Taucher setzen Suche trotz wachsender Gefahr fort

Giglio/Rom (dpa) - Eine Woche nach dem Kentern der «Costa Concordia» suchen Taucher nach einer Zwangspause wieder Vermisste im Wrack des Kreuzfahrtschiffes. Am Freitagmorgen hatten die Taucher ihre Arbeit eingestellt, weil sich das 290 Meter lange Schiff erneut bewegte.

Sie fürchteten eine wachsende Gefahr an dem Wrack. Erst nach ganztägigen Beratungen und eingehenden Analysen entschieden die Bergungskräfte am Abend, die Suche wieder aufzunehmen, teilte ihr Sprecher Luca Cari mit.

Das gekenterte Kreuzfahrtschiff bewegte sich am Freitag - und zwar unaufhörlich, wie die Helfer mitteilten. Das Wrack vor der italienischen Insel Giglio drohte abzurutschen und ganz unterzugehen. Im Laufe des Tages besprachen die Teams ihr weiteres Vorgehen und werteten Daten eines Roboters aus, der unter Wasser eingesetzt wird. Unterdessen beschloss die italienische Regierung den Notstand, um Gelder und zusätzliche Hilfe für die Gegend bereitzustellen.

Möglicherweise brachten Strömungen am frühen Morgen Bewegung in das Wrack. Um das Schiff zu stabilisieren, gibt es Pläne, den 290 Meter langen Koloss mit Hebeseilen am Felsen festzumachen.

Die Zeit drängte. Von Norden her näherte sich ein heftiges Unwetter. Sturm und hohe Wellen könnten den Luxusliner weiter absacken lassen. Noch immer gibt es mehr als 20 Vermisste, darunter zwölf Deutsche. Das Kreuzfahrtschiff droht nach der Havarie vom 13. Januar über eine Unterwasserklippe in die Tiefe zu gleiten.

Weil die Suche nach den Vermissten noch nicht beendet und außerdem viel Treibstoff an Bord ist, soll ein Sinken des Schiffes auf jeden Fall verhindert werden. Die Retter hofften, dass Giglio sozusagen im Windschatten der westlich gelegenen Insel Korsika etwas geschützt gegen den aufziehenden Sturm und hohen Seegang sein könnte.

In Giglio beriet ein wissenschaftlicher Ausschuss des Zivilschutzes, ob die Bewegung des Schiffes auch bedeuten könnte, dass es sich auf dem Felsen vor der toskanischen Insel festsetzt. Das Schiff verlagere sich um etwa 7 Millimeter pro Stunde, am Bug bis zu 15 Millimeter, erläuterte der Florentiner Erdrutsch-Experte Nicola Casagli, der den Ausschuss auf Giglio leitet.

Ein ferngesteuerter Unterwasser-Roboter sollte am Rumpf des Schiffes die Frage klären helfen, ob das Wrack auf dem Boden «verankert» werden kann, wie die Nachrichtenagentur Ansa berichtete. Jede Bewegung des Kreuzfahrtschiffes werde auch mit Satellitenaufnahmen verfolgt. Der «Rov» genannte Roboter suche auch die Umgebung des Schiffes ab, um eventuell Leichen zu entdecken.

«Absolute Priorität hat für uns weiterhin die Suche nach Vermissten», sagte der Sprecher der Rettungsmannschaften, Luca Cari, auf die Frage, wann mit dem Abpumpen des Treibstoffs zu rechnen sei. Unklar war damit, wann die niederländische Spezialfirma Smit mit dem Entfernen des Öls aus den Tanks beginnen kann. Der Beginn der Aktion war eigentlich für Freitag oder diesen Samstag geplant. Jedoch dürften die Arbeiten aus Sicherheitsgründen voraussichtlich erst dann anfangen, wenn sich keine Helfer mehr an Bord befinden.

Derweil haben deutsche Überlebende der Katastrophe einem Zeitungsbericht zufolge Schadenersatz von Reiseveranstalter und Reederei eingefordert. Nach Informationen der «Bild», die mit einem Anwalt gesprochen hatte, reichten zwei Ehepaare und eine Frau aus Nordrhein-Westfalen bereits Klage ein. Die fünf betroffenen Passagiere klagen auf Schadenersatz und Schmerzensgeld. Insgesamt geht es um eine Summe von rund 78000 Euro, hieß es.

Nach Angaben der Reederei sollen etwa 2300 Tonnen Treibstoff an Bord sein, offensichtlich überwiegend Schweröl. Dickflüssiges Schweröl muss erst erwärmt werden, bevor es abgepumpt werden kann. Die Tanks der «Costa Concordia» fassen 2400 Tonnen.

Die EU-Kommission rechnet nicht mit einer Umweltkatastrophe vor Giglio. «Wir haben den Eindruck, dass sehr, sehr große Anstrengungen unternommen werden, um alles Mögliche zu tun, damit eine Ölpest verhindert wird», sagte die Sprecherin von EU-Verkehrskommissar Siim Kallas. Die Kommission in Brüssel will jetzt in der EU strengere Regeln für die Sicherheit auf Schiffen anleiern. Ähnliches strebt die Regierung in Rom für Italien an.

Zur Diskussion um die möglichen katastrophalen Fehler des Kapitäns sagte der Chef der Costa-Crociere-Reederei, Pier Luigi Foschi, dem Mailänder «Corriere della Sera», Kommandanten hätten zu viel Macht bei ihren Entscheidungen. Foschi sagte, es sei nicht normal und nicht zu rechtfertigen, dass die Evakuierung nach dem Auflaufen auf den Felsen erst nach einer Stunde begonnen habe.

Als «absoluten Quatsch» bezeichnete der Anwalt des Kapitäns Spekulationen, Francesco Schettino könnte zum Zeitpunkt der Havarie betrunken gewesen sein. Die Ergebnisse eine Drogen-Analyse des 52 Jahre alten Schettino stehen noch aus. Anwalt Bruno Leporatti zitierte seinen Mandanten, der unter Hausarrest steht, wie folgt: «Sollte ich einen Fehler begangen haben, dann bin ich bereit, die Verantwortung zu übernehmen.» Doch das müsse noch geklärt werden.

Italienische Medien wie der TV-Sender RaiNews24 zeigten währenddessen Amateuraufnahmen, auf denen zu sehen sein soll, dass Crewmitglieder der «Costa Concordia» Passagiere auch dann noch in ihre Kabinen zurückschickten, als bereits Wasser in das Schiff eintrat. «Alles ist unter Kontrolle, kehren Sie zu den Kabinen zurück», sage in dem Video ein Besatzungsmitglied etwa 40 Minuten nach dem Aufprall. Mit diesen Worten wendet sich eine Frau im Auftrag des Kapitäns an Passagiere. Die Aufnahmen scheinen Vorwürfe gegen den Kapitän zu bestätigen, die Evakuierung sei zu spät und chaotisch gewesen. Die ermittelnde Staatsanwaltschaft gab daraufhin bekannt, alle Amateuraufnahmen von dem Schiffbruch vor Giglio sehen zu wollen.

Der Deutsche Reiseverband (DRV) geht davon aus, dass die Havarie der «Costa Concordia» keinen Einfluss auf den Kreuzfahrt-Boom haben wird. Kreuzfahrten seien eigentlich sicher, sagte der stellvertretenden Vorsitzende des Schifffahrtsausschusses im DRV, Guido Laukamp, der Nachrichtenagentur dpa. «Tagesaktuell wird das überschattet, aber die Fakten ändern sich dadurch nicht.»

Schifffahrt / Unfälle / Italien
20.01.2012 · 21:08 Uhr
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