SPD-Spitze und Innenminister Friedrich wussten von Edathy-Verdacht

13. Februar 2014, 20:27 Uhr · Quelle: dpa

Berlin (dpa) - Die SPD-Spitze und der frühere Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) müssen sich gegen Vorwürfe wehren, im Fall Edathy die Arbeit der Ermittler behindert zu haben.

Friedrich hatte bereits im Oktober 2013 SPD-Chef Sigmar Gabriel darüber informiert, dass der Name des SPD-Abgeordneten bei internationalen Ermittlungen aufgetaucht sei. Nach jetziger Kenntnis soll es sich möglicherweise um Kinderpornografie gehandelt haben.

Ermittler in Niedersachsen kritisierten die Weitergabe von Informationen scharf. Bei Durchsuchungen von Edathys Wohnungen und Büros hatten sie kaum Material gefunden. Friedrich, heute Agrarminister im schwarz-roten Kabinett von Kanzlerin Angela Merkel (CDU), wies Kritik an seinem Vorgehen zurück.

Schleswig-Holsteins Innenminister Andreas Breitner forderte Friedrichs Rücktritt: «Wenn ein Bundesinnenminister in einem Ermittlungsverfahren das Umfeld eines Beschuldigten über das Verfahren selbst informiert, dann ist er für ein Kabinett völlig untragbar», sagte der SPD-Politiker der dpa in Kiel.

Die Staatsanwaltschaften in Berlin und Hannover prüfen die Einleitung förmlicher Ermittlungen gegen Friedrich. Möglicherweise könne ein Fall von Geheimnisverrat vorliegen, sagte Niedersachsens Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz (Grüne). Auch ein Sprecher der Berliner Behörde bestätigte entsprechende Medienberichte. Grüne und Linke im Bundestag verlangten lückenlose Aufklärung.

Über mögliche Ermittlungen gegen Edathy war seit Ende Oktober auch Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) informiert. Sein Sprecher bestätigte die Information der hannoverschen «Neuen Presse» und sagte weiter, der für Edathys Wohnort zuständige Göttinger Polizeipräsident habe «den Minister über ein bundesweites Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit Kinderpornographie informiert, in das möglicherweise auch das niedersächsische Bundestagsmitglied Sebastian Edathy involviert ist». Pistorius habe mit niemandem darüber geredet.

Die Kanzlerin erfuhr nach Angaben eines Regierungssprechers erst am vergangenen Dienstag aus den Medien von Ermittlungen gegen Edathy. Der amtierende Innenminister Thomas de Maizière (CDU) wollte den Fall nicht bewerten: «Sie wissen, dass ich mit diesem Thema nichts zu tun habe.» Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) war nach Darstellung eines Sprechers nicht vorab informiert.

Edathy hatte am vergangenen Freitag nach über 15 Jahren im Bundestag sein Mandat niedergelegt und dafür gesundheitliche Gründe genannt. In einer Erklärung betonte der 44-Jährige: «Die öffentliche Behauptung, ich befände mich im Besitz kinderpornografischer Schriften bzw. hätte mir diese verschafft, ist unwahr.» Ein strafbares Verhalten liege nicht vor, erklärte Edathy. Er warf der Staatsanwaltschaft Hannover vor, die Razzien seien unverhältnismäßig gewesen.

Edathy hatte sich als Vorsitzender des Bundestags-Ausschusses zu den Morden des rechtsextremen NSU einen Namen gemacht. Unbestätigten Informationen zufolge hält sich Edathy derzeit in Dänemark auf. Nach Angaben des früheren niedersächsischen Innenministers Heiner Bartling (SPD), der Kontakt mit Edathy hatte, schrieb Edathy zuletzt in einer SMS: «Man hat eine Existenz vernichtet.» Das berichtete zuvor die «Neue Presse» Hannover.

Unterdessen widersprach der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), Jörg Ziercke, in Teilen einer Darstellung von SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann. Dieser hatte zuvor öffentlich gemacht, wer bei den Sozialdemokraten wann vertraulich über den Verdacht gegen Edathy im Bilde gewesen sein soll. Dazu zählten in der SPD neben Oppermann der Vorsitzende Gabriel, der damalige Fraktionschef und heutige Außenminister Frank-Walter Steinmeier sowie später auch die aktuelle Fraktionsgeschäftsführerin Christine Lambrecht.

Oppermann hatte dabei mit Blick auf das Auftauchen des Namens Edathy bei Ermittlungen im Ausland erklärt: «Ich habe mir diese Informationen im Oktober 2013 in einem Telefonat von BKA-Präsident Jörg Ziercke bestätigen lassen.» Ziercke bestritt, das getan zu haben. «Diese Darstellung habe ich mir angehört, aber Herrn Oppermann diese weder bestätigt noch Informationen zum Sachverhalt mitgeteilt», teilte Ziercke mit. Oppermann bekräftigte jedoch seine Darstellung.

Friedrich war nach Angaben seines Sprechers damals von einem Staatssekretär darüber informiert worden, dass Edathy laut BKA bei internationalen Ermittlungen auf einer Namensliste aufgetaucht sei. Friedrich habe aber nicht erfahren, um welche Art von Verdacht es sich handele. «Für den Minister war wichtig, dass es keine strafrechtlichen Vorwürfe waren», betonte der Sprecher. Aufgrund der «politischen Dimension» des Falls und angesichts der Gefahr, dass die Namensliste öffentlich werden könnte, habe Friedrich Ende Oktober dann SPD-Chef Gabriel vertraulich informiert.

Ein Vertreter der niedersächsischen Ermittlungsbehörden kritisierte dieses Vorgehen scharf. «Das grenzt an Strafvereitelung», sagte ein Ermittler der Nachrichtenagentur dpa in Hannover.

Bei der Durchsuchung von Edathys Wohnungen und Büros stellten Ermittler laut übereinstimmenden Medienberichten und dpa-Informationen fest, dass bei Computern Festplatten manipuliert oder gelöscht wurden. Ein Ermittler sagte der «Bild»: «Das stinkt zum Himmel, er hat sich generalstabsmäßig auf die Durchsuchungen vorbereitet.» Nach Angaben von NDR und «Süddeutscher Zeitung» waren bis auf einen intakten Computer alle anderen Rechner entfernt worden. Auch seien Reste zerstörter Festplatten gefunden worden.

Bundestag / Kriminalität
13.02.2014 · 20:27 Uhr
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