
Review – The Chant – Stell dich deinen Ängsten & enthüllen die dunkle Vergangenheit von Glory Island

Bereits am 03. November 22 wurde The Chant veröffentlicht und ich muss ganz ehrlich gestehen, dass ich mit diesem Test viel zu lange gewartet habe in Anbetracht, was mich erwartet hat. Generell bin ich ein Fan von klassischen Survival Horror Spielen im Stile der alten Resident Evil, Silent Hill oder Tormented Souls (um mal ein etwas neueres Spiel aus den Genres zu erwähnen). Dann flog ein Game ein wenig unter dem Radar herein, welches meiner Meinung nach ganz gut mit in die Reihe von genannten Titeln passt, vor allem aufgrund der Story, die mal nicht auf Zombies und dergleichen basiert.
Verantwortlich für die Entwicklung ist Brass Token und herausgegeben wurde The Chant von Prime Matter.
Achtung Spoilerwarnungen! Es wird ein paar Infos geben, ich versuche mich aber zurückzuhalten, was die Story angeht.
Jess ist eine ganz gewöhnliche junge Frau, die versucht ihren Alltag zu bestreiten, allerdings haben Erlebnisse aus ihrer Vergangenheit so manche Spuren hinterlassen. Spuren, die nicht physisch, sondern psychischer Natur sind und tiefe seelische Wunden hinterlassen. Durch eine Freundin kommt sie auf eine Insel um, wie sie es formuliert, die Vergangenheit durch eine spirituelle Reise zu verarbeiten und die Ereignisse hinter sich zu lassen. Auch wenn Jess sehr skeptisch an diesen Trip herangeht, wagt sie den Schritt nach Glory Island.
Glory Island ist der Sitz einer Kommune, die allem Luxus abgeschworen hat, um zu sich selbst zu finden… Wer jetzt den Gedanken an eine Sekte hat, ist mit dem Gedanken nicht alleine und Jess äußert gegenüber ihrer Freundin die gleichen Bedenken zu der Truppe, auf die sie später treffen wird. Bis auf den Guru selbst wirken die anderen Teilnehmer bei ersten Gesprächen wie ganz normale Leute, mit Problemen aus deren Vergangenheit, die hier eine neue Erfahrung und neues Leben gefunden haben.
Auf jeden Fall versucht Jess sich in die Gruppe einzufügen und nimmt am ersten Abend direkt an einem Ritual teil, bei dem nichts so abläuft wie geplant und etwas läuft aus dem Ruder läuft, indem ihre Freundin ausrastet,Jess Vorwürfe macht und wutentbrannt das Ritual verlässt. Der Guru versucht noch die Wogen zu glätten, damit das Ritual nicht unterbrochen wird, stößt aber auf taube Ohren und das Chaos nimmt seinen Lauf als die Teilnehmer wie auch die Insel in einen Nebel taucht und Jess’s Horrortrip beginnen lässt.
Seltsame Kreaturen erscheinen und der Nebel, der am Verstand und Geist der Menschen zerrt, offenbart eine dunkle Vergangenheit mit vergangenen Aktivitäten eines dunklen Kultes auf der Insel.
Der Albtraum beginnt!
Auf Jess wartet eine Reise, die sie mit allerlei Dingen konfrontiert, ihren Albträumen, seltsamen Lebewesen und Gegner der dunklen Vergangenheit der Insel. Um sich zur Wehr zu setzen, greifen wir auf für ein Survival Horror Game untypische Waffen zurück. Wo wir sonst Messer, Pistole und Schrotflinten finden, nehmen wir spirituell aufgeladene Artefakte wie zum Beispiel Fackeln und Salz, um die Gegner zurückzuschlagen. Da mit Salbeitüchern gewickelte Fackeln jetzt nicht einfach überall in der Gegend herumliegen, sammeln wir uns die Ressourcen, die überall zu finden sind und bauen uns die Artefakte selbst zusammen. Aber Vorsicht, die typische Ressourcenknappheit schlägt auch bei The Chant voll zu, damit die Spannung auf einem hohen Level gehalten wird.
Auf unserem Weg über die Insel finden wir viele weitere Objekte und Schriftstücke mit Informationen, die uns Aufschluss über den damaligen Kult, Charakteren und Gegner geben. Hiermit bekommen wir nicht nur rein geschichtliche Informationen, sondern durchaus hilfreiche Tipps über Gegner und ganz wichtig, Möglichkeiten neue Upgrades freizuschalten.
Auch warten so einige Rätsel auf uns, die uns in typischer Manier Schlüssel für Türen suchen oder Barrieren öffnen lassen. Es wird zwar nicht so aufwendig und knifflig wie zum Beispiel die Rätsel im alten Herrenhaus von Resi 1, aber dennoch müssen unter anderem Schlüsselteile kombiniert werden und durch den Nebel versperrte Passagen mit entsprechenden Objekten geöffnet werden, das endet zwar meist mit dem einfachen ablaufen von Wegen
Als Charakter wird Jess überzeugend dargestellt und wird nicht als Übermensch, Held oder Kampfmaschine aufgepumpt. Sie hat ihre Schwächen und wirkt durch ihre teils unbeholfenen Bewegungen sehr “normal” und nicht wie manch anderen Spielhelden, die durch einen Stock im Inventar zum Meister Schwertkämpfer oder mit einer Pistole zum Möchtegern Rambo mutieren.
Was mir vor allem gut gefallen hat, ist das Spiel mit der labilen Psyche von Jess und dass diese nicht nur einfach als Charaktereigenschaft dahin gestellt wird, sondern als Element ins Gameplay eingebaut wurde. So endet wir beispielsweise in einer Panikattacke, wenn Gegner und Nebel ihr zu sehr zusetzen, was uns nahezu handlungsunfähig werden lässt und wir nur noch die Beine in die Hand nehmen können, um zu flüchten, bis sich das Gemüt abkühlt. Dass man durch spirituelle Energie und Mediation die Panik kontrollieren und reduzieren kann, passt dabei sehr gut ins Setting und rundet das Gesamtbild der Figur im Zusammenspiel mit der Story.
Grafisch ist The Chant bei weitem nicht auf dem Stand der aktuellen Möglichkeiten. Die Charaktere zeigen zwar in den Zwischensequenzen ganz ansehnliche Gesichtszüge und Mimik, aber im normalen Gameplay ist der Detaillierungsgrad nicht ganz so hoch. Dazu kommt, dass die Bewegungen sehr abgehackt und hölzern wirken. Soll heißen, dass beispielsweise der Übergang zwischen gehen und laufen sehr digital wirkt, sodass ein Wechsel der Gangart in dem Sinne keine Beschleunigung animiert ist, sondern quasi “digitale” umschaltet wird. Jetzt mögen viele zwar aufschreien und sagen, dass es bei vielen anderen Spielen auch nicht anders läuft, aber bei einem Titel in der aktuellen Zeit sind solche “Kleinigkeiten” mittlerweile flüssiger möglich… vor allem für einen Nextgen Titel.
Der Versuch, die Landschaft der Insel lebendig wirken zu lassen, ist teilweise gut umgesetzt, jedoch sind bei einigen Passagen klar die Trennung zwischen dem bespielten Bereich und dem Hintergrund zu sehen und wirkt mehr oder weniger hart abgesetzt, wodurch die dahinter liegenden Ebenen etwas steril wirken. Im Gegenzug haben mir die Bereiche in geschlossenen Räumen, engen Gängen und Höhlen sehr gut gefallen und stark an die bereits genannten Klassiker erinnert. Mit ein wenig mehr Spiel zwischen Licht und Schatten, hätte die Atmosphäre noch einen kleinen Schub bekommen können, worüber man aber auch hinwegsehen kann, da hier generell die Ansprüche etwas heruntergesetzt werden sollten.
Für den ein oder anderen Blickfang sorgen dennoch ein paar sehr schön in Szene gesetzte Bereiche der Insel, die man gerne ein wenig länger betrachten darf, um sich vom Horror hinter der Fassade abzulenken.
Der Sound spielt bei einem Horror-Adventure eine sehr große Rolle. Was wäre so ein Titel ohne knarrende Korridore, plötzlich laut zerberstende Scheiben und ruhige Klavierklänge mit darauf folgendem Getöse… richtig, ein Spiel ohne zündende Grundlage für ordentliche JumpScares. The Chant nimmt hier die ruhige Umgebung der eigentlich friedlichen Insel mit melodischen Klängen der esoterischen Kommune auf und setzt dieses gekonnt, als Mittel zum Zweck ein um im richtigen Moment den Puls hoch zu treiben.
The Chant ist seit dem 03. November 2022 für Playstation 5, Xbox Series und PC verfügbar.