Wasserstoff-Netzwerk in Deutschland: Eine Investition mit Ungewissheit

In einem unerwarteten Wendepunkt könnten die ambitionierten Wasserstoffinfrastrukturpläne Deutschlands einem starken Gegenwind ausgesetzt sein. Eine kürzlich veröffentlichte Studie, initiiert von einer Gruppe von Gas- und Wasserstoffspeicherbetreibern, zeichnet ein überraschendes Bild des zukünftigen Wasserstoffbedarfs in Deutschland – weit entfernt von den bisherigen Prognosen.
Zweifel am Wasserstoffbedarf
Ein Schlüsselelement der Wasserstoffstrategie der Bundesregierung ist das geplante 20 Milliarden Euro teure und 9700 Kilometer umfassende Wasserstoff-Kernnetz. Frühere Annahmen des Fernleitungsnetzbetreibers FNB Gas prognostizierten einen jährlichen Wasserstoffverbrauch von 279 Terawattstunden (TWh) bis 2032.
Die neue Studie der Speichergruppe INES, durchgeführt von der Energieberatungsfirma Aurora, stellt diese Annahme jedoch infrage. Sie prognostiziert, dass der Bedarf bis 2030 zwischen nur 73 und 123 TWh liegen könnte.
Mögliche Überkapazitäten
Die Aurora-Studie weist darauf hin, dass Grenzübergangspunkte mit Importen von weniger als 10 Gigawattstunden pro Stunde (GWh/h) ausreichend sein könnten, um den Bedarf zu decken. Dies steht in scharfem Kontrast zu den 59 GWh/h, die im FNB-Plan vorgesehen sind. Diese Diskrepanz unterstreicht das Risiko von Überkapazitäten in einem Netzwerk, das möglicherweise nie voll ausgelastet wird.
Vorsichtige Worte aus der Industrie
Sebastian Heinermann, Direktor von INES, betont die Unsicherheiten in der aktuellen Netzplanung und die Gefahr der Entwicklung von Überkapazitäten, die womöglich nie genutzt werden. Zu den Mitgliedern der INES-Gruppe gehören namhafte Unternehmen wie Astora aus der SEFE-Gruppe, VNG Gasspeicher, Uniper und RWE.
Was bedeutet das für Deutschlands Energiezukunft?
Diese Entwicklungen stellen die Weichen für eine mögliche Neuausrichtung der deutschen Energiepolitik. Die Investitionen in das Wasserstoffnetzwerk, die als zentraler Bestandteil der Energiewende galten, könnten nun einer kritischen Überprüfung unterzogen werden. Die Studie von Aurora und INES fordert eine Anpassung der Strategien und Investitionen an die realistischen Bedarfsszenarien.
Das Szenario ist bezeichnend für die Herausforderungen, mit denen sich Deutschland bei der Umsetzung seiner Energiewende konfrontiert sieht.
Es verdeutlicht die Notwendigkeit, flexible und anpassungsfähige Pläne zu entwickeln, die auf veränderte Marktbedingungen und technologische Entwicklungen reagieren können. Nur so kann Deutschland sicherstellen, dass seine Investitionen in die Zukunft tragfähig und nachhaltig sind.

