The Journey Down – Kein Absturz ins Bodenlose
Mit The Journey Down haben die Skygoblin Studios ein sehr klassisches Adventure geschaffen. Mit den drei Episoden, die mit einigen Monaten Abstand auf Playstation 4, der Switch, X Box One und Steam erschienen, hat das schwedische Team ihr erstes Spiel auf den Markt gehauen. Wir haben netterweise Codes für alle drei Episoden bekommen, um die Trilogie für euch zu testen. Kann sich nun jeder spielebegeisterte Mensch an diese Knobelei setzen oder ist es doch eher etwas für erfahrene Adventure-Hasen? Findet es heraus in unserem Test.
Karibik meets Jazz in der Großstadt
Direkt zu Beginn eine große Frage: Wieso sind für drei Episoden drei Codes notwendig, wieso werden sie mir in der Steam-Bibliothek als drei Spiele angezeigt? Alle Spiele, die wir bisher im Episodenformat spielen konnten, waren über einen Punkt ansteuerbar. So habe ich jetzt drei Spiele, die eigentlich eines sind und die alle in 2-3 Stunden beendet wurden. Komfortabel ist anders, ihr Lieben. Auch wenn es die endgültige Bewertung von The Journey Down nicht beeinflusst, ist sowas nicht ganz nachvollziehbar. Aber wie dem auch sei, kommen wir zum Inhalt des Spiels.
Mit eurer Maus steuert ihr Bwana, einen Besitzer einer Tankstelle und Werkstatt für Flugzeuge und Schiffe. Den Betrieb haben er und sein Mechaniker Kito von ihrem Adoptivvater geerbt, nachdem dieser spurlos verschwunden ist. Plötzlich taucht eine Frau auf, die ein Buch aus der Werkstatt benötigt. Dieses hat Hinweise auf das Unterland, ein mittlerweile verbotenes, geheimnisvolles Gebiet. Sie möchte illegalerweise dorthin, zieht Bwana und Kito mit hinein und schon haben unsere Helden ein riesiges Problem mit dem zwielichtigen, neu aufgetauchten Energiekonzern, welcher wohl selber gerne diese Informationen hätte. Was genau aber nun dahintersteckt, müsst ihr selber herausfinden. Trotz der Großstadt im Hintergrund ist das Setting sehr karibisch geprägt. Alle Charaktere wurden nach alten, afrikanischen Masken designed, die Sprechrollen wurden allesamt an People of Colour vergeben. Das lässt eure Umwelt sehr authentisch wirken. Die Mischung aus karibischen und jazzigen Klängen im Hintergrund tut ihr übriges.
The Journey Down: Black Games Matter
Die Geschichte in Journey Down ist dabei sehr kurzweilig und humorvoll erzählt. Bwana ist ein sympathischer Faulenzer, der in seinem Städtchen auch als solcher bekannt ist. Deswegen macht es auch Sinn, dass euch niemand direkt wichtige Gegenstände in die Hand geben will, sondern ihr euch diese in Form klassischer Adventure-Rätsel erarbeiten müsst. Die Dialoge sind dabei sehr authentisch geschrieben, auch wenn die Gags kein riesiges Feuerwerk abbrennen, sondern höchstens zu einem kleinen Schmunzeln führen. Immersionsbrechend ist nur, dass ihr diverse Gesprächszweige immer und immer wieder durchgehen könnt, ohne dass das Spiel eine Reaktion hervorruft. Wenn das bei wichtigen Hinweisen der Fall wäre, lässt sich sowas natürlich verschmerzen. Ich bin aber durch vorschnelles Klicken teilweise immer wieder in den selben, belanglosen Gesprächen gelandet. Das kann ab und an ermüdend wirken, doch glücklicherweise sind die Episoden kurz und knackig genug, dass diese kleinen Fehler kaum ins Gewicht fallen.
Ernsthaft ins Grübeln gebracht hat mich allerdings immer wieder die Darstellung der Charaktere. Auf den ersten Blick wirkt alles wie bereits erwähnt sehr stimmig. Es wirkt wie ein schöner Nebeneffekt, dass wir in diesem Spiel mal keine weißen Männer haben, die das Abenteuer schon irgendwie regeln. The Journey Down spricht so eine Zielgruppe an, die in Videospielen selten so stark repräsentiert ist wie hier. Wenn man sich dann aber anschaut, dass das komplette Team der Skygoblin Studios skandinavischer nicht sein könnte, verstärkt sich der Gedanke, dass hier wiederum nur haufenweise von Stereotypen abgearbeitet werden.
Die dicke, schwarze Frau in der Küche. Die faulen Helden, die lieber in einer Hängematte schlawinern und eine Frau anbaggern anstatt das eigentliche Ziel zu verfolgen. Es mag sein, dass mein Blick hier etwas übersensibel ist. Es mag auch sein, dass beim Schreiben der Geschichte und der Dialoge reflektiert beraten und diskutiert wurde. Ein kleines Geschmäckle bleibt trotzdem immer, so sympathisch und angenehm ich auch jede Figur finden mag. Hier würde mich sehr interessieren, wie diverse nicht-weiße Menschen das Spiel einschätzen.
Brotsticks als Leitersprossen
Unabhängig davon hat The Journey Down allerdings auch angenehm fordernde Rätsel, welche ja der zweite Kernpunkt eines jeden klassischen Adventures sind. Durch die Kürze der Episoden und der angemessenen Anzahl verschiedener Bereiche fühlt ihr euch selten überschwemmt an Möglichkeiten. Da das erste Rätsel euch dazu zwingt, uralte Brotsticks als Leitersprossen zu verwenden, merkt ihr schnell, dass ihr durchaus etwas verrückt, aber nie völlig fernab jeder Logik denken müsst. Wie gewohnt bekommt ihr in jeder Episode eine Anzahl an Aufgaben, die ihr zeitgleich angehen müsst. Hier führt es schönerweise dazu, dass ihr an allen Ecken und Enden immer wieder kleine Schritte in einer der Zielsetzungen machen könnt. An der einen Stelle kommt ihr einem Propeller näher, den ihr finden müsst, löst dabei aber auch ein Rätsel, welches euch dem Motor eures Flugzeuges einen Schritt näher bringt.
Die Items in eurem Inventar sind nie zu viele, so dass ihr in Notfällen auch ruhig etwas rumprobieren könnt, ohne zu viel Zeit damit zu verschwenden. Da alles kontextsensitiv abläuft, habt ihr auch keine Schwierigkeiten damit, zu überlegen, wie ihr ein Item an einem Ort einsetzen müsst. Zieht es einfach auf den Gegenstand, mit dem ihr interagieren wollt, und Bwana macht bei Bedarf schon das richtige. Das einzige Problem, welches mir oft Steine in den Weg gelegt hat, ist die fehlende Anzeige der Hotspots. Viele Adventures erlauben es euch mittlerweile, mit einem Tastendruck alle relevanten und anzuklickenden Stellen im Bild anzuzeigen. The Journey Down tut dies nicht. Das kann unproblematisch sein, wenn wichtige Stellen besonders hervorgehoben sind. Doch im Spiel der Skygoblin Studios macht die Optik dem Ganzen einen Strich durch die Rechnung.
Ich seh‘ es einfach nicht…
Man merkt recht schnell, dass in The Journey Down kein großes Budget steckt. Das komplette Spiel sieht aus wie FMV-Zwischensequenzen alter Playstation- und PC-Spiele. Dies verleiht den Figuren einerseits einen ganz eigenen Charme und lässt über klobige Animationen hinwegsehen. Zusätzlich war es so sicherlich auch kostensparender zu entwickeln. Leider führt es eben auch dazu, dass manche Texturen sehr verwaschen wirken. So habe ich die ganze Zeit nicht erkennen können, dass in einem der ersten Bildschirme ein Pinsel lag, der unabdingbar für den weiteren Fortschritt war. Einen Walkthrough zu Rate zu ziehen, um dann zu merken, dass man einfach ein bestimmtes Item oder einen wichtigen Spot nicht erkennen konnte, nervt dann doch.
Die technische Seite hat eben so ihre kleinen Problemchen. Neben verwaschenen Texturen kam es immer mal wieder zu kleinen Rucklern. Unangenehm waren auch die sich weiterbewegenden Mundanimationen, obwohl der Dialog schon lange beendet war. Da das Spiel nur mit englischer Sprachausgabe läuft, kann man dies auch nicht auf eine schlecht angepasste Übersetzung schieben. Die Untertitel sind seltsam riesig und erstrecken sich teilweise über große Teile des Bildschirms. Die Skygoblin Studios haben hier merklich versucht, das geringe Budget durch einen sehr eigenwilligen, individuellen und teilweise simplifizierten Stil auszugleichen. Was zumeist funktioniert, hat hier und da aber eben auch seine kleinen Macken.
Fazit
Ich hatte meinen Spaß mit The Journey Down. Die Rätsel sind allesamt kurzweilig und knackig, die Geschichte hat mich interessiert und am Ball gehalten. Wenn man über kleine technische Mängel und die eventuell fragwürdige stereotype Darstellung mancher Charaktere hinwegsehen kann, macht man hier absolut nichts falsch. Das Episodenformat ermöglicht es auch, für einen schmalen Taler in die erste Episode zu schauen. Die vermittelt einen ganz guten Eindruck vom Spiel. Im Anschluss an die Credits gibt es dort auch einen kleinen Blick hinter die Kulissen der Entwicklung, was meine Motivation auf die nächsten Episoden deutlich gesteigert hat. Da ihr nun auch nicht mehr auf die Veröffentlichung der weiteren Teile warten müsst, sondern direkt alle Episoden zugänglich habt, solltet ihr wirklich mal reinschnuppern.