Warum eine Fregatte durch die Taiwan-Straße fährt – trotz Chinas Warnungen
Ohne große Ankündigung durchquerte am Wochenende eine deutsche Fregatte die umstrittene Taiwan-Straße. Ein Schachzug, der in Peking für erheblichen Unmut sorgt. Denn die Meerenge zwischen China und Taiwan gehört zu den heißesten Zonen der internationalen Politik.
Und trotzdem fährt die „Baden-Württemberg“ mitten hindurch – fast wie eine stille Herausforderung an die Volksrepublik.
„Es sind internationale Gewässer, also fahren wir durch“, kommentierte Verteidigungsminister Boris Pistorius die Mission trocken.
Doch die Bedeutung dieser Fahrt ist alles andere als banal. Es ist ein symbolischer Akt, der zeigt, dass Deutschland es mit seiner sogenannten „Zeitenwende“ in der Außenpolitik ernst meint. Wo früher Zurückhaltung herrschte, zeigt Berlin heute Flagge – selbst, wenn das die Nerven eines der wichtigsten Handelspartner strapaziert.
Wir berichteten bereits:
Warum die Taiwan-Straße so brisant ist
Die nur 180 Kilometer breite Meerenge trennt das chinesische Festland von der Insel Taiwan. Taiwan, ein demokratisch regierter Staat, den Peking jedoch als „abtrünnige Provinz“ betrachtet, ist seit Jahrzehnten ein Zankapfel zwischen China und dem Westen. Für die Chinesen gehört die Straße zu ihrem Hoheitsgebiet, die USA und ihre Verbündeten bestehen auf dem Recht zur freien Durchfahrt.
Doch hier geht es nicht nur um Politik. Rund 45 Prozent des weltweiten Handelsvolumens fließt durch die Taiwan-Straße. Außerdem stammen rund 90 Prozent der globalen Chipproduktion – die Grundlage moderner Technologie – aus Taiwan. Sollte China diese Region militärisch blockieren, wären die globalen Folgen verheerend. Und das ist keine übertriebene Warnung.
Chinas Reaktion: Diplomatische Säbelrasseln
Die Durchfahrt der deutschen Schiffe blieb von China nicht unbeachtet. „Das Verhalten der deutschen Seite erhöht das Sicherheitsrisiko und sendet falsche Signale“, polterte Marineoberst Li Xi vom Ostverband der chinesischen Armee.
Peking sieht die Meerenge als Teil seines Territoriums, doch Deutschland – wie auch viele andere Staaten – folgt dem internationalen Seerecht, das die Straße als internationales Gewässer definiert.
Dabei hat China klare Ambitionen. Präsident Xi Jinping hat mehrfach betont, dass Taiwan bis 2049 wieder Teil Chinas sein soll – wenn nötig mit Gewalt. In den letzten Jahren hat Peking seine militärische Präsenz in der Region verstärkt,
schickt regelmäßig Kampfflugzeuge in den taiwanischen Luftraum und Kriegsschiffe durch die Meerenge. Der Machtanspruch Chinas ist unmissverständlich.
Deutschland zwischen den Fronten
Warum also riskiert Berlin diese Provokation? Seit der Ukraine-Krieg im Februar 2022 begann, hat sich die deutsche Außenpolitik stark verändert. Die „Zeitenwende“, die Kanzler Olaf Scholz damals ausrief, hat das Ziel, Deutschlands Rolle in der Weltpolitik zu stärken.
Das betrifft nicht nur Europa, sondern auch den fernen Indo-Pazifik. Hier geht es um mehr als nur diplomatische Gesten – es geht um die Verteidigung der regelbasierten internationalen Ordnung, die zunehmend unter Druck gerät, sei es durch Russland oder durch China.
Doch das ist nicht ohne Risiko. Deutschland hat enge wirtschaftliche Beziehungen zu China. Eine Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft zeigte, dass deutsche Unternehmen im Jahr 2023 mehr in China investiert haben als je zuvor.
Würde China wirtschaftliche Vergeltungsmaßnahmen ergreifen, könnte das schwerwiegende Folgen für die deutsche Wirtschaft haben. Doch ein militärischer Konflikt in der Taiwan-Straße wäre noch desaströser – nicht nur für Deutschland, sondern für die ganze Weltwirtschaft.
Krieg um Taiwan: Ein Alptraum für die Weltwirtschaft
Ein Krieg um Taiwan wäre ein globaler Schock, der alles bisher Gesehene in den Schatten stellen würde. Experten schätzen, dass die Kosten eines solchen Krieges etwa zehn Billionen Dollar betragen könnten – zehn Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung. Damit würden die wirtschaftlichen Schäden des Ukraine-Kriegs und der Corona-Pandemie wie kleine Schrammen wirken.
Die Welt ist auf die Chips aus Taiwan angewiesen. Ohne sie würden Smartphones, Computer und sogar Waffensysteme stillstehen. Doch genau diese Chipproduktion wäre im Falle eines Kriegs in akuter Gefahr. Eine Blockade der Taiwan-Straße würde die globalen Lieferketten unterbrechen und die Märkte ins Chaos stürzen.
Ein gefährliches Spiel
Die Durchfahrt der deutschen Fregatte mag nüchtern erscheinen, doch sie ist Teil eines weitaus größeren Spiels. Deutschland schließt sich damit den USA, Frankreich und Großbritannien an, die ebenfalls regelmäßig durch die Taiwan-Straße fahren, um die freie Schifffahrt zu verteidigen.