Systematische Ausbeutung: MindsEye-Entwickler Build a Rocket Boy am Pranger der Gewerkschaft
Hinter der Fassade des ambitionierten Projekts MindsEye braut sich ein Sturm zusammen. Während das Spiel selbst nach seinem holprigen Start für Schlagzeilen sorgte, gerät der Entwickler Build a Rocket Boy nun wegen weitaus gravierenderer Probleme ins Kreuzfeuer. Die britische Gewerkschaft IWGB Game Workers hat einen Brandbrief veröffentlicht, der ein zutiefst beunruhigendes Bild der Arbeitskultur zeichnet. In diesem offenen Schreiben werden dem Studio „langjährige Respektlosigkeit und Misshandlung“ seiner Belegschaft vorgeworfen. Die Veröffentlichung von MindsEye wird als „einer der schlimmsten Videospiellaunches dieses Jahrzehnts“ gegeißelt, ein Debakel, das zwischen 250 und 300 Mitarbeitende ihre Jobs gekostet haben soll.
Das zersetzende Klima der Überarbeitung
Die von der Gewerkschaft vorgebrachten Anschuldigungen wiegen schwer und zeichnen das Porträt einer Unternehmensführung, die ihre wertvollste Ressource – die eigenen Angestellten – systematisch vernachlässigt hat. Kritisiert wird eine katastrophale interne Kommunikation, die das Personal im Ungewissen ließ. Besonders erschütternd sind die Berichte über exzessive Überstunden. In den vier Monaten vor der Veröffentlichung des Spiels wurde eine verpflichtende Mehrarbeit von acht Stunden pro Woche eingeführt. Als fragwürdige Kompensation bot man den Betroffenen einen Freizeitausgleich an, verweigerte jedoch dessen Inanspruchnahme mit Verweis auf „hohe Prioritäten“ bei der Nachbearbeitung des Titels. Dieses Vorgehen dokumentiert eine toxische Spirale der Ausbeutung, die weit über branchenübliche Crunch-Phasen hinauszugehen scheint.
Der chaotische Umgang mit Entlassungen
Der offene Brief beleuchtet zudem das desaströse Management der Massenentlassungen, das bei den Betroffenen für immense Verwirrung und seelisches Leid gesorgt haben soll. Die Gewerkschaft schildert einen Prozess, der von Fehlinformationen geprägt war. Mitarbeitende erhielten Kündigungsschreiben mit falschen Fristen oder wurden gezielt in Teams versetzt, um ihre internen Leistungsmetriken negativ zu beeinflussen. „Diese und viele andere Probleme haben Schmerz und Stress für eure Angestellten verursacht“, heißt es im Schreiben. Die Erfahrung sei geprägt von Burnout, existenzieller Unsicherheit und gesundheitlichen Problemen – ein hoher Preis für das Scheitern eines Spiels, in das viele Jahre ihres Lebens investiert hatten. Der Appell ist unmissverständlich: Die Führungskräfte müssen in den Hintergrund treten und den verbliebenen Talenten den Weg ebnen lassen.
Ein unüberhörbarer Ruf nach Veränderung
Unterzeichnet von 93 aktuellen und ehemaligen Mitarbeitenden sowie der IWGB-Führung, richtet sich die Kritik namentlich an die Studiochefs Mark Gerhard und Leslie Benzies. Die Forderungen sind klar und unmissverständlich: eine öffentliche Entschuldigung für die Misshandlung, eine angemessene Entschädigung für die von den Entlassungen betroffenen Personen und eine transparente Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Zudem wird verlangt, dass zukünftige Personalreduzierungen ausschließlich über externe, offizielle Partner abgewickelt werden, um eine faire Behandlung sicherzustellen. Es ist ein Aufschrei, der nicht nur Gerechtigkeit für die Vergangenheit fordert, sondern die Grundfesten der Arbeitskultur in der gesamten Spielebranche erschüttert.


