Rhein-Neckar-Zeitung: Mutige Frauen in der Politik
Die Elemente des politischen Rückzugs verstehen Frauen offenbar besser als ihre männlichen Kollegen. Ein markantes Beispiel ist die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel, die 2021 nach Abschluss ihrer vierten Amtszeit selbstbestimmt aus dem Amt schied. Nun folgt ihr Malu Dreyer, die nach elf Jahren als Ministerpräsidentin zurücktritt. Dieser Abschied deutet nicht nur auf die Erschöpfung durch ihr Amt hin, sondern auch auf den Einfluss ihrer Multiple-Sklerose-Erkrankung. Eine Parallele lässt sich zur neuseeländischen Premierministerin Jacinda Ardern ziehen, die ebenfalls zugab, eine Pause zu benötigen.
Auch die ehemalige SPD-Chefin Andrea Nahles bekannte offen, dass sie genug von Machtkämpfen und politischen Intrigen habe. Solche Geständnisse zeugen von einer beachtlichen Offenheit und Stärke der Politikerinnen, die sich eine wohlverdiente Auszeit nehmen.
Im Gegensatz dazu halten ihre männlichen Amtskollegen oft bis zum letzten Moment an ihren Positionen fest. Ein bekanntes Beispiel ist Helmut Kohl, der erst nach 16 Jahren durch die Wähler aus dem Amt verabschiedet wurde. Dies führte dazu, dass Wolfgang Schäuble, sein langjähriger "Kronprinz", nie den Aufstieg ins Kanzleramt schaffte.
Aktuell zeigt auch Winfried Kretschmann, Ministerpräsident von Baden-Württemberg, keine Anzeichen, vorzeitig das Feld zu räumen. Er scheint fest entschlossen, seine Amtszeit bis zum Schluss in der Villa Reitzenstein zu verbringen, was im Gegensatz zu den mutigen Rücktritten der genannten Frauen steht. (eulerpool-AFX)