Scholz und Tokajew: Kassym-Schomart Tokajew fordert Frieden und wirtschaftliche Zusammenarbeit
Der kasachische Präsident Kassym-Schomart Tokajew hat während des Besuchs von Bundeskanzler Olaf Scholz Russland als militärisch unbesiegbar dargestellt und zu zügigen Friedensverhandlungen im Ukraine-Konflikt aufgerufen. Er warnte, dass eine Eskalation des Krieges irreparable Folgen für die Menschheit und insbesondere für die unmittelbar beteiligten Staaten habe. Tokajew betonte: Russland sei im militärischen Sinne unbesiegbar.
Bundeskanzler Olaf Scholz erwiderte, dass Deutschland weiterhin die Ukraine unterstützen werde, hob jedoch die Notwendigkeit einer Friedenskonferenz mit Russland hervor. Er forderte Russland auf, seine Aggression einzustellen, um den Weg für Friedensverhandlungen zu ebnen. Dabei verwies er auf die erste Friedenskonferenz im Juni, die ohne Russland stattfand, und kündigte eine Nachfolgekonferenz an, bei der Russland einbezogen werden soll.
Tokajew betonte die Möglichkeit eines Waffenstillstands und anschließender Verhandlungen, um territoriale Streitfragen zu klären. Russland hat seit Beginn seines Angriffs etwa ein Fünftel der Ukraine besetzt, erhebt jedoch Ansprüche auf weitere Gebiete. Präsident Wladimir Putin hat die Gebiete Cherson, Donezk, Luhansk und Saporischschja annektiert, auch wenn diese nicht vollständig kontrolliert werden.
Kasachstan, mit einer über 7600 Kilometer langen Grenze zu Russland, unterhält enge Beziehungen zu seinem Nachbarn, strebt aber zugleich engere Verbindungen zu westlichen Staaten an. Scholz' Besuch diente primär der Intensivierung wirtschaftlicher Beziehungen. Besondere Bedeutung hatte dabei die Zusammenarbeit im Rohstoffbereich, in dem Kasachstan zu den wichtigsten Lieferanten Deutschlands zählt.
Im Rahmen des Besuchs wurde eine Verlängerung und Erhöhung der kasachischen Öllieferungen an die PCK-Raffinerie in Schwedt vereinbart. Genauere Mengen wurden nicht genannt, doch sollen die Lieferungen über Ende 2024 hinausgehen. 2022 belieferten die Kasachen Deutschland mit rund einer Million Tonnen Rohöl; für das laufende Jahr wurden 1,4 Millionen Tonnen festgelegt.
Tokajew bezeichnete den Besuch des Kanzlers als Impuls, der die bilateralen Beziehungen auf "ein neues Niveau" heben werde, und hob die strategische Partnerschaft hervor. Es wurden zudem Abkommen zur Kooperation zwischen der kasachischen Nationalbank und der Bundesbank sowie zur Gründung von wissenschaftlichen und technologischen Instituten unterzeichnet.
Mit seinen 20 Millionen Einwohnern und einer Fläche, die das neuntgrößte Land der Erde ausmacht, zählt Kasachstan zu Deutschlands bedeutendsten Wirtschaftspartnern in der Region. Das Land verzeichnet dank des Handels mit Russland und China ein überdurchschnittliches Wachstum. Die Bundesregierung zeigt Interesse an Öl, Gas und perspektivisch an Wasserstoff aus erneuerbaren Energien.
Doch trotz der wirtschaftlichen Kooperation steht Kasachstan wegen seiner Menschenrechtslage in der Kritik. Presse- und Meinungsfreiheit sind stark eingeschränkt. Eine geplante gemeinsame Pressebegegnung zwischen Tokajew und Scholz wurde kurzfristig abgesagt, ebenso war in Usbekistan keine gemeinsame Pressekonferenz vorgesehen.