Rückversicherungsbranche bleibt robust – Wachstum und Risiken in Monte Carlo diskutiert
Der weltgrößte Rückversicherer Munich Re sieht trotz der erheblich gestiegenen Prämien weiterhin eine hohe Nachfrage nach Rückversicherungsschutz. Das starke Wachstum der vergangenen drei Jahre wird sich jedoch vorerst nicht in gleichem Maße fortsetzen. Gleichzeitig steigen die Versicherungsschäden in mehreren Bereichen kontinuierlich an. Dies teilte das Unternehmen beim jährlichen Branchentreffen in Monte Carlo mit.
Seit dem Wochenende diskutieren Rückversicherer wie Munich Re, Swiss Re und Hannover Rück gemeinsam mit Erstversicherern wie Allianz und Axa im Fürstentum Monaco die Preise und Konditionen für die bevorstehende Vertragserneuerung. In den vergangenen Jahren hatten die Rückversicherer ihre Preise bereits signifikant erhöht.
Thomas Blunck, Vorstand bei Munich Re, prognostiziert seiner Branche weiteres Wachstum. Für die Jahre 2024 bis 2026 wird ein jährliches Wachstum der Prämieneinnahmen in der Schaden- und Unfall-Rückversicherung von zwei bis drei Prozent erwartet. Derzeitig befindet sich der Markt laut Blunck in einem „vernünftigen Gleichgewicht“.
In den vergangenen drei Jahren stiegen die Prämieneinnahmen im weltweiten Schaden- und Unfall-Rückversicherungsgeschäft durchschnittlich um vier Prozent, inklusive inflationsbedingter Preiserhöhungen. Die Erstversicherer sahen sich daher gezwungen, deutlich höhere Beiträge für die Weiterreichung von Risiken an die Rückversicherer aufzubringen.
Dank höherer Einnahmen und vergleichsweise geringerer Schäden konnten die Rückversicherer ihre Kapitalkosten im Jahr 2023 erwirtschaften. Dies war in vier der vergangenen sieben Jahre jedoch nicht der Fall, so Blunck. Er und sein Vorstandskollege Stefan Golling betonten daher die Notwendigkeit weiterer Prämienerhöhungen.
Sollten die Bedingungen nicht profitabel genug sein, will Munich Re auf den Abschluss von Verträgen verzichten, wie Golling vor Journalisten in Monte Carlo erklärte. Insbesondere das Haftpflichtgeschäft in den USA habe er dabei im Blick. Zwar hätten viele Unternehmen der Branche nach hohen Schäden oft versprochen, keine unrentablen Verträge mehr zu unterzeichnen, doch sei dies nicht durchgängig eingehalten worden.
Die zunehmenden Kosten für versicherte Schäden sind unter anderem auf eine wachsende Zahl von Schwergewittern, Tornados, Hochwasser und Waldbränden zurückzuführen. Solche Ereignisse haben in den letzten Jahren signifikant zugenommen, was dazu führte, dass die versicherten Schäden durch Naturkatastrophen in immer mehr Jahren die Marke von 100 Milliarden US-Dollar überschreiten.
Zunehmend plagen die Branche auch Sammelklagen gegen Industrieunternehmen, insbesondere in den USA. Dort setzt sich der Trend zu hohen Schadenersatzsummen fort, was durch spezialisierte Anwälte und Investoren, die solche Verfahren finanzieren, unterstützt wird.
Swiss Re, der weltweit zweitgrößte Rückversicherer, warnte vor einer erheblichen Verteuerung der Haftpflichtschäden durch „soziale Inflation“. Diese Tendenz, die Schadensersatzansprüche zunehmend gerichtlich zu regeln, lässt sich durch Entwicklungen in der Gesetzgebung und sozioökonomische Trends erklären.
In den USA haben sich die Haftpflichtschäden durch soziale Inflation in den letzten zehn Jahren um 57 Prozent erhöht. Im Jahr 2023 betrug der Anstieg bereits sieben Prozent, wie eine Swiss Re-Studie zeigt. Es wird befürchtet, dass dieses Phänomen auch in Ländern mit ähnlichen Rechtssystemen, wie Großbritannien, Australien und Kanada, an Relevanz gewinnt. In Deutschland und Frankreich spielt die soziale Inflation bisher nur eine untergeordnete Rolle.
Das Branchentreffen „Rendez-Vous de Septembre“, das seit 1957 im Fürstentum Monaco stattfindet, dauert noch bis Dienstag. Es werden über 3000 Teilnehmer aus etwa 80 Ländern erwartet.