Report: «Ich habe einen großen Hass»
Wie es weitergeht, ist noch unklar - doch die Sorge ist groß, dass die ungeliebten Amerikaner härter durchgreifen werden als es der nun ausgeschiedene Kaufinteressent Magna vorhatte.
Magna wollte in Europa rund 10 500 Arbeitsplätze abbauen, davon etwa 4500 der rund 25 500 Stellen in Deutschland. Nun geht hierzulande die Angst um, auch ganze Werke könnten geschlossen werden, wenn GM Opel auf eigene Faust saniert. Die Stimmung an den Werkstoren ist an diesem Mittwochmorgen mies. «Schauspielerei», «Scheiß GM», lauten Parolen in Bochum. «Das ist doch alles Hinhaltetaktik», ruft ein Lackierer. «Erst verkaufen, dann nicht verkaufen. GM wollte doch nur die Subventionen einstreichen.» Aus der mutmaßlichen GM-Taktik folgert er: «Das sieht nach Schließung aus».
Ob Bochum zugemacht wird oder ein neues Sanierungsprogramm von GM kommt - eines steht für die stets kampfbereiten Beschäftigten an diesem Tag fest: Sie wollen der ungeliebten Mutter nicht einen Cent geben. «Ich habe einen großen Hass», sagt ein Opelaner von der Frühschicht, der die Nachtkollegen informiert hatte. «Solidarität ist das jedenfalls nicht, was die gemacht haben.»
Am Stammsitz Rüsselsheim steht die ganze Stadt unter Schock, viele Opel-Arbeiter sind sprachlos. Zu tief sitzt bei ihnen der Schreck über die überraschende Entscheidung des GM-Verwaltungsrats. «Die Stimmung ist schlecht», sagt einer bei trübem Wetter vor dem Stammwerk Rüsselsheim und geht weiter. Rüsselsheim mit seinen 15 600 Opel-Mitarbeitern ist das Herz des Autobauers. Im September schien der Verkauf an den kanadisch-österreichischen Zulieferer Magna schon in trockenen Tüchern. Die Erleichterung war groß, doch die Freude über das vermeintliche Ende der Ungewissheit währte nur kurz.
Auch in den Einkaufsstraßen ist kaum Hoffnung zu spüren. «Das ist eine Katastrophe», meint Thomas Bach, Sprecher der Gewerbevereins "Treffpunkt Innenstadt" und Chef eines Schuhgeschäftes. «Wir stehen alle noch unter dem Schock dieser Nachricht», sagt der 47-Jährige. «Es ist wie vor einem Jahr. Es hat sich nichts getan, Opel ist nicht vorangekommen.» Gelassener sieht es lediglich der Chef der Rüsselsheimer Arbeitsagentur, Heinrich Blumenstein. «Die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt sind noch gar nicht seriös abzuschätzen.»
In Kaiserslautern kündigt Betriebsratschef Alfred Klingel harten Widerstand an. «Wir akzeptieren diese Entscheidung nicht.» Was der GM-Sinneswandel für den Standort in der Pfalz mit seinen 3500 Mitarbeitern bedeutet, bleibt zunächst unklar. Gerüchte, Kaiserslautern könnte geschlossen werden, hält Klingel für nicht stichhaltig. In früheren GM-Plänen habe Kaiserslautern nicht zur Disposition gestanden.
«Jetzt geht das ganze Theater von vorne los», sagt ein Opelaner, der mit ernster Miene von der Arbeit kommt. Die Verunsicherung sei groß, wie es nun weitergehe. «Man fühlt sich schon ein bisschen als Spielball.» Ein Kollege meint nur knapp: «Mich wundert bald gar nichts mehr.»