US-Haushaltslage unter Druck: Moody’s entzieht Washington Bestnote und schürt Sorgen an den Anleihemärkten
Mit dem Verlust der Spitzenbonität Aaa verliert die US-Regierung ein wichtiges Gütesiegel der Finanzmärkte. Moody’s senkte am Freitagabend die Kreditwürdigkeit der Vereinigten Staaten auf Aa1 – ein Schritt, der den Ton für die neue Handelswoche vorgibt. In Asien öffneten die Märkte am Montag mit Vorsicht, denn Anleger rechnen nun mit einer Fortsetzung des Renditeanstiegs und weiteren Kursverlusten.
Am Freitagabend, noch während des nachbörslichen US-Handels, zogen die Renditen zehnjähriger Treasuries auf bis zu 4,49 % an. Ein ETF auf den S&P 500 gab um 0,6 % nach. Die Analysten von Wells Fargo erwarten einen weiteren Renditeanstieg um 5 bis 10 Basispunkte bei zehn- und dreißigjährigen US-Staatsanleihen – was Letztere über die Marke von 5 % treiben und auf ein 18-Monats-Hoch katapultieren könnte.
Moody’s begründet den Schritt mit einer „chronischen Haushaltsdynamik ohne Trend zur Konsolidierung“. Die fiskalische Großzügigkeit mehrerer US-Regierungen und Kongresse habe das Vertrauen in die Schuldentragfähigkeit untergraben. Das Defizit beläuft sich aktuell auf knapp zwei Billionen Dollar jährlich, also mehr als 6 % des BIP – Tendenz steigend. Laut Prognosen der CBO dürfte die Schuldenquote bis 2029 auf 107 % klettern und bis 2035 ein Defizit von nahezu 9 % des BIP erreichen.
US-Finanzminister Scott Bessent wies die Herabstufung brüsk zurück. In einem Interview bezeichnete er Moody’s als „nachlaufenden Indikator“ und betonte, die Regierung wolle Ausgaben senken und Wachstum fördern. Die Reaktion der Märkte deutet jedoch auf zunehmende Zweifel an dieser Strategie.
Christine Lagarde, Präsidentin der Europäischen Zentralbank, sagte gegenüber La Tribune Dimanche, der schwächelnde Dollar spiegle „die wachsende Unsicherheit und den Vertrauensverlust gegenüber der US-Politik“ wider. Tatsächlich zeigt der Bloomberg Dollar Spot Index Anzeichen von Schwäche, während die Stimmung unter Optionshändlern so negativ ist wie seit fünf Jahren nicht mehr.
Die politische Debatte in Washington bleibt davon weitgehend unbeeindruckt. Trotz wachsender Verschuldung halten Republikaner wie Demokraten an einem Steuersenkungspaket fest, das laut Schätzungen des Joint Committee on Taxation rund 3,8 Billionen Dollar kosten dürfte. Unabhängige Analysten sehen sogar ein noch höheres Risiko, sollten zeitlich befristete Maßnahmen verlängert werden.
Barclays-Volkswirte bezweifeln allerdings, dass die Moody’s-Entscheidung unmittelbare Konsequenzen haben wird. Der Rückblick auf 2011 – als S&P den USA das Triple-A entzog – zeigt, dass die Auswirkungen auf Anleihemärkte und Geldpolitik begrenzt blieben.
Trotz geopolitischer Spannungen und wachsender fiskalischer Risiken bleibt die Nachfrage nach US-Staatsanleihen bislang robust. Im März reduzierte China zwar seine Treasury-Bestände – ein Schritt, der Marktbeobachter alarmierte. Doch laut dem früheren US-Treasury-Offiziellen Brad Setser signalisiert dies eher eine Umschichtung innerhalb der Laufzeitenstruktur als einen gezielten Rückzug aus dem Dollarraum.
Was jedoch bleibt, ist das strukturelle Risiko: Steigende Zinsen erhöhen die Zinslast im Bundeshaushalt, dämpfen Investitionen und belasten Verbraucher über höhere Hypotheken- und Kreditkartenzinsen. Sollte das Vertrauen großer Anleger weiter erodieren, droht ein Szenario, das Franklin Templetons Max Gokhman als „gefährliche Bear-Steepener-Spirale“ beschreibt – mit realwirtschaftlichen Folgen weit über die Anleihemärkte hinaus.