US-Militär: Mehr Schutz für afghanische Zivilisten
Jedoch werde es zunächst mehr Gewalt und harte Kämpfe geben, je weiter US-Soldaten in Taliban-Gebiete vordringen, zitierte die «Washington Post» am Mittwoch McChrystal vor dem Streitkräfteausschuss des US-Senats.
Ziel seiner neuen «ganzheitlichen» Strategie sei es, das Leben von Zivilisten besser zu schützen. Dazu fasse er «extreme Schritte» ins Auge. Die Rettung afghanischer Zivilisten habe Vorrang vor dem Töten von Aufständischen, sagte McChrystal den Angaben zufolge. Die Zivilbevölkerung solle nur dann Risiken ausgesetzt werden, wenn es darum gehe, das Leben amerikanischer Soldaten zu retten.
Bei einer militärischen Untersuchung hat sich der «New York Times» zufolge herausgestellt, dass bei Luftangriffen in Afghanistan am 4. Mai mit Dutzenden toten Zivilisten als Folge «bedeutende Fehler» gemacht wurden. Die Zahl der zivilen Opfer wäre wahrscheinlich geringer gewesen, wenn amerikanische Flugbesatzungen und Streitkräfte am Boden den strikten Regeln zur Vermeidung eines solchen Blutvergießens gefolgt wären, zitierte die Zeitung am Mittwoch einen hochrangigen US-Militärvertreter mit Kenntnis der Untersuchungsergebnisse.
Demnach wären zumindest einige der Angriffsflüge auf mehrere Ziele in einem Zeitraum von sieben Stunden abgeblasen worden, hätte das betreffende Personal die Vorgaben befolgt. So sei beispielsweise einer Flugzeug-Besatzung grünes Licht für eine Attacke gegen Taliban-Kämpfer gegeben worden. Dann habe die Maschine aber erst einmal in der Luft kreisen müssen und sich die Crew vor dem Bombenabwurf nicht hinsichtlich des Zieles rückversichert.
McChrystal, ein Experte für Spezialoperationen, soll nach dem Willen von US-Präsident Barack Obama dem glücklosen Kommandeur David McKiernan als Chef der internationalen Schutztruppe ISAF nachfolgen. Er werde die Militäroperation in Afghanistan erst als Erfolg betrachten, wenn die Terrororganisation El Kaida aus Afghanistan und Pakistan «komplett eliminiert ist», betonte der Generalleutnant in der Senatsanhörung. Allerdings werde der Erfolg nicht an der Zahl der getöteten Feinde gemessen, sondern daran, wie viele Zivilisten vor Gewalt geschützt werden konnten. Um dieses Ziel zu erreichen, werde er alle Einsatzregeln überprüfen, Luftangriffe begrenzen und verstärkt kleine Kampfeinheiten am Boden einsetzen.
Indessen rief SPD-Fraktionschef Peter Struck bei einem Besuch in Kabul zur Geduld bei dem von der deutschen Bevölkerung mehrheitlich abgelehnten Bundeswehr-Einsatz am Hindukusch auf. «Die Bevölkerung in Deutschland muss Geduld beim Einsatz in Afghanistan aufbringen», sagte der ehemalige Verteidigungsminister am Mittwoch. «Nach 30 Jahren Krieg kann das Land nicht so schnell in einen Normalzustand versetzt werden.» Struck betonte, es gebe auch Erfolge. Das Afghanistan-Engagement müsse fortgesetzt werden.
Aus dem deutschen Polizeiprojekt in Afghanistan verlautete unter Verweis auf US-Angaben, dass etwa ein Viertel der Munition, mit der auf ausländische Sicherheitskräfte geschossen werde, von diesen selbst stamme. Ein Grund sei, dass viele Afghanen nach einer kurzen Zeit der Ausbildung zum Polizisten nicht wieder zum Dienst erschienen, aber ihre Waffen nicht zurückgäben.