Sorge in Nahost: Israel und Iran rasseln mit den Säbeln

Tel Aviv/Ramallah/Berlin/Washington (dpa) - Der Nahe Osten kommt nicht zur Ruhe. Israel verprellt Freund und Feind mit neuen Siedlungsprojekten. Für zusätzliche Aufregung sorgen Berichte über einen möglichen Militärschlag gegen den Iran. Teheran droht mit schweren Konsequenzen.

Nachdem Hoffnungen auf neue Friedensverhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern einen weiteren Rückschlag erlitten haben, spitzt sich auch der Dauerkonflikt zwischen Israel und dem Iran zu. Den seit Tagen anhaltenden Diskussionen in Israel über einen Militärschlag gegen iranische Atomanlagen folgte am Mittwoch der erfolgreiche Test einer neuen Rakete. Zudem trainierte die israelische Luftwaffe nach eigenen Angaben in Sardinien Einsätze «in unvertrautem, weiten Land». Der Iran drohte im Falle eines Angriffes mit schweren Konsequenzen.

Neue Spekulationen um einen israelischen Militärschlag hatte ein Bericht der Zeitung «Haaretz» ausgelöst, Regierungschef Benjamin Netanjahu bemühe sich im Kabinett um eine Mehrheit für einen solchen Einsatz. Mark Regev, Sprecher Netanjahus, wollte sich zu dem Thema nicht äußern: «Wir kommentieren nicht jede Spekulation in der Zeitung.» Nach dem Raketenstart hieß es in Medienberichten, Israel habe eine ballistische Rakete mit großer Reichweite abgefeuert. Diese Rakete könne auch mit Atomsprengköpfen bestückt werden. Ein Armeesprecher wollte sich dazu nicht äußern.

Die Reaktion aus dem Iran folgte postwendend. Das Militär warnte Israel vor einem Angriff: «Wir würden sie einen derartigen Fehler bedauern lassen und sie schwer bestrafen», sagte Generalstabschef Hassan Firusabadi nach Angaben der Agentur Isna. «Sollte uns das zionistische Regime angreifen, dann werden auch die USA getroffen», fügte er hinzu.

Die ohnehin vagen Hoffnungen auf eine baldige Fortsetzung der Friedensgespräche zwischen Israel und den Palästinensern erhielten unterdessen einen weiteren Dämpfer. Als Reaktion auf die Aufnahme der Palästinenser in die Unesco will Israel unter anderem 2000 neue Wohnungen in seinen international umstrittenen Siedlungen bauen. Außerdem sollen Steuer- und Zollrückzahlungen vorerst nicht an die Palästinenser weitergeleitet werden. Es gehe um eine Zahlung von 100 Millionen Dollar (72,5 Millionen Euro), berichteten israelische Medien.

Netanjahu verteidigte im Parlament die Siedlungspolitik. Israel bestrafe niemanden, sondern habe vielmehr das «Recht und die Pflicht», in Jerusalem, seiner «ewigen Hauptstadt», zu bauen, sagte der Regierungschef in der Knesset. Zudem sollten die Wohnungen nur in Siedlungen gebaut werden, die nach einem möglichen Friedensschluss ohnehin Israel zugedacht seien.

Die Palästinenser sehen das ganz anders. «Diese Schritte sind illegal und grenzen an Erpressung, was wir entschieden zurückweisen», schimpfte der palästinensische Chefunterhändler Saeb Erekat. Israel stehle am helllichten Tag Land und Geld, und die internationale Gemeinschaft schaue als Zeuge zu, klagte er. Die Palästinenser wollen erst nach einem Siedlungsstopp wieder mit Israel sprechen.

Allerdings stieß die Entscheidung der Führung in Jerusalem auch international auf Kritik. «Wir sind zutiefst enttäuscht über die Ankündigung», sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Jay Carney, in Washington. Es handele sich um eine «einseitige Aktion», die alle Bemühungen für direkte Friedensverhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern unterlaufe. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton sagte: «Die israelische Siedlungstätigkeit ist illegal und ein Hindernis für den Frieden.»

Ungewöhnlich kritisch äußerte sich auch die Bundesregierung. Sie forderte Israel auf, den Bau von Siedlungen in Ost-Jerusalem und dem Westjordanland unverzüglich einzustellen. Siedlungsaktivitäten in den besetzten Gebieten seien völkerrechtswidrig und durch nichts zu rechtfertigen, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch in Berlin und sprach von einer «besorgniserregenden Entwicklung».

Angesichts drohender Finanzierungslücken bei der Unesco appellierte deren Generaldirektorin Irina Bokova an die USA, die Beitragszahlungen fortzusetzen. «Bis das passiert wird es für uns unmöglich sein, das Ausmaß unserer gegenwärtigen Aktivitäten beizubehalten», heißt es in dem Hilfsappell. Gefährdet seien wichtige Programme nicht nur im Bildungsbereich, sondern auch in der Unterstützung von jungen Demokratien etwa in Nordafrika. Washington - als größter Unesco-Beitragszahler - hatte als Reaktion auf das Votum zur Aufnahme Palästinas in die Organisation seine Zahlungen gestoppt.

Konflikte / Nahost
02.11.2011 · 21:11 Uhr
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