Scharfe Kritik aus Brüssel am deutschen Meldegesetz

Berlin/Brüssel (dpa) - EU-Justizkommissarin Viviane Reding hat das vom Bundestag beschlossene Meldegesetz scharf kritisiert. «Ich bin überrascht, dass einige deutsche Politiker die Profitinteressen von hiesigen Werbeunternehmen vor das Grundrecht der Bürger auf Datenschutz stellen», sagte Reding der dpa.

Der Initiator der abgeschwächten Datenschutzregelung, der CSU-Innenexperte Hans-Peter Uhl, verteidigte dagegen sein Vorgehen. Die Änderungen gegenüber dem ursprünglichen Regierungsentwurf seien bei den Parlamentsberatungen auf Wunsch der Meldeämter eingefügt worden, sagte Uhl im Deutschlandfunk. Für die Behörden sei es nicht machbar, bei jeder Anfrage erst die Betroffenen um Erlaubnis zu fragen. In einer Stadt wie München kämen pro Jahr rund 100 000 Fälle zusammen.

Die zunächst im Regierungsentwurf vorgesehene Einwilligungsklausel zur Datenweitergabe durch die Meldeämter war bei den Gesetzesberatungen im Parlament in eine Widerspruchsklausel abgeschwächt worden. CSU-Chef Horst Seehofer rügte erneut die Aufweichung des Datenschutzes: «Es ist ein dicker Fehler, und der muss korrigiert werden, und die bayerische Staatsregierung wird zur Korrektur dieses Fehlers beitragen», sagte Seehofer bei einer Klausur des bayerischen Kabinetts am Tegernsee.

«Es ist und bleibt die Haltung der CSU: Persönliche Daten ohne Zustimmung des Betroffenen können nicht weiter verwendet werden», bemerkte Seehofer. Das sei eine eiserne Regel, die die CSU immer vertreten habe. «Und warum das in der Endphase der Gesetzesberatungen im Deutschen Bundestag anders gemacht wurde, ist mir nicht erklärbar.» Die Aussage seines Parteifreundes Uhl habe ihm «keine Freude bereitet», fügte der CSU-Chef hinzu.

Die EU-Justizkommissarin Reding sagte, das Meldegesetz widerspreche dem Geist der europäischen Datenschutzregeln. «Sie besagen, dass die Daten des Einzelnen nicht ohne seine Zustimmung verarbeitet oder an Dritte weitergegeben werden können.» Auch nach der derzeit diskutierten Reform der EU-Datenschutzvorgaben müsse dies weiterhin für den öffentlichen Sektor gelten. «Der ein oder andere deutsche Minister» wolle Behörden indes davon ausnehmen.

«Wie will der Staat glaubhaft von Unternehmen wie Facebook und Google verlangen, dass sie sich an strenge Datenschutzauflagen halten, während er selbst einen Ausverkauf des Datenschutzes an die Privatwirtschaft betreibt?», monierte Reding.

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) sagte, der derzeitigen Fassung könne man nicht zustimmen. «Das ist ein Ausverkauf der Persönlichkeitsrechte und der persönlichen Informationen», sagte Beck der Nachrichtenagentur dpa. Er gehe davon aus, dass die Länder das Gesetz «im Bundesrat stoppen und gravierend ändern». Es gehe «darum, dass man die Betroffenen fragt und auch ein Widerspruchsrecht hat, wenn es um die Erneuerung der Datenpakete geht.»

Auch Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hofft auf Änderungen durch den Bundesrat. «Der Regierungsentwurf des Meldegesetzes enthielt bewusst eine Einwilligungslösung. Die Bürgerinnen und Bürger hätten ausdrücklich Ja zur Verwendung ihrer Daten sagen müssen», sagte die FDP-Vize der «Passauer Neuen Presse» (Dienstag). Diese Lösung halte sie weiter für den richtigen Weg.

Datenschutz / Meldegesetz
10.07.2012 · 15:36 Uhr
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