ich bin auf die Fahrerseite, wo die Kollegin Kiesewetter teilweise heraushing», berichtete ein Hauptkommissar, der als einer der ersten am Tatort eingetroffen war, vor Gericht.

«Ich bin davon ausgegangen, dass ich keine ersten Maßnahmen mehr treffen kann.» Kurz darauf sei ein Sanitäter hinzugekommen. «Er hat nach ein paar Sekunden gesagt, dass er nichts mehr für sie tun kann.»

Kiesewetters Kollege Martin A., der mit ihr im Streifenwagen pausiert hatte, überlebte das Attentat am 25. April 2007 trotz eines Kopfschusses schwer verletzt. «Ich habe seinen Puls gefühlt; er hat die Augen aufgemacht», schilderte der Beamte. Die Polizisten waren um 14.12 Uhr von einem Taxifahrer alarmiert worden und hatten den Tatort wenige Minuten später erreicht. Die Tat soll laut Anklage kurz vor 14.00 Uhr stattgefunden haben.

Der heute 31-jährige A. soll am Nachmittag als Zeuge vernommen werden. Laut Anklage verübten die beiden Neonazi-Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt den Mordanschlag - ebenso wie neun weitere auf Bürger türkischer und griechischer Herkunft. Beate Zschäpe ist als Mittäterin angeklagt. Alle drei sollen die Terrorgruppe «Nationalsozialistischer Untergrund» (NSU) gebildet haben.

Kiesewetter, damals 22 Jahre alt, hatte sich erst wenige Tage vor dem Einsatz freiwillig für den Dienst gemeldet. Die Ermittler suchten ausführlich nach möglichen Verbindungen zwischen den NSU-Mitgliedern und der Polizistin, die ebenfalls aus Thüringen stammte - jedoch ohne Erfolg. Die Bundesanwaltschaft hält Kiesewetter und Martin A. für «Zufallsopfer» - die Terroristen hätten sie als Vertreter des ihnen verhassten Staates angegriffen.

Am Vormittag zeigte ein Kriminalhauptkommissar Fotos vom Tatort. Die Opfer hatten ihren Wagen am Rand der Heilbronner Theresienwiese mit offenen Türen im Schatten eines Transformatorenhäuschens geparkt - ein bekannter Pausenort für Streifenwagenbesatzungen. Die Fotos der Opfer waren abgeklebt, aber die Bilder der blutverschmierten Dienstkleidung und die Rekonstruktion der Schussbahnen gaben einen Eindruck von der Brutalität der Tat.

Die Täter näherten sich dem Streifenwagen wohl von hinten und schossen den Beamten jeweils von schräg hinten in den Kopf. Die Dienstpistolen der Opfer nahmen sie an sich; außerdem stahlen sie Pfefferspray und Handschellen von Kiesewetter. Die Gegenstände waren für sie möglicherweise Trophäen: Die Dienstwaffen wurden in dem Campingwagen gefunden, den Böhnhardt und Mundlos bei ihrem letzten Banküberfall am 4. November 2011 in Eisenach nutzten. Außerdem fanden die Ermittler an einer Jogginghose von Uwe Mundlos Blutspuren Kiesewetters. Mundlos hatte die Hose seit dem Attentat nicht mehr gewaschen.

Prozesse / Terrorismus / NSU
16.01.2014 · 13:25 Uhr
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