Zentralbanken springen ein

Brüssel/Frankfurt (dpa) - Politiker streiten, Zentralbanken handeln in der Euro-Schuldenkrise: Mit einer weltweit abgestimmten Aktion an den Geldmärkten setzten die Notenbanken am Mittwoch ein Zeichen.

Die Federal Reserve in den USA, die EZB in Europa und andere Notenbanken erleichtern ihre Währungsgeschäfte untereinander, um Finanzierungsengpässe bei Banken zu verhindern. In der Europäischen Union geht der Streit über Maßnahmen gegen die Krise weiter - die EU-Staats- und Regierungschefs wollen sich am 8. und 9. Dezember in Brüssel treffen.

Die psychologisch wichtige Maßnahme der Notenbanken - eine Art Zeichen internationaler Solidarität in der Krise - beflügelte die Börsen. Der deutsche Leitindex Dax übersprang 6000 Punkte und lag am Nachmittag mehr als vier Prozent im Plus.

Auch an den Anleihemärkten entspannte sich die Lage deutlich. Die Rendite für zehnjährige italienische Staatsanleihen sank beispielsweise wieder unter die wichtige Marke von sieben Prozent. Der Euro legte um gut zwei Cent auf knapp 1,35 US-Dollar zu.

Beim Treffen der EU-Finanzminister in Brüssel richtete sich der Blick dagegen auf den Gipfel in der kommenden Woche: Dann soll ein neues Paket geschnürt werden, um die Krise endlich in den Griff zu bekommen. «Wir kommen nun in die kritische Phase von zehn Tagen, um die Krisenantwort der EU zu beschließen», sagte EU-Währungskommissar Olli Rehn am Rande von Beratungen.

Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy will am Donnerstag in Toulon eine Grundsatzrede zur Zukunft der EU halten, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) folgt am Freitag mit einer Regierungserklärung im Bundestag. Erwartet wird, dass beide Politiker Details zur geplanten Änderung der EU-Verträge nennen, gegen die es in der EU erhebliche Widerstände gibt.

Mit der Änderung der Verträge soll die Haushaltspolitik in der Eurozone künftig stärker zentral gesteuert werden. Weitere Themen bei dem EU-Gipfel dürften stärkere Rollen von EZB und Internationalen Währungsfonds (IWF) bei der Lösung der Krise sein. Vor allem Deutschland lehnt eine geforderte Ausweitung der Staatsanleihekäufe durch die EZB strikt ab.

Mit der Aktion der Zentralbanken sollen dem globalen Finanzsystem mehr flüssige Mittel zur Verfügung gestellt werden, um eine Kreditklemme zu verhindern. Beteiligt waren auch die Zentralbanken Japans, Großbritanniens, Kanadas und der Schweiz. Bei den sogenannten Dollar-Tauschgeschäften geht es darum, anderen Notenbanken Finanzmittel in US-Dollar bereitzustellen. Am Mittwoch senkten die beteiligten Zentralbanken die Zinsen für solche Geschäfte, wie die EZB in Frankfurt mitteilte. Damit wird es zum Beispiel für europäische Banken leichter, an Dollar zu kommen.

«Letztlich ist es eine Hilfe für das europäische Bankensystem», sagte der Volkswirt Klaus Adam von der Universität Mannheim der dpa. Die Banken hätten in der letzten Zeit Schwierigkeiten gehabt, sich in Dollar zu refinanzieren, weil ihre in Euro laufenden Wertpapiere von der Gegenseite zunehmend nicht mehr als Sicherheiten akzeptiert worden seien.

Indes ziehen Ratingagenturen weiter die Zügel an: Dieses Mal versetzte Branchenprimus Standard & Poor's mit einem Rundumschlag vor allem die US-Bankenwelt in Aufruhr. S&P senkte unter anderem die Bewertung der Citigroup, Bank of America, Goldman Sachs, Morgan Stanley und von Branchenprimus JPMorgan Chase jeweils um eine Stufe. Die deutschen Institute kommen dagegen glimpflich davon.

Die Euro-Finanzminister beschlossen in Brüssel, den Krisenfonds EFSF für klamme Eurostaaten mit einem Hebel erheblich zu stärken. Die Eurogruppe erklärte, sie erwarte eine Verdreifachung des Kreditvolumens von derzeit rund 250 Milliarden Euro, möglicherweise sogar eine Verfünffachung. Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble meinte ebenso wie EFSF-Chef Klaus Regling, eine genaue Zahl gebe es nicht.

In Deutschland beschäftigte die Eurokrise weiter das Bundesverfassungsgericht. Dort wollen die Grünen einklagen, von der Bundesregierung besser über geplante Maßnahmen in der Krise informiert zu werden. Sie meinen, dass die Regierung den Bundestag unter anderem bei den Verhandlungen über den dauerhaften Rettungsschirm ESM nicht rechtzeitig und ausreichend informiert habe. Ein Urteil wird wohl Anfang des kommenden Jahres verkündet.

Die Angst vor einem Auseinanderbrechen der Eurozone erreichte laut einem Zeitungsbericht inzwischen auch die Industrie: Mehrere Großunternehmen spielten derzeit ein mögliches Aus des Euro durch, berichtet die britische «Financial Times». Sie berief sich auf Aussagen von Entscheidern aus international ausgerichteten Firmen. Allerdings gilt es als Routine, dass sich exportorientierte Firmen auf Krisenszenarien einstellen.

In Griechenland ist die Freigabe der neuen Milliarden-Hilfe für das pleitebedrohte Land mit Erleichterung aufgenommen worden. Am Dienstag hatten die Euro-Finanzminister die Kredittranche von acht Milliarden Euro freigegeben. Dennoch begannen neue massive Streiks, die am Donnerstag ihren Höhepunkt haben sollen.

Im pleitebedrohten Euroland Portugal billigte das Parlament den umstrittenen Sparhaushalt für 2012 endgültig. Der Etat wurde am Mittwoch in Lissabon mit den Stimmen aller Vertreter der liberal-konservativen Mehrheitsregierung verabschiedet.

EU / Finanzen / EZB
30.11.2011 · 22:18 Uhr
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