Razzia mit GSG 9 gegen Rockerbanden
Berlin/Hennigsdorf (dpa) - Mit einer groß angelegten Razzia in Berlin und Brandenburg ist der Polizei erneut ein Schlag gegen die kriminelle Rockerszene gelungen.
Rund 1100 Beamte, darunter die Spezialeinheit GSG 9, durchsuchten am Donnerstag in beiden Ländern 79 Wohnungen, Arbeitsstätten und Vereinsheime der Bandidos. 13 Verdächtige wurden festgenommen. Gegen sieben lagen bereits Haftbefehle wegen bandenmäßigen Rauschgifthandels in großem Stil vor. Als «Zufallstreffer» ging der Polizei auch ein Däne ins Netz, der ebenfalls mit Haftbefehl gesucht wurde.
Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) sagte der Nachrichtenagentur dpa, die Rockerszene werde weiter unter Druck gesetzt. «Niemand soll glauben, dass er sich ungestraft über das Gesetz stellen kann.» Der CDU-Politiker kündigte an: «Das wird nicht der letzte Schlag gewesen sein.» In Potsdam sprach sich Innenminister Dietmar Woidke (SPD) für eine Null-Toleranz-Strategie gegen die Szene aus. «Das Signal ist klar: Wir dulden in Brandenburg keine organisierte Kriminalität.»
Bei dem massiven Polizeieinsatz wurden Drogen, Bargeld, scharfe Schusswaffen, Messer, zwei gestohlene Motorräder, vier Autos und Baseballschläger beschlagnahmt. Die Ermittler entdeckten auch ein Chemielabor, in dem vermutlich Drogen hergestellt wurden. Schwerpunkt der Razzia war das Clubhaus der Bandidos del Este in Hennigsdorf nördlich von Berlin. Seit rund einer Woche gehen die Behörden massiv gegen Rockerclubs in Berlin und Brandenburg vor.
«Hauptaktivitätsfelder» von kriminellen Rockergruppen sind Erpressung, Gewalttaten, Drogenhandel, Waffenhandel und Straftaten im Rotlichtmilieu, wie aus einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion hervorgeht. Seit 1983 wurden demnach insgesamt 13 Rockerclubs in Deutschland verboten. Eine enge Verbindung von Rechtsextremisten und Rockern sieht die Bundesregierung nicht.
In der vergangenen Woche war die einflussreichste Gruppe der mit den Bandidos verfeindeten Hells Angels in Berlin verboten worden. Die Behörden gehen in der Hauptstadt von rund 500 Bandidos aus, in Brandenburg von etwa 400. Mehrere Mitglieder der Bandidos waren zuvor zu Hells Angels in Berlin und Potsdam übergelaufen. Für Aufsehen hatte gesorgt, dass eine geplante Razzia gegen die Hells Angels in Berlin zuvor verraten worden war.
Ein Sprecher der Polizei sagte der dpa, die Durchsuchungen seien lange geplant gewesen und gehörten zu einem Ermittlungsverfahren aus dem Jahr 2011. Dass die Einsatzkräfte bei den Bandidos nur wenige Tage nach der Razzia bei den Hells Angels anrückten, sei «weitgehend zufällig».
In Ermittlerkreisen hieß es, um ein Verbot der Bandidos sei es nicht gegangen. Dafür gebe es hohe Hürden. So müsse nachgewiesen werden, dass ein Verein dazu dient, Straftaten zu ermöglichen.
Die Aktion, die mit einem Überraschungsschlag um 5.00 Uhr begann, dauerte rund acht Stunden. In Hennigsdorf setzte die Polizei auch Spürhunde ein. Ein Helikopter kreiste über dem Clubgelände. Bei der Erstürmung erschoss die Polizei einen Hund.
Präsident des dortigen Rockerclubs ist ein ehemaliger Berliner Polizist. Er ist wegen eines Raubüberfalls im Jahr 1997 vorbestraft. Er wurde mit gefesselten Händen abgeführt, kam aber nach Feststellung der Personalien wieder auf freien Fuß.
In Hennigsdorf gab es immer wieder Zwischenfälle, die im Zusammenhang mit den Rockern und ihren verfeindeten Clubs stehen. Im Juli 2008 wurde auf ein Bandido-Mitglied geschossen.
Die Sicherheitsbehörden in Deutschland gehen seit einigen Jahren verstärkt gegen Hells Angels, Bandidos und andere Rockerclubs vor, 2010 gab es demnach 35 Ermittlungsverfahren wegen Bandenkriminalität, siebenmal so viele wie sechs Jahre zuvor. Die meisten Verfahren richteten sich gegen Mitglieder der Hells Angels.