Verhärtete Fronten im EU-Streit um Klima

Brüssel (dpa) - In der Europäischen Union sind die Fronten im Streit um den Klimaschutz verhärtet. Deutschland, Frankreich und Italien weigerten sich, konkrete Finanzierungsangebote für die Entwicklungsländer auf den Tisch zu legen, sagten Diplomaten in Brüssel beim EU-Gipfel.

Polen sowie acht weitere osteuropäische Länder beharrten weiter auf Erleichterungen bei der internen Verteilung der Lasten, die beim Abschluss des kostspieligen Weltklimaabkommens auf die EU zukommen. Die schwedische EU-Ratspräsidentschaft werde versuchen, bis Freitagmorgen einen neuen Kompromissvorschlag auszuarbeiten.

Bei ihrem Gipfeltreffen müssen die Staats- und Regierungschefs das Verhandlungsmandat für Schweden beschließen. Stockholm wird die EU beim Klimagipfel im Dezember in Kopenhagen vertreten. Dort will sich die Staatengemeinschaft im Rahmen der Vereinten Nationen auf die Grundzüge eines neuen Weltklimaabkommens einigen.

Wie Diplomaten weiter berichteten, will Schweden diesen Freitag eine grundsätzliche Einigung auf die Lastenteilung. Deutschland will, dass die genaue «Tabelle» erst während oder nach dem Kopenhagener Gipfel festgezurrt wird.

Die Staats- und Regierungschefs verhandelten auf Grundlage von Vorschlägen der EU-Kommission. Demnach könnte die EU für die Jahre 2010 bis 2012 Finanzmittel von jährlich bis zu 7 Milliarden Euro für Klimamaßnahmen auf den Tisch legen. Nach dem Auslaufen des Kyoto-Protokolls 2012 sollen sich die Finanzmittel auf bis zu 15 Milliarden Euro im Jahr 2020 erhöhen. Zumindest das kurzfristige Finanzangebot hätte nach den Vorstellungen Schwedens Teil des Verhandlungsmandats sein sollen, unter anderem Deutschland ist jedoch dagegen.

Insgesamt schätzt die EU-Kommission den zusätzlichen Finanzbedarf für die Dritte Welt global auf gut 100 Milliarden Euro im Jahr 2020. Bis zur Hälfte soll aus öffentlichen Mitteln kommen. Den Rest soll die Industrie bestreiten. Eine Einigung auf diese Zahl - 50 Milliarden Euro - blockiert Großbritannien.

Somit zeichnet sich ab, dass nur die Schätzung auf den globalen Finanzbedarf Eingang in das Verhandlungsmandat erhält. Die nächste Gelegenheit für die EU-«Chefs», sich auf ein Finanzangebot für die armen Länder zu einigen, wäre deren Dezembergipfel parallel zu dem Weltklimagipfel. Dagegen fordern die Entwicklungs- und Schwellenländer, aber auch die EU-Kommission, Österreich und andere EU-Staaten wie auch Umweltschutzorganisationen frühere Angebote an die Dritte Welt.

Die mittel- und osteuropäischen Länder wiederum beharrten auf einer festen Zusage, dass sie weniger für Klimamaßnahmen beitragen müssen als die reicheren EU-Länder. «Wir werden keinem Verteilungsschlüssel zustimmen, der darauf hinausläuft, dass man umso mehr bezahlen muss, je mehr man verschmutzt», sagte Polens Ministerpräsident Donald Tusk. «Wir wollen, dass jeder, wenn er Brüssel wieder verlässt, weiß, welchen Mechanismus wir haben und wie viel wir bezahlen werden, um das Klima zu schützen.»

Die ehemaligen kommunistischen Länder machen wirtschaftlichen Aufholbedarf sowie die krassen Folgen der Wirtschaftskrise auf ihre Staatskassen geltend. Sie wollen auch angerechnet wissen, dass wegen des Zusammenbruchs ihrer Schwerindustrien nach dem Fall des Eisernen Vorhangs ihre Kohlendioxid (CO2)-Emissionen massiv zurückgingen.

Nach dem jüngsten Kompromissvorschlag Schwedens sollen sowohl der tatsächliche Ausstoß an gefährlichen Treibhausgasen wie auch die wirtschaftliche Leistungskraft eines Landes als Grundlage für die Verteilung der Lasten innerhalb Europas dienen. Das Modell soll zu einem in Kopenhagen zu beschließenden weltweiten Schlüssel passen. Für die globale Berechnung sollen die schlimmsten Klimasünder besonders stark zur Kasse gebeten werden. Ärmere EU-Staaten sollen geschont werden, «sollte die Anwendung des globalen Schlüssels unverhältnismäßige Lasten mit sich bringen».

Deutschland befürchtet, dass sich in diesem Fall im globalen Ringen um die Lastenteilung Schwellenländer wie China oder Brasilien auf innereuropäische Sonderregelungen berufen könnten. Die Bundesregierung dringt dennoch auf eine rasche Einigung bei der Lastenteilung. Berlin lehnt auch den Wunsch osteuropäischer Länder ab, nicht verbrauchte Emissionszertifikate aus der Zeit des Kyoto-Abkommens auf die Zeit nach 2012 zu übertragen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel forderte die USA und aufstrebende Volkswirtschaften wie China und Indien zu konkreten Aussagen über deren Anstrengungen zum Klimaschutz auf. Zugleich erklärte sie die Bereitschaft der Europäischen Union, bei der internationalen Klimaschutzkonferenz «in Vorleistung» zu treten.

EU / Gipfel / Klima
30.10.2009 · 07:24 Uhr
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