Retter in stürmischen Zeiten: Bund und Niedersachsen sichern Meyer Werft
Mit geschäftigem Treiben in der riesigen Werfthalle geht die Meyer Werft in Papenburg ihrer Arbeit nach. Das nächste Kreuzfahrtschiff soll bereits im kommenden Jahr vom Stapel laufen. Trotz gut gefüllter Auftragsbücher geriet das Traditionsunternehmen in eine finanzielle Schieflage und konnte nur durch staatliche Intervention seitens des Bundes und des Landes Niedersachsen gerettet werden.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, der die Werft mit einem Schutzhelm besuchte, betonte auf einer Betriebsversammlung die nationale Bedeutung der Rettungsaktion. Er hob hervor, dass Deutschland und Europa im Bereich des Kreuzfahrtschiffbaus weiterhin weltweit führend sind. Dabei ließ Habeck seinen Humor aufblitzen und erwähnte, dass er und Olaf Lies, Wirtschaftsminister von Niedersachsen, nun quasi Miteigentümer der Werft seien. Lies zeigte sich indes optimistisch und sprach von einer spürbaren Aufbruchstimmung.
Dennoch trübt ein düsteres Konjunkturbild die allgemeine wirtschaftliche Lage. Verbandsvertreter beschreiben die Stimmung als schlecht; Investitionszurückhaltung prägt das Bild. Vier Hauptursachen werden genannt: Konjunkturflaute, hohe Energiepreise, überbordende Bürokratie und der Arbeitskräftemangel.
Habeck betonte nach Gesprächen mit mittelständischen Unternehmen in Rheine, dass seine zweitägige "Nordwest-Tour" bewusst zu den Brennpunkten der Wirtschaft führe. Er wolle vor Ort sein, um die Probleme direkt zu erleben und Lösungsansätze zu diskutieren.
Eine besonders drängende Herausforderung sind die hohen Strompreise, wie Habecks Besuch bei Georgsmarienhütte Holding zeigte. Der Chef des Stahlherstellers, Alexander Becker, machte deutlich, dass die Streichung staatlicher Zuschüsse zu Netzentgelten das Unternehmen stark belaste. Ein Drittel geplanter Investitionen konnte nicht realisiert werden. Becker fordert dringend Unterstützung bei den Netzentgelten, um die Wettbewerbsfähigkeit aufrechtzuerhalten.
Georgsmarienhütte verfolgt ehrgeizige Ziele zur Reduktion von CO2-Emissionen und setzt auf Elektrostahlwerke, die durch teure Umstellungen auf Wasserstoff und Grünstrom klimafreundlicher werden sollen. Die deutsche Stahlindustrie steht insgesamt jedoch vor großen Herausforderungen: Schwache Konjunktur, Billigimporte und hohe Energiepreise belasten die Branche. Eine Studie im Auftrag des Bundesverbands der Deutschen Industrie verdeutlicht das Risiko einer De-Industrialisierung, das bereits Realität wird.
Habeck wirbt für Entlastungsmaßnahmen und staatliche Zuschüsse in Milliardenhöhe, um die Industrie bei den Strompreisen zu entlasten. Der eingeflossene Bundeszuschuss zur Finanzierung von Netzkosten musste durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts jedoch gestrichen werden. Zuschüsse zu den Netzkosten seien laut Habeck dennoch eine sinnvolle Maßnahme.
Auch die Autoindustrie, ein bedeutender Kunde der Stahlhersteller, sieht sich in der Krise. Streichungen staatlicher Förderungen für Elektroautos führten zu einem Rückgang der Neuzulassungen. Insbesondere Volkswagen steht derzeit unter Druck und diskutiert über mögliche Werkschließungen und Kündigungen, was auf heftige Gegenwehr von Betriebsrat und IG Metall trifft. Ein direkter Austausch mit den Beschäftigten von VW Emden ist für Freitag angesetzt.