Rücktritt von EU-Kommissar Thierry Breton: Emmanuel Macron nominiert Stéphane Séjourné als Nachfolger
Der französische EU-Kommissar Thierry Breton hat überraschend seinen Rücktritt eingereicht, nur wenige Tage bevor die neue EU-Kommission im EU-Parlament vorgestellt wird. In einem offenen Brief auf der Plattform X teilte Breton mit, dass er aufgrund von Differenzen mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen diesen Schritt vollziehe. Breton hatte das Amt des Kommissars für Binnenmarkt und Dienstleistungen inne. Als sein Nachfolger wurde der geschäftsführende Außenminister Stéphane Séjourné nominiert.
Breton warf von der Leyen vor, Frankreich aus persönlichen Gründen dazu gedrängt zu haben, seine Kandidatur zurückzuziehen, ohne dies vorher direkt mit ihm zu erörtern. Diese "fragwürdige Regierungsführung" habe ihn, so Breton, zum sofortigen Rücktritt bewogen. In Regierungskreisen wurde seine erneute Ernennung als gesetzt betrachtet, und man hatte erwartet, dass er erneut ein bedeutendes Ressort übernimmt.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron schlug daraufhin Stéphane Séjourné als neuen Kandidaten vor. Séjourné war zuvor Vorsitzender der liberalen Renew-Fraktion im Europaparlament und wechselte Anfang des Jahres als Außenminister nach Paris. Der Élysée-Palast lobte Séjourné als geeignet für das Amt, während Macron sich bei Breton für dessen Verdienste bedankte. Macron würdigte Bretons Beitrag zur europäischen Souveränitätspolitik in der Digitalpolitik und zur Stärkung des Binnenmarktes in der Corona-Krise.
Eine Sprecherin der EU-Kommission bestätigte den Rücktritt Bretons und dankte ihm für seine Arbeit. Zu den Vorwürfen gegen von der Leyen äußerte sie sich jedoch nicht. Breton hatte schon während seiner Amtszeit wiederholt öffentlich Kritik an der Kommissionspräsidentin geübt, was das Verhältnis zwischen Frankreich und der EU-Kommission belastete.
Der Rücktritt von Breton stößt in Berlin und anderen europäischen Hauptstädten auf wenig Bedauern. Kritiker warfen ihm vor, zu sehr die wirtschaftspolitischen Interessen Frankreichs zu vertreten. Zuletzt war Breton in die Kritik geraten, als er selbstständig den US-Tech-Milliardär Elon Musk herausforderte.
Die Neubesetzung der EU-Kommission ist der finale Schritt nach der Europawahl im Juni. Von der Leyen achtet dabei besonders auf Geschlechterparität und bat die Staats- und Regierungschefs schriftlich, jeweils sowohl einen Mann als auch eine Frau für die Kommission zu nominieren. Dennoch haben die meisten Mitgliedsstaaten nur einen Kandidaten benannt, überwiegend männliche.
Diese Entwicklungen kommen zu einem Zeitpunkt, an dem von der Leyen selbst für eine zweite Amtszeit als Präsidentin nominiert und bestätigt wurde. Nachdem nun die nationalen Nominierungen abgeschlossen sind, ist es an von der Leyen, die neuen Kommissarinnen und Kommissare ihren Ressorts zuzuordnen.