Zentralbank Russlands erhöht Leitzins auf 19%: Der Kampf gegen Inflation und wirtschaftliche Herausforderungen
Die Russische Zentralbank hat ihre Geldpolitik jüngst verschärft und den Leitzins auf 19 Prozent angehoben. Grund für diesen Schritt sind die fortdauernden inflationsbedingten Belastungen der Wirtschaft durch den Krieg in der Ukraine. Darüber hinaus warnte die Bank, dass bei ihrer nächsten Sitzung im Oktober eine weitere Anhebung des Zinssatzes möglich sei. Ihr Ziel ist es, die Inflation von derzeit 9,1 Prozent auf das angestrebte Niveau von 4 Prozent im Jahr 2025 zu senken. Obwohl die russische Wirtschaft in diesem Jahr gewachsen ist, wird ein großer Teil dieses Wachstums zur Unterstützung der Kriegskosten verwendet. Der Anstieg der Verteidigungsausgaben hat die beharrlich hohe Inflationsrate angeheizt, die laut der Zentralbank bislang keinerlei Anzeichen einer Entspannung zeigt. Seit 2021 sind die Ausgaben der russischen Regierung um fast 50 Prozent gestiegen. Diese Mittel fließen vornehmlich in den Militär- und Verteidigungssektor, um den Krieg in der Ukraine zu finanzieren. Doch Präsident Wladimir Putin steht vor der Herausforderung, gleichzeitig den Krieg fortzuführen, den Lebensstandard der Bevölkerung aufrechtzuerhalten und die makroökonomische Stabilität zu sichern. Laut einem früheren Mitarbeiter der russischen Zentralbank wird die Fortsetzung der Kriegskosten die Inflation hochhalten und die wirtschaftlichen Probleme des Landes verschärfen. Analysten sind sich uneinig, ob die derzeitigen Verteidigungsausgaben langfristig tragbar sind. Ein Experte des Carnegie Russia Eurasia Center schätzt jedoch, dass Russland dank seiner beträchtlichen Reserven in der Lage sein wird, die aktuellen Ausgabenniveaus noch zwei bis drei Jahre aufrechtzuerhalten. Die Arbeitslosigkeit in Russland liegt auf historischem Tiefstand, da der gestiegene Verteidigungsetat zunehmend mehr Arbeitskräfte benötigt. Russische Medien berichten von einem Arbeitskräftemangel von fast fünf Millionen Personen, wobei allein im Verteidigungssektor rund 400.000 Mitarbeiter fehlen. Dieser Arbeitskräftemangel wird durch mehrere Faktoren verstärkt, darunter der Rückgang der Arbeitsmigranten aus Zentralasien, die monatliche Einberufung von Zehntausenden Soldaten und eine durch den Krieg bedingte Auswanderungswelle. Unternehmen versuchen, durch erhebliche Gehaltserhöhungen mehr Arbeitskräfte zu gewinnen, was zusätzlich die Inflation antreibt. Im kommenden Jahr plant Russland seine erste große Steuerreform seit 20 Jahren. Moskau erwartet dadurch zusätzliche Einnahmen von schätzungsweise 30 Milliarden US-Dollar. Diese Reform soll laut einem Analysten von Carnegie Politika dabei helfen, das Budget auszugleichen, ohne die Militärausgaben reduzieren zu müssen. Die Steuererhöhung richtet sich hauptsächlich an die wohlhabendsten Bürger des Landes und wird von Putin als sozial gerechte Maßnahme dargestellt. Allerdings äußerte ein ehemaliger französischer Geheimdienstoffizier Zweifel daran, dass die angestrebten Mehreinnahmen tatsächlich erreicht werden. Ein Grund dafür ist der drastische Einkommensrückgang großer Unternehmen wie Gazprom, die möglicherweise trotz höherer Steuersätze weniger Steuern zahlen werden.