Report: Ratlos an der Zapfsäule

Berlin (dpa) - Christian Zöllner zögert kurz, dann greift er zur grünen Zapfpistole mit Super E10. «Ich tanke es, aber sehr ungern», sagt der 49-Jährige, der am Freitagmorgen an einer Shell-Tankstelle in Berlin-Kreuzberg 31,86 Liter Biosprit tankt.

«Immer wenn am Auto etwas muckt, denke ich: Mist, das ist das E10», sagt er. Die Politik habe das schlecht vorbereitet. Das Bundesumweltministerium wiederum schiebt den Schwarzen Peter der Branche zu, sie habe die Plakate und Informationsbroschüren nicht ausreichend an Tankstellen verteilt.

Tankwart Ali Kilic sagt, es müsse sich rasch etwas ändern, denn die neue Hauptsorte Super werde zu wenig getankt. Letztlich ist die Einführung von E10 ein Paradebeispiel wie Marktwirtschaft funktioniert: Die Regierung hat eine EU-Richtlinie umgesetzt und die Tankstellen zum Verkauf des Biosprits verdonnert. Doch die Bürger trauen dem Super Benzin mit zehn Prozent Ethanol nicht, die meisten fühlen sich schlecht informiert und es fehlen rechtsverbindliche Zusagen, wer für Schäden durch E10 haftet.

Die Ablehnung an der Zapfsäule wirbelt die Branche durcheinander, erste Raffinerien müssen gedrosselt werden. BP verzichtet wegen der Ungewissheit vorerst darauf, die Raffinerie Gelsenkirchen auf E10 umzustellen. «Wir müssen die Biosuppe jetzt erstmal irgendwie schnell loswerden», heißt es in der Branche.

Kilic geht ins Büro und holt die Liste mit dem verkauften Sprit der letzten Tage. Immerhin 1800 Liter Super E10 waren es zuletzt pro Tag. «Aber unsere Tanks sind voll, die Erwartungen werden überhaupt nicht erfüllt», sagt Kilic. «Die Leute haben einfach Angst, ob ihr Auto den Sprit verträgt.»

Viele Autofahrer verhalten sich entgegen jeder Logik und tanken einfach viel teureres Super Benzin. Sie argumentieren neben der Sorge um die Motoren auch damit, dass sich mit E10 etwas weniger Strecke zurücklegen lässt. Eine Frau nimmt an der Tankstelle in Kreuzberg erst den grünen Zapfhahn mit E10, hängt ihn dann aber wieder ein und tankt V-Power, Super Benzin mit 98 Oktan und fünf Prozent Ethanol. Es kostet hier am Freitag 1,64 Euro, E10 ist für 1,56 Cent haben.

Von der eigentlich nur für E10-unverträgliche Autos vorgehaltenen Schutzsorte V-Power verkauft Kilic derzeit täglich fast genauso viel wie vom neuen Super E10, nämlich 1600 Liter. Und das obwohl er acht Cent mehr kostet. Früher verkaufte er vom alten Super hingegen 3000 Liter pro Tag, und vom V-Power nur 300 Liter. Der Run auf das teurere Super Benzin führt dazu, dass es hier bereits Engpässe gibt.

Im Verkaufsraum kann er den verunsicherten Autofahrern nur die Broschüre des Umweltministeriums reichen, in der steht, welche Autos den umstrittenen neuen Biosprit mit zehn Prozent Ethanol vertragen. «Wir dürfen keinen Rat geben, wegen dem Risiko, dass der Motor E10 doch nicht verträgt, das dürfen nur die Autohändler.»

Die Mineralölbranche betont, ein paar Cents für einen Anruf beim Händler würden ausreichen, um zu wissen, ob der Biosprit in den Tank darf. Alle 14 Tage tanken die Deutschen im Schnitt, deshalb liegt in dieser Spanne wohl auch die Gnadenfrist für E10 - alle hoffen nun auf die Vernunft der Verbraucher, auch Tankwart Kilic.

Ob der Benzingipfel der Bundesregierung am Dienstag die Lage retten kann? Grünen-Fraktionschefin Renate Künast zweifelt daran: Das solle «Aktivität vortäuschen, um von einer chaotischen und gescheiterten Politik abzulenken». «Statt planvoller Öffentlichkeitsarbeit und intensiver Verbraucheraufklärung haben Regierung und Wirtschaft die Autofahrerinnen und Autofahrer mit ihren Sorgen und Fragen alleine gelassen», kritisiert Künast.

Energie / Benzin
04.03.2011 · 20:47 Uhr
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